Yacht-Kaskoversicherung: das Prinzip der Allgefahrendeckung

Ein Beitrag von

Rainer Kugler

Rainer Kugler ist seit 15 Jahren bei Wehring & Wolfes, Makler für Yachtversicherungen, beschäftigt und inzwischen Geschäftsführer im Unternehmen. Mit dem Beruf hat er auch die Liebe zum Wassersport entdeckt und über die Jahre zahlreiche Törns auf der Ostsee unternommen.

Die Versicherung der Yacht

Wer eine Yacht besitzt, denkt für gewöhnlich auch darüber nach, wie das Schiff versichert werden muss. Am häufigsten werden die Haftpflichtversicherung und die Kaskoversicherung abgeschlossen. Während die Haftpflichtversicherung die Haftung gegenüber Dritten regelt, können Schäden am eigenen Schiff durch eine Yacht-Kaskoversicherung abgesichert werden.

Nicht selten stellen sich Skipper und Skipperin bei der Auswahl einer Yacht-Kaskoversicherung für das eigene Boot die Frage „Haben wir an alles gedacht?“. Eine Frage, die eigentlich ganz einfach klingt, sich allerdings schnell als größere Herausforderung entpuppt, denn an „alles“ zu denken, was einem mit dem Schiff im Wasser und an Land so widerfahren kann, stellt sich manchmal als schwieriger heraus als gedacht.

Schäden an einem Schiff können durch eine Yacht-Kaskoversicherung abgesichert werden. ©Sönke Roever

Welche Risiken sind in der Versicherung enthalten?

Die Aufzählung versicherter Risiken ist aus den meisten Versicherungsverträgen bekannt. Beispielsweise in der Hausratversicherung: Dort sind unter anderem Schäden durch Feuer, Sturm und Hagel, Blitzschlag, Einbruchdiebstahl oder Leitungswasser versichert. Wer kennt nicht diese Gefahren des Alltags? Solche Verträge beinhalten also meistens eine Liste von versicherten Gefahren oder Ereignissen. Findet man im Schadenfall das eingetretene Ereignis auf dieser Liste wieder, so ist der Fall versichert.

Kabelbrand: Ein Feuer im Sinne der Versicherungsbedingungen? ©Christa Tacke

Aber hier liegen auch schon die ersten Untiefen voraus: Gilt Wind bei 7 Beaufort als Sturm? Es hat gebrannt, aber war das wirklich ein Feuer im Sinne der Versicherungsbedingungen oder nur ein Schmoren und Sengen an einem der Kabel in der Yacht? Der Blitz ist nicht unmittelbar in mein Boot eingeschlagen, trotzdem sind Schäden an elektronischen Geräten eingetreten – was nun? Mit anderen Worten: Es besteht neben der Frage, ob man an alles gedacht hat, auch die Frage, ob man alles verstanden hat, was unter den aufgezählten Risiken einer Versicherung gemeint ist.

Die Allgefahrenversicherung

Eine Alternative zu Versicherungen mit (endlicher) Aufzählung „genannter Gefahren“ stellt die Allgefahrenversicherung dar. Leider sind hier niemals wirklich alle Gefahren in einem Vertrag versichert. Aber folgendes Prinzip kommt zur Anwendung:

Im ersten Schritt wird vereinbart, dass die versicherten Sachen, etwa eine Yacht samt Ausrüstung und Inventar, gegen alle Gefahren versichert sind. Im zweiten Schritt werden Ausschlüsse formuliert, die den Versicherungsumfang wieder auf ein realistisches Maß eingrenzen.

Ist ein Überspannungsschaden versichert? ©Montage: Dagmar Garlin/BLAUWASSER.DE

Versichert gilt also dann alles, es sei denn, es wurde namentlich ausgeschlossen. Der Vorteil hierbei ist erstens, dass man klar erkennt, was nicht versichert ist. Fragt man sich, ob eine bestimmte Gefahr versichert ist, muss man lediglich schauen, ob ein entsprechender Ausschluss besteht. Ist das nicht der Fall, besteht Versicherungsschutz. Zweitens ist jedes Ereignis, welches nicht explizit im Rahmen der Allgefahrendeckung ausgeschlossen wurde, versichert – und das kann so manches sein. Das Prinzip der Allgefahrenversicherung bietet also sehr weitläufigen Versicherungsschutz auch für Dinge, die uns vielleicht überhaupt nicht in den Sinn kommen, wenn wir überlegen, wogegen wir versichert sein wollen. Wer denkt beim Boot schon an Schäden durch Nagetiere?

Die Umkehr der Beweislast

Die Allgefahrenversicherung hat neben einem sehr weit gefächerten Schutz auch einen juristisch wesentlichen Vorteil: Sie führt zu einer sogenannten Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass nicht der Versicherungsnehmer im Schadenfall beweisen muss, dass der eingetretene Fall zur Liste der versicherten Ereignisse gehört, sondern der Versicherer muss beweisen, dass er nicht zur Leistung verpflichtet ist. Dies kann hohe Kosten verursachen oder gar unmöglich sein.

Albtraum eines jeden Yachteigners: der Rigg-Verlust. ©Ralf Uka

Dazu ein vereinfachtes Beispiel: Der erst wenige Wochen alte Mast einer Segelyacht bricht bei mäßigen Winden plötzlich und unerwartet. Die glücklicherweise unverletzte Crew kappt in der Notsituation die Wanten, um eine Beschädigung des Rumpfes durch den Mast zu vermeiden, und dieser versinkt samt Segeln im 200 Meter tiefen Meer. Der Kasko-Versicherer lehnt die Entschädigung für den Mast ab – Begründung: Es muss sich um einen Materialfehler handeln, der beim Hersteller zu reklamieren sei. Der Hersteller wiegelt ab, verweist auf seine Qualitätskontrollen und schiebt weiter zum Spediteur, möglicherweise liege ein unbemerkter Transportschaden vor. Der Eigner müsste nun dem Hersteller den Materialfehler nachweisen oder dem Versicherer beweisen, dass es kein Materialfehler war, oder dem Spediteur einen Transportschaden nachweisen – keine schöne Situation, zumal der Mast der Yacht nicht mehr vorhanden ist und aus 200 Metern Tiefe kaum gehoben werden kann.

Im Falle einer Allgefahrenversicherung liegt der Fall anders: Ist der Mastbruch nicht ausgeschlossen, ist der Schaden hiernach grundsätzlich versichert. Schäden aufgrund von Materialfehlern sind am unmittelbar betroffenen Teil ausgeschlossen. Das bedeutet: Ist ein Wantenspanner aufgrund eines Materialfehlers gebrochen, wird das gebrochene Rigg der Yacht ersetzt, nicht aber der Wantenspanner.

Ein Haarriss wie an diesem Oberwant-Terminal kann schwerwiegende Folgen haben. ©Sönke Roever

Den Nachweis, dass es sich um einen Materialfehler am Wantenspanner handelt, muss der Versicherer erbringen. Kann er das nicht, wie im vorliegenden Fall, so muss er leisten und den Mast ersetzen. Auch einen vermuteten Transportschaden müsste der Versicherer beweisen. Da der Mast nicht untersucht werden kann, ist dies schlicht unmöglich. Die Folge ist die gleiche wie oben. Anhand dieses Beispiels wird deutlich: Die Umkehrung der Beweislast stellt einen erheblichen Vorteil für den Versicherungsnehmer dar, da es Fälle gibt, in denen es kostspielig oder teilweise unmöglich ist, seinen Anspruch zu beweisen.

Fazit

Die Formulierung der Ausschlüsse einer Yacht-Kaskoversicherung variiert von Anbieter zu Anbieter. Bei der Beurteilung des gebotenen Versicherungsumfanges sollte immer das gesamte Bedingungswerk berücksichtigt werden und darauf geachtet werden, dass die Allgefahrendeckung enthalten ist. Damit ist jeder Eigner besser beraten, insbesondere auch wegen der genannten Umkehr der Beweislast.

Generell hilft die Beratung durch einen Versicherungsmakler, der verpflichtet ist, die Interessen des Kunden zu vertreten, bei der Auswahl der richtigen Police. Es gibt genug Makler, die sich auf die Bedürfnisse von Yachteignern spezialisiert haben und einen verlässlichen Schutz anbieten. Die Allgefahrenversicherung sollte dabei immer gesetzt sein.

Weiterführende Beratung

Eine weiterführende Beratung zu dieser recht komplexen Thematik kannst du hier bekommen:

Wehring & Wolfes

Wehring & Wolfes ist seit 1916 Makler für Yachtversicherungen und bietet individuelle Versicherungslösungen. Von Hamburg aus betreut Wehring & Wolfes rund 20.000 Yachteigner und Wassersportler.
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