Ein Beitrag von
Joachim Matz ist Inhaber der Firma Aquatec-Watermaker und beschäftigt sich seit 1990 mit dem Bau, der Installation und der Wartung von Seewasserentsalzungsanlagen auf Yachten und Berufsschiffen. Joachim ist begeisterter Blauwassersegler und hat bei seinen Törns über den Globus mehr als 70.000 Seemeilen im Kielwasser gelassen.
Wassermacher auf Blauwasseryachten
Auf Blauwasseryachten sind Wassermacher ein beliebter Ausrüstungsgegenstand. An nahezu jedem Ort der Erde sein eigenes Trinkwasser produzieren zu können, bedeutet für viele Weltumsegler Freiheit und Unabhängigkeit. Allerdings ist der Wassermacher auf den ersten Blick ein komplexer Ausrüstungsgegenstand. Wer genauer hinschaut, wird jedoch schnell feststellen, dass das System gar nicht so kompliziert ist. Welche Komponenten ein Wassermacher hat und wie sie miteinander funktionieren, wurde bereits im ersten Beitrag der dreiteiligen Serie erläutert, die der Reihe nach auf BLAUWASSER.DE erscheint.
Im zweiten Teil geht es nun um die Dimensionierung, den Stromverbrauch der Anlage und eine mögliche Energierückgewinnung. Die Informationen aus dem ersten Teil werden dabei als bekannt vorausgesetzt.
Übersicht zur Serie auf BLAUWASSER.DE
Teil 1: Komponenten, Funktion, Installation und Tipps
Teil 2: Dimensionierung, Stromverbrauch und Energierückgewinnung
Teil 3: Service, Wartung und Konservierung
Installation eines Wassermachers auf einer Fahrtenyacht
Dimensionierung des Wassermachers
Die Dimensionierung der Seewasserentsalzungsanlage ist ein komplexes Thema und sie hängt sehr von den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Crewmitglieder ab. Man kann aber sagen, dass 30 Liter pro Person und Tag ein guter Erfahrungswert sind. Das erlaubt normalerweise die volle Flexibilität: Trinken, Duschen, Abwaschen etc. Im Umkehrschluss brauche ich dann bei einer Zweipersonen-Crew eine Anlage, die nicht bloß fünf Liter in der Stunde produziert. 60 Liter in der Stunde wären besser – andernfalls läuft der Wassermacher den halben Tag.
Auf jeden Fall sollte die Anlage so beschaffen sein, dass der tägliche Verbrauch in möglichst kurzer Zeit wieder aufgefüllt werden kann. Ist für die Energieversorgung täglich eine einstündige Motor- oder Generatorlaufzeit geplant, sollte der Wassermacher in dieser Zeit laufen und den Tagesbedarf erzeugen.
Auf einer Yacht duschen zu können, ist Lebensqualität.
In der Praxis hat es sich bewährt, mit vollen Tanks in See zu stechen und den Wassermacher täglich so lange laufen zu lassen, bis der Tank wieder voll ist. Im Ernstfall (Ausfall der Seewasserentsalzungsanlage, genereller Stromausfall an Bord, defekte Maschine/Generator etc.) sind die Tanks dann gefüllt. Das erlaubt, auch mal das Cockpit mit Süßwasser abzuspritzen, was zur Folge hat, dass weniger Salz in das Schiff befördert wird. Und das wiederum beugt Spaak und Schimmel vor.
Energiebedarf und Spannung der Anlage
Je größer der Wassermacher dimensioniert wird, desto mehr Energie benötigt er. Das klingt logisch. Es gilt aber auch noch eine andere Sache zu bedenken: Sollen Förderpumpe und Hochdruckpumpe des Wassermachers mit einer Spannung von 12 oder 230 Volt arbeiten?
Natürlich liegt es auf der Hand, auf einer Segelyacht eine 12-Volt-Anlage zu nutzen – allerdings ist das gar nicht zwingend sinnvoll. Die 230-Volt-Wechselstromanlagen sind im Vergleich zu den 12-Volt-Gleichstromanlagen technisch deutlich besser, stärker belastbar und vor allem weniger wartungsintensiv – beispielsweise haben sie keine verschleißenden Kohlebürsten in den Motoren. Allerdings benötigen die 230-Volt-Anlagen bedingt durch eine (durchaus sinnvolle) höhere Pumpenleistung auch deutlich mehr Energie.
230-Volt-Hochdruckpumpe
Dazu ein Vergleich: Wenn bei einem Salzgehalt von 3,5 % und einer Temperatur des Wassers von 20 Grad rund 60 Liter Wasser pro Stunde produziert werden sollen, liegt die Stromaufnahme des 12-Volt-Wassermachers je nach Hersteller bei etwa 40 bis 44 Ampere (Feed-Flow ca. 3,5 Liter/Minute). Bei einer 230-Volt-Seewasserentsalzungsanlage hingegen würden – umgerechnet auf 12 Volt – ca. 90 Ampere fließen (Feed-Flow ca. 6,5 Liter/Minute).
Auf den ersten Blick erschreckt das Ergebnis. Die nötige Energie ist doppelt so hoch. Allerdings erzeugt der 230-Volt-Wassermacher auch einen doppelt so hohen Feed-Flow – was bedeutet, dass sich die Lebensdauer der Membran erheblich verlängert. Nicht selten muss bei einer 12-Volt-Hochdruckpumpe die Membran nach 800 Betriebsstunden getauscht werden. Auf Yachten mit einer 230-Volt-Anlage ist je nach Anlage ein Feed-Flow von bis zu 13 Litern realistisch. In dem Fall verlängert sich die Lebensdauer der Membran mit bis zu 4.000 Stunden auf das fünffache!
Hinzu kommt, dass Gleichstromanlagen irgendwann an ihr Limit kommen. Wer in kurzer Zeit große Mengen Wasser mit einem 12-Volt-Wassermacher produzieren möchte, wird schnell feststellen, dass die Motoren unverhältnismäßig teuer werden und das gar keinen Sinn ergibt.
Der Generator gewährleistet die Stromversorgung auf dieser Yacht.
Allerdings benötige ich für den Betrieb der 230-Volt-Anlage einen Generator an Bord, der mir die nötige Energie auch zur Verfügung stellt. Daher ist eine 230-Volt-Anlage die bessere Wahl, wenn ein Generator an Bord installiert ist. In der Regel ist das bei Langfahrtyachten ab 45 Fuß der Fall.
Der Betrieb über einen Inverter ist auch möglich. Allerdings ist hier die hohe Stromaufnahme zu beachten. Sie führt dazu, dass in der Regel eine Ladetechnik aktiv sein muss, um einen zu großen Spannungsabfall der Batterien zu vermeiden.
Die Lebensdauer der Membran ist begrenzt.
Wassermacher mit Energierückgewinnung
In den letzten Jahren sind Wassermacher mit Energierückgewinnung auf den Markt gekommen, die angeblich deutlich weniger Energie benötigen. Das stimmt allerdings nur auf den ersten Blick. Wenn eine 60-Liter-Seewasserentsalzungsanlage der herkömmlichen Art für eine Stunde Wasser produziert hat sie einen Energiebedarf von 44 Amperestunden. Bei einem Wassermacher mit Energierückgewinnung sind es laut Herstellerangabe hingegen nur 25 Amperestunden. Nach Erfahrungen von Nutzern sind es allerdings eher 30 Amperestunden. Das ist eine Ersparnis von einem Drittel.
Wichtig ist bei jedem Wassermacher, dass er nach dem Betrieb gespült wird. Eine herkömmliche 60-Liter-Anlage benötigt dafür etwa 10 Liter, was die Laufzeit um 10 Minuten erhöht. Eine Anlage mit Energierückgewinnung eines führenden Herstellers benötigt laut Anleitung hingegen eher 30 Liter, was die Laufzeit um 30 Minuten erhöht. In den 20 Minuten Differenzzeit werden also weitere 10 Amperestunden verbraucht (30 Ampere/60 Minuten * 20 Minuten). Netto reden wir also bei einer Stunde Produktion plus Spülung von 44 (ohne Energierückgewinnung) oder 40 Amperestunden (mit Energierückgewinnung).
Beim Wassermacher muss der Strombedarf gedeckt werden.
Die Anlage mit Energierückgewinnung ist demnach immer noch 4 Amperestunden sparsamer. Die Frage ist nur: Ist das wirklich relevant? Meiner Meinung nach nicht, da, wenn der Wassermacher eingeschaltet wird, ohnehin immer ein Stromlieferant zusätzlich eingeschaltet wird. Entweder der Generator oder eben die Lichtmaschine am Motor. So gesehen, ist der Verbrauch relativ.
Bedenkt man dann noch, dass die Wassermacher mit Energierückgewinnung aufgrund ihrer Bauart deutlich komplizierter und aufgrund der ganzen Elektronik auch deutlich fehleranfälliger sind, erübrigt sich die Diskussion in meinen Augen.
Fazit
Vor der Anschaffung ist es ratsam, sich die Karten zu legen und zu analysieren, wofür und in welcher Menge Wasser gemacht werden soll. Davon ist letztendlich die Kapazität des Wassermachers abhängig. Und daraus ergibt sich meistens auch, ob eine 12- oder 230-Volt-Anlage besser geeignet ist.
Inwieweit eine Seewasserentsalzungsanlage mit Energierückgewinnung sinnvoll ist, muss jeder Eigner selbst entscheiden. Ich persönlich würde auf die zusätzliche (fehleranfällige) Technik verzichten wollen.
Nicht selten spielt bei der Anschaffung auch das Budget eine Rolle. Dazu ein Hinweis: Selbstverständlich kann man einen Wassermacher auch sehr preiswert zusammenstellen, aber dann wird es wahrscheinlich wenig Freude mit dem Gerät geben. Die Kunst beim Wassermacher liegt darin, die richtigen qualitativ relevanten Komponenten miteinander zu kombinieren. Schließlich soll er zuverlässig funktionieren. Nur dann bringt er eine große Unabhängigkeit mit sich.
Übersicht zur Serie auf BLAUWASSER.DE
Teil 1: Komponenten, Funktion, Installation und Tipps
Teil 2: Dimensionierung, Stromverbrauch und Energierückgewinnung
Teil 3: Service, Wartung und Konservierung