Praxis-Tipp: Vereisten Yacht-Kühlschrank unkompliziert abtauen

Ein Beitrag von

Sönke Roever

Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

Warum vereist der Kühlschrank an Bord?

Wer einen längeren Törn unternimmt, kennt vielleicht die Herausforderung, dass der Bordkühlschrank mit der Zeit vereist. Auf der Ostsee mit kühlen Temperaturen dauert dieser Prozess etwas länger als in den Tropen mit sehr warmen Temperaturen. So richtig gefeit ist aber niemand davor und früher oder später muss der Kühlschrank abgetaut werden, weil die Vereisung zu groß wird.

Schuld am Vereisen sind das Öffnen und Schließen des Kühlschranks, weil mit jedem Vorgang kalte Luft aus dem Kühlschrank entweicht, die durch neue, warme Luft ersetzt wird. Da die warme Luft außerhalb des Kühlschranks mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann als die kalte Luft im Kühlschrankinneren, fällt beim Abkühlen Feuchtigkeit aus der Luft. Sie schlägt sich an der Innenwand des Kühlschranks als Kondenswasser oder, wenn sie auf die Kühlelemente trifft, als Eis nieder.

Gefrierschränke neigen auch zur Vereisung. ©Fotoduets/stock.adobe.com

Neben dem Öffnen und Schließen können auch andere Ursachen schuld am Vereisen sein. Daher sollten Eigner, die eine regelmäßige, schnelle Vereisung feststellen, prüfen, ob einer der folgenden Punkte die Vereisung fördert.

Zum Beispiel gilt es, jedwede Undichtigkeit zu vermeiden. Bereits durch ein kleines Loch in der Kühlschrankdichtung können kontinuierlich neue Luft und Feuchtigkeit in den Kühlschrank gelangen. Gleiches gilt für eine kaputte oder in Teilen fehlende Dichtung. Vereinfacht gesagt, soll möglichst wenig Luftaustausch stattfinden. Wird also ein Toplader-Kühlschrank zu voll gepackt, mit dem Ergebnis, dass die Klappe nicht mehr richtig schließt, wird er zeitnah vereisen.

Kleine Ursache, große Wirkung. Diese Klappe schließt nicht richtig. ©Sönke Roever

Weitere Ursachen für eine schnelle Vereisung sind die zu dichte Platzierung des Kühlschranks neben Wärmequellen, wie beispielsweise Backöfen oder Heizungen, weil dann der Temperaturunterschied zwischen der Luft im Kühlschrank und der Luft außerhalb zu groß wird. Aber auch eine schlechte Belüftung des Kühlschrankkompressors ist ungünstig oder eine zu kalte Einstellung des Thermostats.

Warum sollte der Yacht-Kühlschrank enteist werden?

Nun könnte man auf die Idee kommen, einfach mit der Vereisung zu leben, aber das ist keine schlaue Idee, weil das Eis eine isolierende Wirkung hat und damit die Kühlfunktion abnimmt. In der Folge muss der Kompressor mehr arbeiten. Wer jeden Abend im Hafen an der Steckdose hängt, mag das ignorieren wollen, für energetisch autarke Blauwassersegler hingegen ist das keine Option – mal davon abgesehen, dass ein vereister Kühlschrank weniger Lagerplatz bietet.

Wird der Kühlschrank auf einer Yacht dauerhaft vereist betrieben, läuft er unter einer ständigen Belastung. Das führt zu einem erhöhten Verschleiß und zu einer vorzeitigen Alterung des Gerätes. Die Lebensdauer des Kompressors sinkt folglich.

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Wie kann der Bord-Kühlschrank schnell und unkompliziert enteist werden?

Die effizienteste Methode die Vereisung schnell loszuwerden ist folgende: Der Kühlschrank wird ausgeschaltet und komplett geleert. Die Lebensmittel werden in einer Gefriertüte aus dem Supermarkt verstaut. Alternativ können sie auch kompakt in einer Spüle verstaut und mit einem Handtuch bedeckt werden.

Lebensmittel können während des Abtauens in einer Kühltasche „geparkt“ werden. ©Sönke Roever

Tipp: Durchgekühlte Getränkedosen können beim „Zwischenlagern“ gut als Kühlakku genutzt werden. Sie sollten obenauf liegen, da die kalte Luft nach unten sinkt.

Parallel wird eine möglichst große Menge Wasser zum Kochen gebracht (wir nutzen dafür im Hafen einen 1000-Watt-Wasserkocher oder auf See einen Wasserkessel) und diese dann in einem ebenfalls möglichst großen Topf in den Kühlschrank gestellt (ich benutze zur Sicherheit einen Korkuntersetzer). Das erhöht die Temperatur im Inneren des Kühlschranks schnell und effektiv und das Eis schmilzt.

Der Topf wird mit heißem Wasser befüllt und der Deckel geschlossen. ©Sönke Roever

Wichtig! Nachdem der Topf gefüllt wurde, schnell den Kühlschrank schließen und für mindestens 30 Minuten geschlossen lassen – 45 Minuten sind besser. Nachzusehen, ob das Eis schmilzt, ist absolut kontraproduktiv, da sich dann die Luft austauscht. Man braucht einfach Geduld!

Tipp: Ich führe den Vorgang meistens dann durch, wenn der Kühlschrank nicht mehr sehr voll ist und ich einkaufen muss. So müssen nur wenige Lebensmittel zwischengelagert werden und das Eis kann abtauen, während ich im Supermarkt bin. Wenn ich wiederkomme, hat das heiße Wasser für gewöhnlich seinen Dienst getan und das Eis ist geschmolzen.

Das war erfolgreich. ©Sönke Roever

Alternative Methoden wie das Übergießen mit heißem Wasser oder das Abschlagen des Eises mit Messern etc. sind nicht ratsam. Dabei ist die Gefahr von dauerhaften Beschädigungen an den Kühlelementen viel zu groß. Ebenso ist die Benutzung eines Haarföhns gefährlich, da es zu Stromschlägen in Verbindung mit Wassertropfen kommen kann – mal davon abgesehen, dass die Methode auch nicht schneller, aber dafür umständlicher ist.

Abschließend wird der Kühlschrank wieder befüllt und wieder eingeschaltet. Fertig! ©Sönke Roever

Fazit

Das regelmäßige Abtauen des Eises kann als Wartung betrachtet werden und gehört insbesondere bei Langfahrtseglern zum Bordalltag. Mit der beschriebenen Vorgehensweise ist das Thema einigermaßen schnell und unkompliziert erledigt. Dass sich der Einsatz lohnt, merkt man daran, dass der Kühlschrank weniger Energie verbraucht und weniger verschleißt. Dafür lohnt sich der Arbeitsschritt allemal.

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Stefan
Stefan
2 Jahren her

Hallo,
wir haben an Bord einen Verdampfer mit eingebautem Ventilator. Dieser neigte im Mittelmeer bei sehr hohen Temperaturen ebenfalls zum vereisen. Ich habe dieses Problem gelöst indem ich den Ventilator peremanent laufen lasse. Den Einbauraum des Kompressors belüfte ich zusätzlich mit einem Silentlüfter. So gerüstet funktioniert es auch bei tropischen Temperaturen.
Gruß aus Griechenland von der Mokendeist, Stefan