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Dr. Robert Möckel ist Ingenieur der Fachrichtung Schiffsmaschinenbau und im “zweiten Leben” Psychologe (M.Sc.). Nach einer Tätigkeit in einem Motoreninstandsetzungebetrieb hat er in diversen Lehrtätigkeiten Erfahrung in der Wissensvermittlung gesammelt und bietet Seminare zu technischen Themen auf Yachten an. Zusammen mit seiner Frau segelt er eine Dehler 35 SV, die in Flensburg beheimatet ist.
Die Mindestqualität von Dieselkraftstoffen regelt die Norm DIN EN 590
In Deutschland werden viele Millionen PKW mit Dieselkraftstoff betrieben. Damit sich der Autofahrer nicht im Gewirr verschiedener Kraftstoffqualitäten verirrt und die Motorenhersteller wissen, mit welchem Kraftstoff sie bei Entwicklung und Optimierung der Motoren zu rechnen haben, sind die Mindestanforderungen in der Norm DIN EN 590 festgelegt. Motoren auf Segelyachten sind für gewöhnlich auch Dieselmotoren. Insofern lässt sich vieles, was bei PKW-Motoren gilt, auch auf Yachtmotoren übertragen.
So weit, so übersichtlich. Denn damit steht zumindest fest, mit welchen Eigenschaften des Dieselkraftstoffs sowohl Motorhersteller als auch Verbraucher rechnen können. Die Norm definiert Mindestanforderungen an den Kraftstoff, beispielsweise eine Cetanzahl von mindestens 51 CZ. Die Cetanzahl beschreibt die Zündwilligkeit von Dieselkraftstoffen.
Je höher die Cetanzahl, desto leichter entzündet sich der Dieselkraftstoff selbst, was beim Dieselmotor im Gegensatz zum Benzinmotor von Vorteil ist. Mit steigender Cetanzahl springt ein Dieselmotor besser an, läuft leiser und produziert weniger Ruß. Daher ist, wenn möglich, ein Dieselkraftstoff mit einer möglichst hohen Cetanzahl zu bevorzugen. Die Befürchtung, dass Dieselkraftstoff mit hoher Cetanzahl „heißer verbrenne“ und daher zur Überhitzung des Motors führe, trifft nicht zu. Es steht jedem Hersteller frei, Kraftstoff herzustellen, der diese Mindestanforderungen übertrifft, und dies dann auch entsprechend zu vermarkten.
Im Gegensatz zu Ottokraftstoffen, also Benzin, das beispielsweise in „Super“ und „Normal“ mit unterschiedlichen Oktanzahlen unterscheidet, gibt es nur eine Sorte Dieselkraftstoff. Mit diesem Diesel nach der Norm DIN EN 590 arbeiten alle Dieselmotoren in Straßenfahrzeugen, Baumaschinen und auch Bootsmotoren. Nun sind aber trotzdem an den Bootstankstellen verschiedene Sorten Dieselkraftstoff zu finden. Was es mit diesen auf sich hat, soll im Folgenden näher beleuchtet werden.
Auch Biodiesel entspricht der Norm und schadet Bootsmotoren prinzipiell nicht
Dieselkraftstoff nach DIN EN 590 wird im Regelfall aus Erdöl gewonnen. Dazu wird das Erdöl in einer industriellen Destillationsanlage, Raffinerie genannt, in seine Bestandteile zerlegt. Es wird so lange weiterverarbeitet, bis der entstandene Diesel alle Anforderungen der DIN EN 590 Norm erfüllt.
Seit einigen Jahren enthält der Dieselkraftstoff bis zu sieben Prozent Anteile, die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden. Obwohl es unter gewissen Einschränkungen möglich ist, manchen Dieselmotor auch direkt mit Pflanzenöl zu betreiben, hat sich ein anderes Verfahren durchgesetzt. Dabei wird das Pflanzenöl zu einem sogenannten Fettsäure-Methylester, englisch Fatty Acid Methyl Ester oder kurz FAME, umgesetzt. Dieser ist auch unter dem Schlagwort „Biodiesel“ bekannt und beliebig mit aus Erdöl gewonnenem Dieselkraftstoff mischbar.
Als Pflanzenöl wird in Deutschland zum größten Teil Rapsöl verwendet. Somit ist festzuhalten, dass der Dieselkraftstoff, der in Europa an einer Tankstelle für Kraftfahrzeuge verkauft wird, zum größten Teil aus Erdöl und zu bis zu sieben Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.
Für den Motor hat die Verwendung von Kraftstoff mit einem Biodiesel-Anteil keine Nachteile. Der Kraftstoff entspricht weiterhin der DIN EN 590, und damit ist den Anforderungen genüge getan. Die Schmierfähigkeit von Biodiesel ist besser als die von mineralischem Diesel, sodass Sorgen, beispielsweise wegen der Haltbarkeit der Einspritzanlage, unbegründet sind.
Die besonderen Anforderungen an Diesel im Bootsbetrieb machen Biodiesel problematisch
Nun hat der Bootsbetrieb seine speziellen Anforderungen. Dabei sind unsere Bootsmotoren keineswegs besonders anspruchsvoll, problematisch ist vielmehr die lange Lagerzeit in den Bootstanks. Der Biodiesel ist zeitlich nicht so stabil wie der aus Erdöl gewonnene Anteil. Beim Zerfall entsteht auch Wasser, und Wasser im Dieselkraftstoff ist eine der drei Grundlagen für die Entstehung des aktuell wohl größten Problems mit Dieselmotoren im Bootsbetrieb, der Dieselpest. Das Problem mit der Dieselpest tritt im Betrieb mit PKW kaum auf, weil der Inhalt des Tanks dort in kürzeren Abständen verbraucht wird.
Diese Sorten von Diesel verringern die Gefahr von Dieselpest
Dieselkraftstoff mit geringem Anteil von Biodiesel
Um das Problem mit der Lagerfähigkeit von Diesel auf Yachten in den Griff zu bekommen, bietet es sich an, einen Kraftstoff mit einem möglichst geringen Biodiesel-Anteil zu verwenden. Die Norm lässt zwar eine Beimischung von bis zu sieben Prozent Bioanteil zu, aber dem Hersteller steht frei, einen geringeren Anteil zuzumischen. Nach vorliegenden Informationen ist beispielsweise die Kraftstoffsorte „Ultimate“ von Aral vollständig frei von Biodiesel. Folglich ist zu erwarten, dass diese Sorte auch länger im Bootstank gelagert werden kann, bis sich Dieselpest bildet.
Achtung: Kraftstoffsorten, die frei von Biodiesel sind, sind keineswegs immun gegen Dieselpest. Lediglich deren Entwicklung geht langsamer vonstatten.
Leider sind die Aufkleber auf der Zapfsäule für alle Sorten gleich. Es gibt keine eigene Norm für biodieselfreien Kraftstoff. Das ist verwirrend, denn so klebt beispielsweise auch an der Zapfsäule für Aral Ultimate der weiße Aufkleber „kann bis zu 7 % Biodiesel enthalten“. Der Hersteller versichert aber, dass die Sorte frei von Biodiesel ist. Neben der Freiheit von Biodiesel verspricht der Hersteller noch weitere Vorteile wie eine höhere Cetanzahl und eine geringfügig höhere Motorleistung.
Synthetischer Dieselkraftstoff
Eine alternative Möglichkeit ist die Verwendung von synthetischem Diesel, welcher nicht aus Erdöl, sondern aus Erdgas hergestellt wird. Das Verfahren wird Gas-To-Liquid (GTL) genannt. Daher kommt auch der Markenname GTL, unter dem das Produkt an vielen Bootstankstellen verkauft wird. GTL-Kraftstoff ist sehr gut für den Bootsbetrieb geeignet. Neben der sehr hohen Cetanzahl ist noch das Fehlen des typischen Dieselgeruchs zu nennen.
Achtung: Das bedeutet nicht, dass GTL wie beispielsweise Rapsöl unschädlich für Gewässer ist. Auch hier muss ein Verschütten beim Tanken sorgfältig vermieden werden.
GTL ist zeitlich recht stabil und damit auch im Sinne der Dieselpest-Prävention vorteilhaft. Dies bedeutet jedoch nicht, dass GTL nicht auch von Mikroorganismen angegriffen wird; der Prozess dauert nur vergleichsweise lang. GTL ist mit herkömmlichem Dieselkraftstoff beliebig mischbar.
Im Bootsbetrieb hat sich GTL als weitgehend problemlos bewährt. Aufgrund der höheren Cetanzahl läuft der Motor leiser, und gerade ältere und schon verschlissene Motoren sollten mit GTL auch besser anspringen. Gelegentlich wird davon berichtet, dass bei älteren Motoren nach der Umstellung auf GTL Undichtigkeiten im Kraftstoffsystem auftraten. Diese Dichtungen müssen dann erneuert werden, was in den meisten Fällen aufgrund des Alters ohnehin ratsam gewesen sein dürfte.
Dieselkraftstoff aus Biomasse
Nicht aus Erdgas oder Erdöl, sondern aus Biomasse wird ein Kraftstoff hergestellt, den es seit April 2024 auch in Deutschland an Autotankstellen gibt. Da sich die Eigenschaften leicht von herkömmlichem Diesel unterscheiden, gibt es für diese Sorte eine neue Norm, die DIN EN 15940. Das Produkt wird auch paraffinischer Dieselkraftstoff oder nach dem Ausgangsstoff HVO (Hydrated Vegetable Oil) genannt.
Der bei diesem Prozess entstehende Diesel kann entweder mineralischem Dieselkraftstoff beigemischt oder auch in Reinform verwendet werden. Das letztere Produkt wird auch auf dem deutschen Markt unter dem Namen HVO100 (100 Prozent aus HVO) oder C.A.R.E. angeboten. Die Abkürzung für C.A.R.E. bedeutet CO₂-Reduction (CO₂-Reduzierung), Arctic Grade (Kältebeständigkeit), Renewable (Erneuerbarkeit), Emission Reduction (Emissionsreduzierung). C.A.R.E. wird von einem finnischen Unternehmen hergestellt, in anderen Ländern sind andere Markennamen gebräuchlich. Wie GTL verfügt HVO100/C.A.R.E. über eine sehr hohe Cetanzahl. Allerdings ist die Dichte geringer als bei herkömmlichem Dieselkraftstoff nach DIN EN 590, sodass mit einer leicht reduzierten Maximalleistung des Motors zu rechnen ist. Im praktischen Betrieb einer Yacht dürfte das allerdings bedeutungslos sein.
Die Haltbarkeit ist nach Herstellerangaben ähnlich wie die von Dieselkraftstoff ohne Biodiesel-Anteil und sollte in etwa der von GTL entsprechen. Damit bietet auch dieser synthetische Kraftstoff eine deutlich höhere, aber keine vollständige Sicherheit vor Dieselpest. Die Hersteller Volvo Penta und Yanmar haben die Verwendung von HVO für alle Dieselmotoren freigegeben.
Was bedeutet „Marinediesel“?
In Diskussionen, insbesondere um die Vermeidung von Dieselpest, taucht immer wieder die Frage nach sogenanntem Marinediesel auf. Dieser Begriff ist unglücklich und sollte im Zusammenhang mit dem Yachtbetrieb vermieden werden.
In der Berufsschifffahrt wird das, was wir Dieselkraftstoff nennen und in unseren Booten (und PKW) benutzen, auch als Gasöl (englisch: Gasoil) bezeichnet. Von den verschiedenen Rohölprodukten, die in der Großschifffahrt als Kraftstoff verwendet werden, ist Gasöl diejenige Sorte, die am leichtesten siedet – daher der Name. Es hat die geringste Dichte und ist der hochwertigste Kraftstoff in der Berufsschifffahrt. Die nächstschwerere Sorte nennt sich dann Marinedieselöl (englisch: Marine Dieseloil, kurz MDO). Es gibt verschiedene Sorten Marinedieselöl, und alle sind für den Betrieb mit unseren Bootsmotoren ungeeignet.
Bietet eine Tankstelle im Yachthafen „Marinediesel“, so ist das irreführend. Im günstigsten Fall handelt es sich hier nur um eine Fehlbezeichnung für Dieselkraftstoff nach DIN EN 590 ohne Anteil von Biodiesel und nicht tatsächlich um den für kleine Bootsmotoren völlig ungeeigneten Diesel der Großschifffahrt. Dies gilt es jedenfalls vor dem Tanken in Erfahrung zu bringen.
Die Farbe des Diesels gibt keinen Aufschluss über das Herstellungsverfahren
Reiner Dieselkraftstoff ist leicht gelb, die Farbe variiert durch die im Herstellungsprozess beigemengten Stoffe oder durch gezielte Zumischung von Farbstoff. 1979 wurde beispielsweise in Deutschland vorgeschrieben, dass leichtes Heizöl rot eingefärbt werden muss. Dadurch soll verhindert werden, dass das steuerbegünstigte und damit vergleichsweise günstige Heizöl in PKWs und Yachten verwendet wird. Die Verwendung von steuerbegünstigtem, also rot eingefärbtem Heizöl in PKW- und Bootsmotoren stellt eine Form der Steuerhinterziehung dar und wird entsprechend hart bestraft.
In einigen Ländern hat die Farbe des Diesels auch zollrechtliche Relevanz. Durch die farbliche Kennzeichnung des Kraftstoffs soll vermieden werden, dass günstiger Kraftstoff in unverhältnismäßigen Mengen über die Grenzen geschmuggelt wird. Aufschluss über den Anteil von Biodiesel oder das Herstellungsverfahren gibt die Farbe des Diesels jedoch nicht.
Fazit
Dieselmotoren auf Yachten sind robuste Maschinen, die jede Sorte Diesel, die der Norm entspricht, problemlos verbrennen. Sicherlich gibt es auch Dieselkraftstoffe, die geringe technische Vorteile haben, andere sind wiederum nachhaltiger oder umweltfreundlicher.
Der Knackpunkt liegt im geringen Dieselverbrauch von Segelyachten und der daraus folgenden oft monatelangen Lagerung des Kraftstoffs. Die lange Lagerung bildet die Grundlage für Dieselpest, welche die mit Abstand häufigste Ursache für Betriebsstörungen des Bootsmotors ist. Synthetische oder biofreie Dieselkraftstoffe sind zwar kein hundertprozentiger Schutz dagegen, doch das Wachstum der Dieselpest wird zumindest deutlich eingeschränkt.
Super Artikel! Vielen Dank für die gut strukturierte und verständliche Erklärung zu Dieselkraftstoffen.
Danke für die, auch für Hobbysegler leicht verständliche Erklärung insbesondere dem Verwenden von GTL Diesel.
Frage: welche “Dichtungen“ sind gemeint, wenn es heißt.. sie werden evtl. undicht beim Verwenden von GTL Diesel.
Gruß Pit
Bei uns waren es die Dichtungen der Einspritzdüsen und die Abdichtung der Einspritzpumpe an einem 25 Jahre alten VP MD 2040. Es saute bei der Frühjahrsinbetriebnahme raus. Die Düsen wurden daraufhin in einer Dieselmotorenwerkstatt abgedrückt und gedichtet und dabei auch gleich das Spritzbild kontrolliert. Die Einspritzpumpe wurde abgedichtet und im folgenden Winter die Verschleißteile erneuert. Seit 2 Saisons läuft er jetzt warm und trocken und sehr viel ruhiger. Kosten in Summe 600€ incl. Ein- und Ausbau durch den Motorenschlosser im Hafen. Die Dieselwerkstatt ist in Anklam.
Gut erklärt und m.E. sehr komplett. Wir werden weiterhin Grotamar verwenden,
Hallo, vielen Dank für die Übersicht und gut verständlichen Erläuterungen zu den verschiedenen Sorten von Diesel.
Eine Frage:
Wären noch ein paar kurze, ergänzende Hinweise zu Additiven zur Verhinderung von Dieselpest möglich?
Vielen Dank und Grüße
Holle
Danke für den aufklärenden Artikel. Bzgl. GTL Diesel habe ich noch eine Frage: GTL soll nicht so gute Schmiereigenschaften haben wie herkömmlicher Diesel. Deshalb zögere ich noch mit der verwenden von GTL in meinem Volvo Penta. Wie sehen sie das?
GTL erfüllt (bis auf die Dichte) alle Spezifikationen der DIN EN 590. Daher sollte es keine Probleme mit den Schmiereigenschaften geben.
Schönen Gruß
Robert
Danke, habe verstanden. Schön wäre noch ein Hinwris auf mögliche Beimischungen zur Vermeidung von Dieselpest gewesen
Zu den Fragen rund um die Dieselpest verweise ich auf diesen Artikel:
https://www.blauwasser.de/dieselpest-yacht-vorbeugen-erkennen-vermeiden
Die wichtigste Aussage ist, dass Zusätze keinen hundertprozentigen Schutz bieten – aus welchen Gründen (z. B. Anwendungsfehler, abgelaufene Lagerzeit) auch immer. Verschiedene Additive zu testen ist, wenn es denn ein halbwegs objektives und reproduzierbares Ergebnis geben soll, ziemlich aufwendig. Das ist eher eine Aufgabe für Mineralölunternehmen, für die Blauwasser-Redaktion ist das doch eine Nummer zu groß.
Meine Empfehlung ist, sich hinsichtlich der Tankhygiene so zu verhalten, als würde man kein Additiv verwenden, und dann ein Additiv eines bekannten Herstellers nach der Anleitung zu verwenden.
Ist Shell V Power mit dem Ultimate von Aral vergleichbar was die Aussage über die Bioanteile angeht?