Segeln/Chartern mit Kindern: Tipps für den Urlaub

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Judith ist seit über 30 Jahren als Journalistin und Buchautorin im nautischen Bereich tätig. Die Österreicherin lebt in Wien, segelt am Neusiedler See und fühlt sich auf sportlichen Jollen, foilenden Boards und Fahrtenyachten gleichermaßen wohl.

Mit Kindern im Urlaub auf Segeltörn? Hat seine Tücken. Kann aber ein Erlebnis sein, von dem die ganze Familie nachhaltig profitiert – richtige Vorbereitung und Einstellung vorausgesetzt.

Die Wahrheit ist: Eine Yacht ist kein kindgerechtes Urlaubsdomizil. Zu wenig Auslauf, zu viele Verbote. Eine Reihe von Gefahren und Unannehmlichkeiten. Ferien zwischen Langeweile und Überforderung. Deshalb fahren vernünftige Eltern mit ihren Sprösslingen auf einen Bauernhof mit grünen Wiesen oder an einen Sandstrand, der an badewannenwarmes Wasser grenzt. Das erschließt sich von selbst, das braucht man keinem Kind schmackhaft zu machen.

Ein paar Grundregeln helfen für den gelungenen Törn mit Kindern. ©Michael Amme

Na fein; und jetzt? Den geliebten Chartertörn, die wunderbaren Wochen auf dem Wasser opfern? Die Brut zu Großeltern oder ins Pfadfinderlager abschieben, während man selbst die Segel hisst? Im Dilemma zwischen Selbstaufgabe und Schuldgefühl verreiben?

Halt. Die Wahrheit hat zwei Seiten. Stimmt, eine Yacht ist kein kindgerechtes Urlaubsdomizil. Aber mit Kindern auf Törn zu gehen, ist mehr als Urlaub, es bieten sich wertvolle Chancen, die wir im Alltag kaum mehr finden. Weil die Familie auf engem Raum miteinander auskommen muss. Weil Mama und Papa in neuen Rollen und ungewohnten Situationen erlebt werden. Weil Lernen mit allen Sinnen stattfindet. Weil die Natur und nicht das Animationsprogramm des All-inclusive-Clubs den Takt vorgibt.

Unzählige neue Situationen bieten auch Chancen für neue Rollenaufteilungen. ©Michael Amme

Nirgendwo sonst verbringen Menschen ihre Zeit intensiver miteinander als auf einem Schiff. Nähe, Verbundenheit, Vertrautheit, das wünschen sich die Großen und die Kleinen gleichermaßen. Wird gemeinsam gesegelt, die Landleine ausgebracht, die Insel erforscht, eine stürmische Nacht vor Anker überstanden, entsteht es von selbst. Vernunft ist gut. Pralles, echtes Leben ist besser.

Segeln mit Kindern ist definitiv eine Investition in bleibende Erlebnisse. ©Michael Amme

Der Törn ist also eine perfekte Gelegenheit, um den Zusammenhalt der Familie zu stärken. Das kann funktionieren. Wenn auf die Bedürfnisse der Kids Rücksicht genommen wird. Ehe man die Leinen löst, sollte man sich daher einige Grundregeln für das Segeln mit Kindern bewusst machen.

Regel Nummer eins: Kurze Etappen planen

Wirklich kurze Etappen. Gesunde Kinder haben ein ausgeprägtes Bewegungsbedürfnis, und dem ist Rechnung zu tragen. Lange Überfahrten und Meilenfresserei sind tabu, weil unglaublich öde für den Nachwuchs. Gut macht sich ein flexibler Skipper in einem Revier mit vielen nah beisammen liegenden Zielen, ausgedehnte Badestopps zwischendurch sind Pflicht.

Auf einer Segelyacht ist die Badeanstalt immer nur einen Kopfsprung entfernt. ©Michael Amme

Empfehlenswert: Die Kids ordentlich an Land austoben lassen, ehe man die Tagesetappe in Angriff nimmt. Und weil man beim Segeln nie genau weiß, was kommt, ein paar Goodies für den Zeitvertreib an Bord in der Hinterhand halten. Bücher, Filme, Rätsel- und Malhefte oder kleine Geduldsspiele, abgestimmt auf das Alter sowie die speziellen Vorlieben, helfen im Falle des Falles über langweilige Dauersegelei hinweg.

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Regel Nummer zwei: Zum Mitmachen animieren

Begeisterung kommt vom Tun, nicht vom Zuschauen. Also lasst die Kids ran. Und zwar nicht nur als Fender-Sklaven. Motor starten, an der Winsch kurbeln, Dingi steuern, Stromkabel anstecken, Wassertank auffüllen, GPS bedienen, Insel auf der Karte suchen, am Steuerrad stehen. Nicht alles, aber vieles ist möglich, kundige Aufsicht vorausgesetzt. Alleine geht es schneller? Na sicher. Darum plant man für Aktivitäten mit Kindern am besten ein Drittel mehr Zeit ein. So lernen beide Seiten. Der Nachwuchs die Grundlagen des Fahrtensegelns, und man selbst das Zügeln der eigenen Ungeduld.

Spielerisch werden auch die ganz Kleinen schnell zum Schlauchbootkapitän. ©Michael Amme

Regel Nummer drei: Attraktive Ziele wählen

Erwachsenen steht der Sinn primär nach feinem Fisch und feinem Wein. Beides ist Kindern schnurz. Sie wollen an einer Steilwand schnorcheln, in eine Höhle voller Fledermäuse rudern, Heuschrecken, Fische, Krebse fangen, Muscheln, Seeigel-Skelette, Glitzersteine sammeln oder ein Wrack bestaunen. Es gibt Reviere, da lässt sich sogar ein Besuch im Museum oder Vergnügungspark organisieren. Eine gute Charteragentur kann übrigens konkrete Vorschläge für Törns machen, die Highlights für die Kleinen zu bieten haben. In jedem Fall gilt: Je vielfältiger die Reize am Ende des Segeltages, desto zufriedener die Kleinen. Und desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Großen in Ruhe Fisch und Wein genießen können.

Im Prinzip ist jeder Ankerplatz, Steg oder Hafen für Kinder ein großer Abenteuerspielplatz. ©Michael Amme

Regel Nummer vier: Sicherheit geht vor

Eines vorweg: Die Verletzungsgefahr an Bord ist nicht höher als an jedem andern Ort, an dem Kinder herumspringen. Schrammen und Beulen wahrscheinlich, gravierende Blessuren sehr selten. In dieser Hinsicht kann man also entspannen.

Ein echtes Thema ist hingegen das Ertrinken, da ist Konsequenz ein Muss: Rettungsweste und/oder Lifebelt (Alternative: Kletterbrustgurt) sind Pflicht an Bord. Beides sollte man selbst mitnehmen (Kind unbedingt daheim probieren lassen) – was sich an Bord von Charteryachten befindet, ist für Kinder meist unbrauchbar beziehungsweise unbequem. Sehr gute Informationen dazu gibt es hier.

Nach dem ersten Nörgeln gewöhnen sich die Kinder schnell an eine Regel mit Schwimmweste auf See. ©Michael Amme

Auch größere Kinder, die gut schwimmen können, müssen unterwegs bei Wind und/oder Seegang eine Rettungsweste tragen – als Vorbild fungieren übrigens die Erwachsenen. Und Achtung: Die Gefahr unbeobachtet ins Wasser zu fallen ist im Hafen höher als auf See! Insbesondere bei kleinen Kindern auch sinnvoll: Relingsnetz mitbringen und montieren oder vorab beim Vercharterer ordern.

Und noch ein Tipp: In der Nacht Luken der Kinderkoje und Niedergang verschließen oder mit fest verspanntem Mückennetz für kleine Schlafwandler unpassierbar machen.

Gerade bei kleinen Kindern bietet ein Relingsnetz nicht nur eine gefühlte zusätzliche Sicherheit. ©Privat

Regel Nummer fünf: Auch sehr kleine Kinder dürfen mit an Bord

Babys können wunderbare Törnbegleiter sein, sofern man ein paar Dinge beachtet. Immer gut ist es, den Schlafrhythmus zu nutzen und zu segeln, wenn Mausi oder Bärli schlummern. Auch unbedingt den Auto-Babysitz mitnehmen, damit Kinder sicher untergebracht sind, wenn für Hafen- oder Segelmanöver kurzfristig mal alle Hände an Bord benötigt werden. Und ein Lifebelt verhindert bei Krabbelkindern Abstürze aller Art: über Bord und den Niedergang hinunter.

Praktisch - ein angebundener Autositz an Bord. ©Sönke Roever

Außerdem ist ein aufblasbares Planschbecken ein perfekter Baby-Pool, sowohl unterwegs als auch im Hafen. Alternative: Dingi mit Wasser füllen. Übrigens: Kinder unter zwei Jahren werden nicht seekrank, da ihr Gleichgewichtsorgan noch nicht ausgereift ist.

Für kleine Kinder ist Seekrankheit kein Thema. ©Privat

Fazit für den Urlaubs- oder Chartertörn unter Segeln mit Kindern

Fassen wir also zusammen: Sorgen machen ist unnötig, Gedanken machen hingegen sinnvoll. Wer mit Kindern auf Segeltörn gehen möchte, tut gut daran, sich bewusst darauf vorzubereiten. Die Sicherheitsmaßnahmen müssen auf das Alter der Kids abgestimmt sein, bei der Routenplanung sollten die Bedürfnisse und Vorlieben der jüngsten Crewmitglieder im Mittelpunkt stehen. Wenn es darüber hinaus gelingt, die Kleinen in das Geschehen an Bord spielerisch miteinzubeziehen, dann hat man nicht nur die besten Voraussetzungen für eine harmonisch verbrachte Zeit geschaffen, sondern möglicherweise auch die Basis für eine gemeinsame Leidenschaft gelegt, die lebenslang und generationsübergreifend zur Stärkung der Familienbande beiträgt. Und wer würde sich genau das nicht wünschen?

Gemeinsame Erlebnisse auf dem Wasser stärken den Familienbund. ©Michael Amme

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