Ein Beitrag von
Arne Gründel ist Vertriebsleiter bei der ELNA GmbH, die sich vorranging mit Funktechnik für die Berufsschifffahrt beschäftigt und im Wassersportbereich unter dem Namen Ferropilot den Fachhandel berät und beliefert. Arne Gründel segelt seit seiner Kindheit auf Nord- und Ostsee. Seit mehreren Jahren chartert er Yachten als Skipper mit Freunden oder der Familie in Kroatien und auf der Ostsee.
Seenotsender sind zum Standard auf seegehenden Yachten geworden
Seenotsender, auch Notfunkbaken oder MOB-Systeme genannt, gehören mittlerweile fest zur Ausrüstung vieler Yachten. Nicht ohne Grund, denn die Entwicklung ist in den letzten Jahren weit vorangeschritten. Vor allem die Ortung einer Yacht in Seenot oder eines über Bord gegangenen Crewmitglieds ist durch die Integration moderner Übertragungstechnik erheblich verbessert worden.
Heutzutage gibt es Seenotsender, die von jedem Punkt der Erde aus die Seenotrettung alarmieren und ihren Standort teilen können. Das ist ein enormer Sicherheitsgewinn für Fahrten- und Blauwassersegler. Die modernsten Seenotsender zeigen sogar eine Bestätigung an, dass der Notruf eingegangen ist, sicherlich ein beruhigender Aspekt für alle Betroffenen in einer Notfallsituation. Dieser Vorgang nennt sich Return-Link-Service (RLS).
Jährlich werden mehr als 2.000 Menschen mit der Hilfe von Seenotsendern gerettet, über die Hälfte davon kommt aus der Schifffahrt. Die anderen Rettungseinsätze finden an Land statt. Aber auch im Expeditionsbereich und in der Luftfahrt werden ähnliche Systeme eingesetzt. Mehr noch: In Zusammenarbeit mit der Luftfahrt wurde das System in den 1970er-Jahren entwickelt. Damals setzte ein Notsender einen Alarm auf einer Notfrequenz des Flugfunks ab, welcher von in der Nähe befindlichen Flugzeugen geortet und an die Rettungsleitstellen weitergegeben wurde.
Heutzutage stehen Seglern wesentlich effizientere Technologien zur Verfügung, etwa das Global Positioning System (GPS). Die GPS-Technik ist sehr genau und schränkt den potenziellen Suchradius bis auf wenige Meter ein. Neben dem GPS-Signal wird auch modernste Funktechnik eingesetzt. Dazu gehören das Automatic Identification System (AIS) oder satellitengestützte Systeme wie die Emergency Position Indicating Radio Beacon (EPIRB).
All diese Systeme gehören bei seegehenden Yachten längst zum Sicherheitsstandard. Systeme, die primär an ein Schiff gebunden sind, sollen bewusst nicht Inhalt dieses Beitrags sein. Stattdessen möchte ich die Nutzung dieser Technologien in personenbezogenen Rettungssystemen beschreiben, den sogenannten PLB- oder AIS-MOB-Systemen.
Eigenschaften von personenbezogenen Seenotsendern
Durch die immer kompakter werdende Technik ist es möglich geworden, Seenotsignalsender mit GPS-, AIS- und EPIRB-Technik derart klein zu bauen, dass sie direkt am Körper getragen werden können. Damit gehören sie zur persönlichen Sicherheitsausrüstung und nicht zur Ausrüstung der Yacht. Folglich ist für jedes Crewmitglied ein eigenes System einzuplanen. Mehr Infos dazu gibt es beispielsweise hier.
Geht eine Person über Bord, wird die Notfunkbake entweder manuell oder automatisch aktiviert und sendet ein Notsignal mit der Position aus. Je nach System wird die GPS-Position entweder als AIS-Signal an Schiffe in Reichweite oder, wie bei einer EPIRB, über Satelliten an die zuständigen Rettungsleitstellen gesendet, die dann die Suche einleiten. Damit wird nicht nur die Ortung einer auf See treibenden Person deutlich vereinfacht, im besten Fall ist gleich auch noch die Seenotrettung mit vor Ort.
Unterschiede bei der Übertragungstechnik von personenbezogenen Seenotsendern
Seenotsender mit satellitengestützter Übertragungstechnik (EPIRB/SPOT)
Persönliche Seenotsender, die wie eine EPIRB funktionieren, werden Personal Locator Beacon (PLB) genannt. Eine PLB sendet wie eine EPIRB die MMSI-Nummer und die GPS-Position über COSPAS-SARSAT-Satelliten an zuständige Bodenstationen wie beispielsweise „Mission Control Center“ oder „Bremen Rescue“, die dann die Hilfe organisieren und koordinieren.
In Deutschland ist die personenbezogene Registrierung von Seenotsendern nicht zulässig. Daher muss die PLB stattdessen wie eine EPIRB, die sich immer auf eine Yacht und nicht auf eine Person bezieht, mit einer vorher bei der Bundesnetzagentur beantragten MMSI-Nummer programmiert werden.
Wer die PLB dennoch personenbezogen und nicht schiffsbezogen nutzen möchte, kann alternativ den Umweg über eine Registrierung im Ausland gehen. Einige Hersteller bieten beispielsweise an, die PLB in England zu registrieren.
Segler, die ausschließlich mit ihrer eigenen Yacht unterwegs sind, können gut den Weg mit der schiffsbezogenen Registrierung mittels MMSI-Nummer über die Bundesnetzagentur wählen. Chartersegler oder Überführungsskipper, die regelmäßig auf fremden Yachten segeln, sollten den Weg der personenbezogenen Registrierung im Ausland wählen.
Wichtig: PLBs mit Return-Link-Service (RLS) können derzeit ausschließlich personenbezogen im Ausland registriert werden.
Je nach Position der Satelliten am Himmel dauert der Empfang des Seenotsignals über das COSPAS-SARSAT-System bis zu 45 Minuten. Schneller geht es, wenn der Seenotsender neben COSPAS-SARSAT auch mit Satelliten des MEOSAR-Systems funktioniert. Zu MEOSAR gehören über 70 weitere Satelliten, was eine zusätzliche Abdeckung und folglich auch eine schnellere Aktivierung mit sich bringt.
Die Aussendung des Notsignals erfolgt auf der Notfrequenz 406 Megahertz, gleichzeitig erfolgt der Notruf auf der von Flugzeugen und Rettungskreuzern genutzten Notfrequenz 121,5 Megahertz.
Achtung: Eine einmal ausgelöste PLB startet die Rettungskette. Das ist wichtig zu wissen, wenn sie aus Versehen ausgelöst wurde! Sollte versehentlich Alarm ausgelöst werden oder eine Person ohne externe Hilfe gerettet worden sein, muss der Notruf über Funk oder andere Kommunikationsmittel zurückgenommen werden. Das „einfache” Ausschalten oder Deaktivieren des Seenotsenders nimmt den Notruf nicht zurück. Dies gilt nicht für eine eventuell im Seenotsender vorhandene Testfunktion. Diese löst keinen Notruf aus.
Eine Alternative für einen personengebundenen Notsender mit Satellitentechnik bieten verschiedene Satellitentracker. Satellitentracker sind vor allem bei Bergsteigern, Piloten und Outdoor-Sportlern beliebt und werden auch an Bord einiger Fahrtenyachten genutzt. Neben dem Tracking haben einige dieser Systeme auch eine SOS-Taste, die einen Notruf über das Satellitensystem absetzt.
Aber Vorsicht, Satellitentracker sind teilweise nur bedingt für den Seenotfall geeignet. Beim SPOT-Satellitentracker wird der Notruf beispielsweise über das GLOBALSTAR-Satellitensystem verbreitet, das landorientiert arbeitet und keine (!) weltweite Abdeckung hat. Beim Garmin InReach wird der Notruf über Iridium ausgesendet. Wichtig: Bei beiden Geräten wird der Notruf nicht direkt an die zuständige Seenotleitstellen gesendet, sondern an das GEOS International Emergency Response Coordination Center (IERCC), welches dann über die Messenger-Funktion des Trackers Kontakt aufnimmt und, falls erforderlich, Hilfe organisiert.
Seenotsender mit funkbasierter Übertragungstechnik (AIS)
Ein personengebundener Seenotsender mit AIS-Technik wird AIS-MOB genannt. MOB steht für „Man over Board“ (Mensch über Bord). Geht ein Crewmitglied über Bord, wird vom AIS-MOB ein AIS-Signal ausgesendet, das von allen in Reichweite befindlichen AIS-Empfängern dargestellt wird. Das Notsignal kann von Class-A- und Class-B-Transpondern gleichermaßen empfangen werden. Wie bei AIS üblich, wird das Signal über UKW-Funk übertragen, die Reichweite beschränkt sich also auf die Antennenhöhe des Senders und Empfängers. Die Reichweite von AIS-MOB-Notsignalsendern ist in der Regel auf 20 Seemeilen begrenzt.
In einigen AIS-MOB-Seenotfunkbaken kann auch eine MMSI-Nummer programmiert werden. Beim Auslösen wird dann ein DSC-Alarm am Funkgerät mit der entsprechenden MMSI-Nummer ausgelöst. So wird die Crew sofort alarmiert, wenn jemand über Bord gegangen ist. Ein allgemeiner DSC-Broadcast-Notruf ist mit einem AIS-MOB leider nicht möglich.
Welche Seenotsender-Technik ist für wen die richtige? PLB versus AIS-MOB
AIS-MOB-Notfunksender sind nicht nur etwas günstiger, sie erfordern im Gegensatz zu einer PLB auch keine aufwendige Programmierung und Registrierung bei der Bundesnetzagentur. AIS-MOB haben jedoch zwei Nachteile, die im Notfall entscheidend sein können.
Die Reichweite ist auf die UKW-Seefunk-Reichweite begrenzt, wodurch nicht zwangsweise eine professionelle Hilfe/Rettung durch das Auslösen gewährleistet ist, da ich stark davon abhängig bin, wer sich gerade in der Nähe befindet. Mehr noch: Wer ein AIS-MOB-Signal empfängt, sollte neben der eigenen Rettungshilfe sicherheitshalber auch weitere Kräfte mobilisieren.
Aber auch im Falle der Auslösung einer PLB ist nicht gewährleistet, dass ausschließlich professionelle Retter kommen. Die Rettungsleitstelle sieht genau, welche Schiffe am schnellsten helfen können, und spricht diese gezielt an, um Kurs auf die Alarmposition zu nehmen. So kann es beispielsweise sein, dass ein Containerschiff von seinem Kurs abweicht, um zu helfen und der Hubschrauber erst einmal an Land bleibt!
Interessant ist, dass bei der Auslösung einer PLB gegebenenfalls Details über hinterlegte Notfallrufnummern geklärt werden können, wie beispielsweise mögliche Vorerkrankungen oder das Alter der havarierten Person.
In vielbefahrenen küstennahen Gebieten mag ein AIS-MOB-Seenotsender ausreichen, da meist ein Schiff mit entsprechendem AIS-Empfänger in Reichweite sein dürfte, welches das Seenotsignal empfangen kann. In abgelegeneren Gebieten bleibt nur die an Bord der eigenen Yacht segelnde Crew für die Rettung. Für Einhandsegler ist ein AIS-MOB also nicht hilfreich!
Dennoch ist es gerade ein entscheidender Vorteil eines AIS-MOB-Seenotsignalsenders, dass das Signal am bordeigegen AIS empfangen werden kann, das Signal einer PLB kann auf privaten Yachten nicht empfangen werden.
Wer als Einhandsegler unterwegs ist, Nachtfahrten plant oder Offshore unterwegs ist, wo der vergleichsweise hohe Seegang das Finden einer über Bord gegangenen Person zusätzlich erschwert, ist mit einer PLB besser beraten. Damit wird im Seenotfall schnell und professionell Hilfe organisiert.
Was ist beim Kauf zu beachten?
Seenotsignalsender kommen in Notsituationen zum Einsatz, das heißt, sie müssen auch unter Extrembedingungen auf See funktionieren. Sie müssen also wasserdicht sein, im besten Fall sind sie auch noch stoßfest und schwimmfähig. Auch ein Schutz gegen ungewolltes Auslösen sollte vorhanden sein, da ein Alarm ohne Notfall ärgerliche und meist auch kostenintensive Folgen nach sich ziehen kann.
Die Art der Aktivierung des Seenotsenders ist bei hochwertigen AIS-MOBs einstellbar. Beispielsweise kann es hilfreich sein, wenn ein Seenotsender automatisch auslöst, wenn die Person, die ihn trägt, ins Wasser fällt. Gerade in Regionen mit kaltem Wasser, das eine schnelle Ohnmacht beim Betroffenen auslösen kann, ist das von Vorteil. Viele Notfunksender haben auch ein integriertes Blitzlicht, das zusätzlich beim Finden einer Person, die bei Dunkelheit über Bord gegangen ist, hilft.
Nicht immer funktioniert eine Rettung schnell und reibungslos. Seenotsender müssen also leistungsstarke Batterien haben, die mindestens 24 Stunden kontinuierliche Sendeleistung garantieren.
Fazit
Auf hoher See über Bord zu fallen, gehört zu den Horrorszenarien von Blauwasser- und Fahrtenseglern. Ein Crewmitglied, das bei Seegang und dann auch noch unbemerkt über Bord geht, ist meist hoffnungslos seinem Schicksal ausgeliefert. Auch in Küstennähe kann nachts oder bei schlechter Sicht das Finden einer im Wasser treibenden Person schwierig werden. Mit einem persönlichen Seenotsender wird moderne Ortungstechnik direkt am Körper getragen und damit die Chance, rechtzeitig gefunden zu werden, immens gesteigert. Ein unschlagbarer Sicherheitsgewinn für Segler!
Gibt es den noch keine Geräte die AIS und PLB kombinieren?
Das würde mich auch interessieren?
Oh scheint es zu geben: hier steht die Antwort:
https://www.blauwasser.de/anbieter/mcmurdo
Das ein AIS MOB keinen DSC Broadcast senden kann ist nicht richtig. Das easy2MOB von Weatherdock sendet einen DSC Open Call an alle wenn innerhalb von 11-15min der Closed Loop nicht bestätigt wurde (eine im Gerät programmierte MMSI Liste, z.Bsp. dein Schiff oder deine Flotille).