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Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.
Leider treiben im Wasser weltweit unzählige Dinge und es kommt immer mal wieder vor, dass man sich Dreck mit der Schiffsschraube einfängt. Das können beispielsweise ein paar Algen oder eine Plastiktüte sein. Bevor man gleich ins Wasser springt, können die folgenden drei Tricks versucht werden.
Mit der Actioncam observieren
Wer eine wasserfeste Actioncam an Bord hat, kann diese am Bootshaken fixieren und unter Wasser eine Filmaufnahme machen. Das verschafft einen schnellen Überblick über die Sachlage. So weiß ich umgehend, was das Problem ist und kann entsprechend handeln.
Unterwasserfoto einer verdreckten Schiffsschraube einer Blauwasseryacht
Rückwärtsschub geben
Für gewöhnlich fängt man sich Algen und andere Dinge beim Vorwärtsfahren ein. Daher gelingt es nicht selten, den „Dreck“ loszuwerden, indem man beim Vorwärtsfahren den Gang raus nimmt, ein paar Sekunden wartet und dann für 2-3 Sekunden einen kräftigen Rückwärtsschub gibt, während das Schiff weiter vorwärts fährt. Dadurch kann es gelingen, den aufgewickelten Störenfried wieder abzuwickeln und los zu werden. Die immer noch von vorne kommende Strömung reißt den Müll mit.
In seltenen Fällen gelingt das auch mit Tauen, wenn diese noch mit dem Schiff verbunden sind – etwa eine noch belegte Achterleine, deren anderes Ende versehentlich ins Wasser und in die Schraube gelangt ist. Dann darf der Rückwärtsgang aber nur für maximal eine Sekunde eingelegt werden, während parallel an der Leine gezogen wird. Dabei ist ein hohes Maß an Vorsicht für Hände und Füße geboten. Mir ist es so schon gelungen, eine festsitzende Schiffsschraube wieder manövrierfähig zu bekommen.
Fischerboje mit Druck lösen
Auf Langfahrt kommt es immer mal wieder vor, dass man mit einer Fischerboje kollidiert – beispielsweise stehen entlang der portugiesischen Küste tausende davon. Gerade in der Nacht sind sie kaum zu sehen. Kommt es zu einer Kollision, passiert in den meisten Fällen gar nichts. Die Boje treibt einfach an der Bordwand vorbei.
Portugiesische Fischerboje mit zwei Schwimmkörpern
Schwierig wird es allerdings, wenn die Boje so konstruiert ist, dass zu ihr noch ein kleiner weiterer Schwimmkörper gehört, der der Aufnahme durch den Fischer dient. Beide Schwimmkörper sind miteinander mit einer Leine von ca. zwei Metern Länge verbunden. Erwischt man mit dem Bug genau die Mitte, läuft auf jeder Seite des Schiffes ein Schwimmkörper vorbei und es kann passieren, dass die Yacht hängen bleibt. Mit dem Kiel, mit dem Propeller oder dem Ruderblatt.
Unter Maschine ist das ein Problem, wenn die Leine in die Schraube kommt. Unter Segeln hingegen nicht zwingend, da sie nicht aufgewickelt wurde. Und da sich nur an einem der beiden Schwimmkörper die lange Grundleine befindet, reicht es dann ganz oft aus, stur weiter zu segeln. Dadurch entsteht ziemlich Druck auf dem Gespann und meistens gehen die dünnen Schwimmkörper aus Styropor dann irgendwie unter dem Schiff durch. Was wiederum dazu führt, dass die Boje nicht länger verhakt.
Alternative Abtauchen. Hier werden Netzreste von der Schraube geschnitten.
Fazit
Es sind nur ein paar kleine Tipps, aber sie haben mir schon oft geholfen. Wenn sie den Gang ins Wasser ersparen, ist das super. Denn der Notfall-Einsatz auf hoher See bei Wellengang im Wasser ist kein Vergnügen und nicht ungefährlich. Daher sollten die vorstehenden Tricks erst versucht werden. Eine Garantie dafür gibt es natürlich nicht, aber es ist einen Versuch wert.
Inwieweit die Vorschläge mit einem Faltpropeller funktionieren, kann ich nicht beurteilen. Ich habe sie bisher immer nur bei Festpropellern angewendet. Daher beziehen sich meine Tipps primär darauf.
Tja, und wenn das alles nichts nützt, bleibt eben doch nur der Gang ins Wasser. Aber dann hat man zumindest das gute Gefühl, vorher alles versucht zu haben.
Hallo Sönke, du schreibst “Unter Segeln hingegen nicht zwingend, da sie nicht aufgewickelt wurde”. Das hängt m.E. aber doch davon ab, ob der Propeller beim Segen frei mitläuft oder ob ein Gang eingelegt ist. Die Frage, ob Leerlauf, Vorwärts- oder Rückwärtsgang beim Segeln wurde schon viel und kontrovers diskutiert. Wie ist deine Meinung dazu? Anm: Ich bevorzuge Leerlauf. Es kann nämlich vorkommen, dass man bei Segelgeschwindigkeiten von mehr als ca. 1 -2 Knoten den Rückwärtsgang aufgrund des Drucks/Drehmoments auf die Welle nicht mehr rausnehmen kann. Und das kann in manchen Situationen, wenn man schnell die Maschine braucht, gefährlich werden. Schöne… Mehr lesen »
Hallo Friedel, danke für deinen Kommentar. Da hast du natürlich recht. Gleichwohl ich festgestellt habe, dass eine mitlaufende Schraube deutlich langsamer dreht und bei einem Widerstand aufhört zu drehen. Die Wahrscheinlichkeit ist somit relativ hoch, dass ein Gegenstand nicht allzu doll aufgewickelt wird. Zu deiner zweiten Frage: das kann man in der Tat kontrovers diskutieren und ich würde es an dieser Stelle gerne vermeiden, da es mit dem Thema nichts zu tun hat. Ich werde demnächst aber etwas dazu schreiben.
Insbesondere dann wenn ein Sail Drive verbaut ist, sollte unbedingt die Herstellerempfehlung befolgt werden. Beispielsweise ist das Yanmar SD50 Sail Drive dafür berüchtigt, dass die dort verbaute Konuskupplung (Cone Clutch) durch Schlupf zu glatt wird und irgendwann durchrutscht. Das äußert sich darin, dass der eingelegte Gang zeitweise nicht “greift” und irgendwann ganz ausfällt. Meistens fängt das erst einmal nur in einer Richtung an. Es wird eine Reparatur fällig, die nur in einer Werkstatt erfolgen kann (Ausbau der Kupplung und Läppen des Konus). Wenn beim Segeln der Gang eingelegt bleibt, kann das Drehmoment durch das strömende Wasser dazu führen, dass die… Mehr lesen »