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Die Diplom-Pädagogin ist zusammen mit ihrem Mann Jonathan von 2013 bis 2019 auf der 35-Fuß-Stahlyacht INTI von Deutschland bis zu den Marshallinseln im Pazifik gesegelt – eine Reise über 21.000 Seemeilen. Claudia liebt das Leben über Wasser ebenso wie das unter Wasser, das nächtliche Segeln unter dem unendlichen Firmament, die Kunst der Improvisation und die Begegnungen mit Menschen jeglicher Couleur.
Vava’u ist eine Inselgruppe im Königreich Tonga
Zunächst schemenhaft und dann immer klarer zeichnen sich die Umrisse der Inselgruppe Vava’u vor dem Bug ab. Je näher wir ihr kommen, desto klarer erkennen wir das satte Grün, das auf felsigem Untergrund dicht zu wachsen scheint. Wir kommen von Niuatoputapu, einer Insel 160 Seemeilen weiter nördlich, die auch zum Königreich Tonga gehört, und freuen uns auf den Landfall.
Als wir die nördliche Huk Houmafakatele passieren, verstummt die Dünung, die den ständigen Takt des Ozeans vergegenwärtigt. Wir sind im Lee von Vava’u. Durch eine Öffnung in der Küstenlinie segeln wir in das Innere des Inselreiches der Vava’u-Gruppe – ein schier endloses Gewirr aus Inseln und Buchten mit unzähligen Ankerplätzen. Das suggeriert auch der erste Blick auf die Seekarte.
Auch wenn es auf der Karte anders aussieht, gibt es genau genommen nur bedingt Ankermöglichkeiten in den zahlreichen Buchten der Vava’u-Gruppe. Das liegt daran, dass das Wasser entweder sehr tief oder die Buchten mit Korallenköpfen gespickt sind. Vielerorts kommen daher Muringbojen zum Einsatz.
Damit eine gute Orientierung im Inselreich gelingt, werden die Buchten der Vava’u-Gruppe selten bei einem Namen genannt. Vielmehr wurden sie vom ansässigen Charter-Unternehmen The Moorings durchnummeriert.
Das Zentrum der Insel: Neiafu
Unser Landfall erfolgt in Bucht Nummer 1, dem lebendigen Örtchen Neiafu. Neiafu ist unter Seglern ein beliebtes Ziel und das Zentrum der Inselgruppe. Zum einen kann man hier herrlich entspannt in einer der vielen kleinen Bars am Ufer das Treiben beobachten und zum anderen von hieraus einfach und schnell die vielen verschiedenen Anker- beziehungsweise Muringplätze des Archipels ansteuern, die in der Regel nicht mehr als zehn Seemeilen entfernt liegen.
In Neiafu angekommen, schnappt man sich eine Muringboje der unterschiedlichen Betreiber. Der Tauchclub Beluga Divers hört auf UKW-Seefunk-Kanal 09 und die Charterfirma The Moorings auf Kanal 72. Wir picken eine Muringboje der Beluga Divers auf, die wir, als wir am Ufer anlanden, auch gleich bezahlen können. Außerdem melden wir uns mit unseren Papieren bei der Immigration. Inhaber eines deutschen Passes dürfen bis zu 90 Tage in Tonga bleiben und erhalten das Visum unkompliziert bei der Einreise.
Zeit sich ins Getümmel zu werfen. Direkt auf dem Weg zur Immigration liegt ein kleiner Gemüsemarkt mit allem, was das Herz begehrt! Wir stürzen uns als erstes auf die schönen Tomaten, aber es gibt auch wieder lokale Gurken, Salat, unzählige Sorten Obst. Das Wasser läuft uns im Mund zusammen.
Direkt am Wasser gibt es ab und zu frischen Fisch zu kaufen. Im Ort selbst gibt es viele kleine Läden, die ein unterschiedliches Sortiment haben, aber hauptsächlich Konserven, Kekse, Chips und Tiefkühlware anbieten. Außerdem gibt es dort zwei Geldautomaten. Die lokale Währung heißt Pa’anga, wird aber als „Dollar“ bezeichnet.
Am Ufer der weitläufigen Bucht sind viele Bars mit Happy-Hour-Angeboten und etwas weiter im Ortskern kleine Buden mit günstigem Mittagessen und viele Souvenirläden zu finden. Wir haben auch eine gute und schnelle Wäscherei gefunden (Bubbles Laundry, beim örtlichen Dingisteg, über dem BellaVista Cafe).
Bitte beachten: Sonntags hat alles geschlossen! Dann ist Zeit für die Kirche und die Familie.
In den diversen Bars und Restaurants in Neiafu gibt es gutes Wifi, das teilweise bis an den Ankerplatz reicht. Bei der staatlichen Telefongesellschaft kann man sich eine Simkarte samt Guthaben kaufen.
Auf dem UKW-Seefunk-Kanal 26 sprechen Einheimische und Segler über die Aktivitäten vor Ort. Auf welcher Insel findet ein typisches „Tongan Feast“ statt, welche Bar bietet eine Happy Hour an, Restaurants geben Auskunft über spezielle Menüs oder man kann sich für die freitags stattfindende Spaßregatta anmelden. Wenn man Hilfe braucht, kann man auch diesen Kanal nutzen.
Ein Highlight für uns war es, in Neiafu den König von Tonga zu treffen. Es findet eine Landwirtschaftsschau statt und der König eröffnet sie! Es gibt allerhand Darbietungen und lange Reden. Jeder Standbesitzer wird offiziell vom König geehrt und es werden Urkunden übergeben. Von Öl glänzende, junge Frauen führen die für die Südsee so typischen, wogenden Tänze auf und werden anschließend mit Geldscheinen beklebt.
Schließlich schreitet der König die Stände ab, begleitet von seinen Sicherheitsleuten, die ihn mit einem Schirm vor der Sonne schützen. Unweigerlich kommt mir da doch dieser Satz in den Kopf: „Der dicke König von Tonga“. Und: ja, er ist dick! Majestätisch dick könnte man sagen. 🙂
Info: Bei Neiafu gibt es eine zyklonsichere Werft, hier können Boote bis zu 28 Tonnen und 58 Fuß gekrant werden. Sie werden mit zyklonsicheren Ständern gesichert. Wir waren dort, die Besitzer sind sehr nett und hilfsbereit. Mitglieder der Hochseesegler-Vereinigung Trans Ocean bekommen zehn Prozent Rabatt. Die Werft wirkt sehr vertrauenerweckend, die Mitarbeiter sind alle sehr freundlich um die Yachties bemüht. Weitere Infos unter: www.boatyardvavau.com
Genug Rummel. Wir sind neugierig auf die bizarre Inselwelt der Vava’u-Gruppe. Sie unterscheidet sich von den Gesellschaftsinseln oder den Tuamotus in Französisch-Polynesien dadurch, dass es kein durchgehendes Riff gibt, welches die Inseln schützt. Das Wasser ist oft zum Ankern zu tief, deshalb gibt es Muringbojen, und der Tidenhub ist deutlich merkbar. Die kleinen Inseln ragen bei Niedrigwasser bizarr aus dem Ozean hervor.
Tipps zu ausgewählten Liegeplätzen
Wie schon angedeutet wurden vom Charterunternehmen The Moorings die Ankerplätze durchnummeriert und mittlerweile werden sie auch von den Blauwasserseglern häufig so genannt. Daher greife ich die Nummern hier wieder auf. Darüber hinaus bietet das Tonga Compendium von Soggy Paws einen sehr detaillierten Überblick über die verschiedenen Anker- und Muringplätze.
Bei Wikimedia commons gibt es zudem diese Karte mit den Nummern der Ankerplätze in einer hohen Auflösung. Zum direkten Download der Karte geht es hier.
#6 – Mala
Landschaftlich reizvoller Ankerplatz, bei dem sich zwischen den Inseln Mala und Kapa die sogenannten „Japanese Gardens“ befinden. Hier kann super geschnorchelt und die Unterwasserwelt bestaunt werden. Unzählige Korallenköpfe beherbergen Clownfisch Nemo, Doktorfisch Dori und ihre Freunde.
#7 – Port Maurell
In Port Maurell liegen kostenpflichtige Muringbojen aus und es lohnt sich, hier zu stoppen! Die Bucht ist eines der meistfotografierten Motive der Vava’u-Gruppe. Im kristallklaren Wasser haben wir hier spektakulär schnorcheln können. Mit dem Dingi konnten wir von hier aus schnell zur „Mariners Cave“ gelangen, eine Höhle, deren Eingang sich unter Wasser befindet und in die hineingeschnorchelt werden kann.
Wie tief der Eingang unter der Meeresoberfläche liegt, hängt von der Tide ab. Bei uns waren es etwa eineinhalb Meter. Der Weg unter Wasser ist geschätzte acht Meter lang und somit zu schaffen. In der Höhle kann aufgetaucht werden. Das Reinschwimmen wirkt unheimlich, da es ins „Schwarze“ geht. Wieder rausschwimmen ist deutlich einfacher, da es zurück ins „Helle“ geht.
Außerdem liegt etwa eineinhalb Seemeilen nordwestlich vom Ankerplatz eine zweite Höhle – die Swallows Cave. Der Einschnitt im Felsen ist weithin sichtbar und es kann mit dem Schlauchboot hingefahren und geschnorchelt werden. Da es ein Loch im Dach der Höhle gibt, fällt Licht in die Höhle und so wird das Schnorcheln zu einem besonderen Erlebnis.
Außerdem ist es möglich, an bestimmten Tagen in der Woche am nahegelegenen „Barnacle Beach“ an einem „Tongan Feast“ teilzunehmen, einem typischen tongaischen Buffet mit über dem Feuer geröstetem Spanferkel und anderen Köstlichkeiten. Am Strand der Bucht steht diesbezüglich ein Schild mit den Tagen und dem UKW-Seefunk-Kanal zur Kontaktaufnahme.
#8 – Nuku
Ankerplatz mit begrenztem Raum vor einem malerischen Sandstrand. Viele Familien mit Kindern treffen sich hier, am Strand ist es möglich, ein kleines Feuer zu machen, die Insel ist unbewohnt.
#13 – Hunga
Liegt fünf Seemeilen west-südwestlich von Neiafu. Schon die Einfahrt in diese Vulkankrater-Lagune allein lohnt sich. Zwischen zwei großen Felsen, die recht nahe beieinander liegen, lavieren wir uns vom tiefen Ozeanwasser aus in die Lagune, gefolgt von einer scharfen Rechtskurve. Hier finden wir unglaubliche Ruhe und atemberaubende Natur. Kleine Dörfer gibt es vereinzelt am Ufer.
Festgemacht haben wir in der Lagune von Hunga an einer der beiden Muringbojen von Elke und Werner. Die beiden leiten den Stützpunkt der Hochseesegler-Vereinigung Trans Ocean, der sich in Bucht Nummer 14 befindet. Sie vermieten die Muringbojen, die gut gewartet sind, nach Absprache. Unbedingt vorher nachfragen, die beiden sind über UKW-Seefunk-Kanal 26 zu erreichen.
#14 – Blue Lagoon #14
Wer sich bei gutem Licht an den zwei Korallenköpfen in der Einfahrt zur Blue Lagoon zum Ankerplatz vorgearbeitet hat, wird mit einem paradiesischem Südseegefühl belohnt. Türkisfarbenes Wasser und weißer Sand. Mehr noch: Hinter dem Außenriff im Westen der Lagune können in der Saison regelmäßig Wale beobachtet werden.
Mit dem Dingi tuckern wir bei Hochwasser(!) von Süden aus zwischen den Felsen hindurch in die Lagune Hunga. Es liegen etliche blaue Seesterne am Meeresboden, die wir durch das klare Wasser bewundern können.
Außerdem fahren wir mit dem Dingi vom Ankerplatz aus an Land und treffen dort Elke und Werner. Die Klingel zu ihrem Grundstück ist ein alter Feuerlöscher, an den wir mehrmals schlagen müssen. Wir werden sehr herzlich empfangen, mit Kaffee und Keksen bewirtet und staunen nicht schlecht über ihr mit den Jahren gewachsenes Gästebuch, in welches wir uns auch stolz eintragen.
#16 – Vaka Eitu
Hier ankern für gewöhnlich eine Menge Yachten, die sich nicht selten zum BBQ am Strand treffen (tidenabhängig). Wir finden einen schönen Platz zum Ankern in fünf Meter Tiefe. Sogleich kommt auch schon ein Tonganer mit einem Kanu angepaddelt und fragt uns, ob wir am Abend an einem typischen „Tongan Feast“ teilnehmen wollen. Er stellt sich als David vor, er und seine Frau Hika veranstalten hier regelmäßig Feasts. Warum eigentlich nicht?
Es lohnt sich, denn es werden Köstlichkeiten in Hülle und Fülle aufgetischt, dass sich die Tafel biegt. Wir kommen mit den anderen Seglern ins Gespräch und auch der Gastgeber und seine Frau mischen sich unters Volk, erzählen uns von Land und Leuten.
Am nächsten Tag laufen wir auf einem Pfad einmal über die Insel, überqueren einen kleinen Hügel und sind prompt auf der anderen Seite des Eilands. Auch das lohnt sich! Der Ausblick ist fantastisch und auf der Seeseite können wir kleinen Blacktip-Haien beim Jagen der Beute zuschauen.
#31 – Manita
Ganz im Südosten der Inselgruppe befindet sich diese von Blauwasserseglern selten beachtete Ankerbucht. Das mag daran liegen, dass die Ankerbucht vergleichsweise eng ist, zwischen Riffen liegt und wenig Schwoiraum bietet. Ungefähr drei bis maximal vier Yachten finden hier Platz, sofern Bug- und Heckanker ausgebracht werden. Man liegt hier sehr gut, zumindest bei ruhigem Wetter. Das Wasser ist kristallklar und unzählige Vögel kreisen lautstark über der unbewohnten Insel.
Achtung! Beim Schnorcheln die Umgebung im Auge behalten. Es gibt hier Seeschlangen.
Ein Landausflug zur Insel, die zu Fuß schnell umrundet werden kann, ist durchaus lohnend. Einziger Haken: Es ist deutlich zu riechen, dass die Insel fest in der Hand der Vögel ist.
Fazit
Unsere Zeit in der Vava`u-Gruppe haben wir sehr genossen. Die Topografie dieser Inselgruppe mit ihren sattgrün bewachsenen Felsen steht in einem angenehmen Kontrast zu Französisch-Polynesien. Es gibt in Neiafu Bars und Kneipen sowie erschwingliche Restaurants, in denen wir mal wieder ordentlich ausgehen konnten. Wenn wir unsere Ruhe brauchten, haben wir in kurzen Tagestörns die idyllisch bizarren Buchten angesteuert. Ein Pluspunkt war für uns auch der lokale Markt in Neiafu, auf dem wir endlich wieder günstig Obst und Gemüse kaufen konnten.
Habe den Bericht genossen. Die Inseln sehen immer noch so gut aus wie vor 50 Jahren. Mehr Business und viel mehr Menschen machen offenbar die Verpflegung und den Zugang zu Einrichtungen fuer Segler, von denen es schon fast zu viel gibt, einfacher. Happy sailing