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Christian wuchs an einem See auf und begann bereits im Alter von sechs Jahren zu segeln. Mit seinem ersten Segelschein, den er 1974 erwarb, segelte er viel im Mittelmeer und auf der Ostsee. Ab 1983 lebte er dann zwölf Jahre lang auf seiner eigenen Yacht. Zuerst im Mittelmeer, dann sechs Jahre auf dem Atlantik, in der Karibik, in Südamerika, im Golf von Mexiko und in Nordamerika. Seit über 30 Jahren veröffentlicht Christian Fachartikel in verschiedenen nautischen Publikationen, insbesondere zu den Themen Reisen, Chartern, Praxiswissen und Ausrüstung.
Der Dodekanes in der griechischen Ägäis vor der Küste der Türkei ist für eine einzige Urlaubsreise viel zu groß. Welche Inselgruppe für Charter- und Fahrtensegler was zu bieten hat, erklärt dieser Überblick
Dodekanes ist die verkürzte Version von Dódeka Nysiá, was „zwölf Inseln“ bedeutet. Doch schon ein Blick in die Karte zeigt, dass es in diesem Revier einige mehr davon gibt. Da wären mal jene fünfundzwanzig, die als „ständig bewohnt“ gelten, obwohl einige nur Ziegen und Schafen zur zügellosen Vermehrung dienen. Hinzu kommen an die hundertdreißig Felsen im Meer, die für die Entdecker unter den Seglern interessant sein könnten, da selbst der Plotter überwiegend falsche Angaben über mögliche Ankerplätze liefert.
Natürlich wird man sich fragen, wie das Revier bloß zu diesem Namen kam? Eingebürgert hatte er sich 1908, nachdem sich zwölf der Inseln bei der „Hohen Pforte“ in Istanbul über die Streichung ihrer Privilegien beschwert hatten. Später wandte man ihn auf die gesamte Gruppe an. Doch als diese zu Griechenland kam, übernahm man ihn nicht. Deshalb gelten die Inseln heute als Teil der „südlichen Sporaden“. Welche Logik dahinter steckt, soll hier nicht hinterfragt werden. Für Segler sollte der „Dodekanes“ ein nautischer Begriff für ein Revier sein, das alles bietet, was sie sich nur erträumen können.
Egal ob Einsamkeit oder Touristentrubel – der Dodekanes bietet die ganze Palette
Natürlich findet man auch anderswo Ursprünglichkeit, Einsamkeit und Unberührtes, gepaart mit Häfen, die vor Lokalkolorit nur so strotzen. Auch ist man im Dodekanes vor jenen touristischen Übeln, die mit Jubel, Trubel und Heiterkeit all jene anzulocken versuchen, die glauben, ohne dieses Feeling nicht auskommen zu können, nicht gefeit.
Seglerische Höhepunkte ließen sich im brausenden Meltemi der zentralen Ägäis öfter erleben und Zeugen der Geschichte, die daran erinnern, dass die Wiege unserer Kultur einst hier stand, fänden sich auch anderswo. Was den Dodekanes so einzigartig macht, ist jenes „Rundum-Paket“, das Seglern von allem etwas und von manchem so unendlich viel bietet. Manche teilen das Revier in einen nördlichen und südlichen Dodekanes.
Selbst diese beiden Hälften sind noch zu groß, um bei jeweils einem Törn all ihre Reize auszuloten. Gute Chancen, das Revier in all seinen Facetten kennenzulernen, hat man hingegen, wenn man es viertelt.
Die vier Inselgruppen des Dodekanes im Porträt (von Nord nach Süd)
Der Dodekanes erstreckt sich über ein Meeresgebiet in der östlichen Ägäis, das in der Nord-Süd-Ausdehnung etwa 130 Seemeilen und der West-Ost-Ausdehnung etwa 100 Seemeilen beträgt. Die Einteilung in Viertel erleichtert die Orientierung und Beschreibung der verschiedenen Inselgruppen.
1. Die Pátmos-Gruppe
Glücklich sind all jene, die auf eigenem Kiel von Norden her anreisen. Denn sie segeln durch das Revier fast ausschließlich vor einem Wind, der zwischen Juni und September alles halten sollte, was der Segelführer verspricht. Chartersegler hingegen, die zu den Inseln im Norden wollen, müssen sich den Weg nach Luv erst gegen den Meltemi erkämpfen, denn Basen gibt es nur auf Kós und Rhódos. Es könnte daher schon den einen oder anderen Tag dauern, bis sie vor der Wahl stehen, ob sie sich mit dem Meltemi querein, römisch-katholisch an die Mole wagen oder ob sie ihr Schiff in einer von Pátmos‘ vielen Buchten vor Anker legen.
Wichtig ist nur, dass es sicher liegt, denn die kulturellen Anforderungen erfordern längere Landgänge. Schon die Ansteuerung der Insel ist ein Erlebnis und man wird nur schwer verstehen, wie in all der kargen Schönheit ein Mensch in solche Weltuntergangsvisionen verfallen konnte, wie der nach Pátmos verbannte Evangelist Johannes. In seiner Grotte, unterhalb des nach ihm benannten Klosters, soll ihm eine Posaunenstimme dieses Verhängnis der Menschheit diktiert haben.
Das erst später erbaute, über der Chóra thronende Kloster, ist der kulturelle Höhepunkt eines jeden Törns in diesem sonst kulturlosen Viertel des Dodekanes. Um dieses Miniatur-Kunstwerk seiner Kirche und die Schätze des Museums ungestört genießen zu können, sollte man schon früh zu seinen Mauern hinaufsteigen, denn wenn der Inhalt aus den Kreuzfahrtschiffen angekarrt wird, ist es mit der griechischen Beschaulichkeit vorbei. Dann sollte man sich bereits so weltlichen Dingen wie den Restaurants zugewandt haben.
Selbst Kenner der Ägäis sollten penibel selektieren, denn nicht immer ist in Pátmos drinnen alles so griechisch, wie man es ihnen draußen blau-weiß gestrichen vorzumachen versucht. Befreit von jeglichem Kulturstress, kann man sich danach dem Rest des ersten Viertels widmen. Wenige Seemeilen sind es bis Lipsí, dessen Städtchen vom Segelführer als „higgledy-piggledy“ eingestuft wird. Gemeint ist damit wohl jenes architektonische Durcheinander, wie es nur eine fehlende Bauordnung hervorbringen kann.
So richtig entspannt wird es dann in Arkí und Agathonísi. Auf beiden Inseln kann man nur baden. Oder besser noch: den Tag im Café verdösen! Doch sollte man dabei nicht vergessen, sich rechtzeitig mit einem Ouzo auf das kulinarische Finale einzustimmen.
Nur wenige verirren sich danach noch nach Farmakonísi, denn das unbewohnte Inselchen hat außer Geschichte nicht viel zu bieten. Die aber kann sich sehen lassen! Denn hier war – vor nunmehr mehr als 2.000 Jahren – Cäsar mehr Gast als Gefangener von Piraten. Das Lösegeld fiel so großzügig aus, dass es sich der junge Gaius Julius leisten konnte, mit ihnen zu scherzen. Unter anderem versprach er ihnen, wiederzukommen und sie alle hängen zu lassen. Den ersten Teil des Versprechens hielt er: Er kam wieder. Den zweiten Teil änderte er etwas ab: Statt sie zu hängen, ließ er sie ans Kreuz schlagen!
Weniger geschichtsträchtig, aber deshalb nicht weniger reizvoll ist Léros. Es hat nur einen Nachteil: Wollte man all das Angebot der Insel – von original griechisch wie in Pandelí bis hin zur Einsamkeit der Bucht von Xerókambos – voll auskosten, müsste man allein dafür eine Woche einplanen. Deshalb muss man sich meist für nur eine der sechs attraktiven Möglichkeiten entscheiden, denn noch warten im Westen zwei Inseln, die so einzigartig sind, dass man sie einfach nicht versäumen darf.
Lévitha ist die erste. In ihrer Bucht liegen die Yachten sicher an Murings. Ausgelegt hat sie Manólis. Der züchtet Ziegen und betreibt auf dem Inselchen etwas Landwirtschaft. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich aber wohl mit der Bewirtung von Yacht-Crews. Auf dieser entlegenen Insel, auf der man nicht mal eine Kneipe erwarten dürfte, landet man am Ende eines steinigen Weges in einer Taverne mit einer einzigartigen Atmosphäre: Jedes Gericht ist eine Offenbarung, jeder Wein so herb wie die Insel selbst.
Den Abschied kann einem nur die Aussicht auf Kínaros erleichtern. Sein Órmos Pningó schneidet tief in die kleine Insel ein. In ihm ankert man, von rundum aufragenden Felsen bedrängt, auf glasklarem Wasser, durch das der Sandgrund schimmert. Viel mehr Einsamkeit könnte es nicht geben und wohl auch keinen besseren Abschluss dieses „ersten Viertels“.
2. Die Kós-Gruppe
Selbst wenn man sein Charter-Schiff in Kós-Marina übernimmt, sollte man sich umgehend in Kós‘ Mandráki-Hafen verholen. Obwohl man sich dort meist mit einem Liegeplatz unter den Mauern der Kreuzritterfestung begnügen muss, wird man schnell dem Charme dieser Stadt erliegen, die um all die Relikte aus griechischer und römischer Zeit herum erbaut wurde. Aber auch die Kreuzritter, die vierhundert Jahre unter türkischer Herrschaft und jene wenigen unter den Italienern haben in Kos Spuren hinterlassen. Als Höhepunkt eines langen Tages sollte man abends den noch längeren Weg zu einem Restaurant am Rande des Ausgrabungsfeldes nicht scheuen.
Nirgendwo sonst als an jenen Tischen, die im mystischen Schatten antiker Tempelreste stehen, lässt sich ein von keinen fremden Kulturen verdorbenes, griechisches Abendessen so richtig genießen. Der Rest ist Tourismus pur. Deshalb ziehen es Segler meist vor, sich in den Buchten des kleinen Psérimos von den kulturellen Strapazen zu erholen. Dazu würde sich auch Kálymnos eignen. Obwohl deren Hauptstadt Póthia wenig bietet, besticht doch das Miteinander von Berufsschifffahrt, Fischern und Yachten, weil es ein Flair schafft, wie es keine sterile Marina bieten kann.
In den Sommermonaten, in denen der Schirokko keine Gefahr darstellt, kann man sich auch nach Vathý mit seinem schlechthaltenden Grund verholen oder sich entspannte Stunden in den vielen Buchten der „Schwammtaucher-Insel“ gönnen. Doch auch hier gilt: Zu viele Buchten, zu wenig Zeit!
Das trifft vor allem auf jene zu, die sich zwei Höhepunkte dieses Viertels nicht entgehen lassen wollen: Astypálaia und die Sýrna-Insel! Obwohl, das sei gesagt, der Schlag nach Astypálaia nicht immer ein Vergnügen ist. So oft und so hart wie auf diesen 35 Seemeilen bläst der Meltemi selten anderswo in der Ägäis. Man wäre nicht die erste Crew, die sich, geduscht, gebeutelt und mit Life-Belts ans Boot gefesselt so richtig nach Astypálaias Lee sehnt. Gefragt ist dann immer ein sicherer Hort, weshalb viele Livádhi ansteuern und dabei die vielen schönen Ankerbuchten an der Südküste ignorieren.
Schon vor dem ersten Landgang werden sich manche fragen, wo sie hier eigentlich gelandet sind. Jene, die den Weg hinauf zur Chóra nicht scheuen, werden bald bemerken, dass hier alles an eine Kykladen-Insel erinnert. Was auch stimmt! Sie wurde nur versehentlich dem Dodekanes zugesprochen, weil sie sich 1908 an dem Protest beteiligt hatte. Wer Griechenland von Griechenland zu unterscheiden weiß, für den ist dies hier eine andere Welt! Wenn auch eine, die man mit all ihren Facetten genießen sollte.
Auch wenn die Zeit knapp ist, sollte man ihre Ankerplätze erkunden und dabei auch die Einfahrt nach Vathý wagen, deren fast völlig von Land umschlossene Bucht selbst in der Ägäis einzigartig ist. Gerade mal zwanzig Meilen, und die raumschots oder vor dem Wind, sind es von Astypálaia zur Sýrna-Insel. Mehr Gegensatz als zu dem vom Tourismus-Bazillus befallenen Kós könnte es gar nicht geben! Denn während dort die Touristenhorden an den Strand getrieben werden, vergnügen sich auf Sýrna die Ziegenherden ungestört von menschlichen Belästigungen.
Was für eine Insel! Was für ein Lebensgefühl! Ágios Ioánnis ist für die meisten Segler Neuland. Deshalb muss man sich in der Bucht erst zurechtfinden, bevor man den Ankerplatz ausloten kann. Ist das geschafft, wartet Freiheit ohne Grenzen am Ende einer Welt, die nur wenige Seemeilen entfernt von unserer alltäglichen Hektik liegt.
Hat man die völlige Einsamkeit dieser Bucht in sich aufgesogen, wird man sich auf der Vulkaninsel Nísiros wie in einer Weltstadt fühlen. Dabei lädt Mandráki in all seiner Niedlichkeit eher zum Dösen in einem seiner Cafés ein. Ein Luxus, den man sich nur leisten kann, wenn der Meltemi mitspielt. Wenn nicht, liegt es sich in diesem Hafen gar nicht gut und Palón Marina kann gar zu einem Gefängnis werden, wenn erste Seen in die versandende Einfahrt stehen. Doch nichts ist so schlimm, dass es nicht bessere Alternativen gäbe. Schon wenige Meilen nördlich bietet die große Bucht des kleinen Gyalí jenen Schutz, den man braucht, um einen Törn in diesem an Abwechslung so reichen Viertel des Dodekanes entspannt ausklingen zu lassen.
3. Die Rhódos-Gruppe
Am Beginn eines jeden Törns in diesem Viertel des Dodekanes steht der absolute Höhepunkt des gesamten Reviers: Rhódos – die Stadt des Sonnengottes! „Wer zu spät kommt, den strafen die Götter!“ Das musste schon Helios erfahren, nachdem er die Verteilung der Erde versäumt hatte. Doch da er tagsüber seinen feurigen Wagen über den Himmel lenken musste, ließ Zeus Gnade vor Recht ergehen und beschenkte ihn mit einer noch unter dem Meer schlummernden Insel, die Helios, nach deren einziger Bewohnerin – einer Tochter Poseidons und Aphrodites – Rhódos benannte.
Nachdem Demetrios, trotz seines Beinamens „der Städtezertrümmerer“, an den Wällen der Stadt gescheitert war, ehrten die Rhodier ihren Gott mit einer mehr als dreißig Meter hohen Statue. Doch diesem „Koloss von Rhodos“ war es nicht vergönnt, lange über den Hafen zu wachen: Schon nach wenigen Jahrzehnten zerstörte ein Erdbeben dieses Wunder der Antike. Im Mittelalter endete die rein griechische Zeit der Insel. Erst kamen die Kreuzritter. Sie bauten die Stadt zur Festung aus und prägten damit in den zweihundert Jahren ihrer Herrschaft das Stadtbild mehr, als die Türken in den folgenden vierhundert. Nur kurz währte die Herrschaft der Italiener. Doch sie restaurierten die Altstadt und machten sie damit zu dem, was sie heute ist: ein Weltkulturerbe!
Für Segler, die sich diesen Höhepunkt nicht entgehen lassen wollen, kann es nur einen Liegeplatz geben: den im Mandráki-Hafen! Am besten nahe jenem Kastell, das allen Versuchen der Türken, den „Schafspferch“ zu erobern, widerstanden hatte. Für all das, was hier geboten wird, sollte man sich Zeit nehmen. Vor allem Zeit zur rechten Zeit! Das bedeutet: Möglichst früh oder spät im Jahr. Denn wenn erst Touristen die Altstadt zu stürmen beginnen, können sie selbst deren mächtige Wehrmauern nicht mehr vor diesem Verhängnis bewahren.
Dann wird Seglern der Abschied von Rhódos auch leichter fallen. Weit müssen sie nicht segeln, um in einem anderen Höhepunkt des Reviers vor der Wahl zu stehen, in welcher der vielen Buchten sie den Anker fallen lassen. Dem Herdentrieb folgend, landen die meisten im Ort Sými. Der legt heute noch Zeugnis von jenem Wohlstand ab, zu dem es einst die Schwammfischer gebracht hatten. Das wertet den Liegeplatz in der fjordartigen Bucht noch auf.
Nicht zu übersehen (und nicht zu überhören!) ist allerdings auch der Trubel, den all das Ambiente mit sich bringt. Wer sich den ersparen will, der sollte es im viel ruhigeren Péthi oder im perfekten Rund der Bucht von Panórmitos versuchen. Einstimmen kann man sich dort gleich auf Tílos, das auch viel von dem bietet, was Sými so reizvoll gemacht hat, das aber fern genug von Rhodos liegt, um die Ausflugsboote auf Distanz zu halten.
Gibt es auf Sými eine quirlige Stadt, lockt auf Tílos ein beschaulicher Hafen, in dem das Schiff sicher liegt. So kann man unbesorgt durch das Hinterland der Insel streifen. Es sind einsame Pfade, die zu manchen Relikten aus der Antike führen. Es gibt aber auch steile, von deren Ende man einen weiten Blick auf Buchten hat, in denen uns manche Yacht zeigt, wie abgeschieden, wie einsam man in der Ägäis noch ankern kann.
Auch an Chálki ist die Zeit nicht spurlos vorübergegangen. Um Yachten das Ankern auf großer Wassertiefe über schlecht haltendem Grund zu ersparen, liegen nun Schwimmstege aus; wo früher die Häuser aus besseren Schwammfischer-Zeiten zu Ruinen verkamen, werken heute „Inselsüchtige“ an ihrem Traum vom einfachen Leben auf mythischem Boden. Mit ihnen regt sich auch wieder Leben im Hafenrund. Wer hingegen glaubt, auf Cafés und Restaurants verzichten zu können, der kann sich in die Bucht von Alimniá verholen. Obwohl so nah, scheinen dort die Uhren langsamer zu gehen.
Rhodos Westen zeigt Yachten sein abweisendes Gesicht und auch an der Ostküste gibt es nur wenige Buchten, die zum Verweilen einladen. Ausgenommen jene von Líndos! Auch wenn lästige Ankerverbote einem dort das Seglerleben zu vermiesen versuchen, sollte sich immer ein Plätzchen finden, wo man das Schiff seinem Anker anvertrauen kann: Erst wenn das sicher liegt, sollte man dieser Diva der Ägäis seine Referenz erweisen! Keine Bausünde trübt das Ensemble, Urbanes aus vielen Jahrhunderten verbindet sich hier mit den Zeugen aus der Zeit der Kreuzritter; arabisch-türkische Einflüsse runden es ab. Darüber schweben, einer Krone gleich, die mächtigen Mauern der Kreuzritter-Festung, in deren Schutz sich die Akropolis und andere Zeugen der Antike verbergen.
Wer von Líndos auf kürzestem Weg zurück nach Rhodos segelt, würde damit einen Höhepunkt dieses Reviers versäumen. Wenn auch einen, der von manchen als „Witz der Geschichte“ bezeichnet wird, weil dieses Inselchen, das fünfundsiebzig Meilen von Rhodos, aber nur vier von Kaş entfernt liegt, einst Griechenland und nicht der Türkei zugeschlagen wurde. Damit wurde Kastellórizo zum östlichsten Außenposten Europas!
Hin würde diese einzige Insel des Dodekanes, die nicht in der Ägäis liegt, den Aufwand ja lohnen. Immerhin galt sein heute noch stimmungsvoller Hafen Megísti einst als „Klein-Paris des Ostens“. In ihm liegt man perfekt geschützt, in den Buchten und zwischen den kleinen Inseln noch zusätzlich in einem traumhaften Abseits. Die Ruhe und die damit verbundene Erholung braucht man auch, denn den Schlag zurück nach Rhodos gibt’s nicht zum günstigen Vorwind-Tarif!
4. Die südliche Gruppe
Kásos und Kárpathos sind die südlichsten Inseln des Dodekanes. Man könnte sie auch als dessen „vergessene Inseln“ bezeichnen, denn nur selten verirren sich Yachten in ihr Revier. Viele Segler lernen sie überhaupt nur kennen, weil sie, von Kreta kommend, auf dem Halb-Wind-Kurs hoch nach Rhodos liegen. Und selbst da hat noch mancher Bedenken, denn der Segelführer warnt (nicht zu Unrecht) vor den Luvküsten beider Inseln. Nicht nur, dass im Sommer der Meltemi voll auf sie steht, läuft in den Passagen zwischen den Inseln (und selbst noch entlang der Küsten) der Strom oft gegen den Wind. Das lässt die See noch ruppiger werden, als sie anderswo ohnedies schon ist.
Auch hat sich noch kein Segelführer die Mühe gemacht, sich mit all den Möglichkeiten, die sich in den Buchten rund um die Inseln anbieten, zu befassen. Ein wenig Hafen-Husch hier, ein wenig Buchten-Pfusch dort, und schon waren sie abgehakt. Bei Kárpathos Hauptstadt Pighádia mag die Skepsis ja angebracht sein, denn dort liegt man, in einem weit offenen Hafen mit miserabel haltendem Grund, seewärts am Steg. Kommt nachts Wind aus der falschen Richtung auf, kann es schon vorkommen, dass man von einem Pochen am Heck geweckt wird, das einem sagt: „Hallo! Ich bin’s, eure Kaimauer!“
Dabei würde man sich gerade hier nichts sehnlicher wünschen als einen Hafen, dem man sein Schiff anvertrauen kann. Denn Kárpathos hat so viel zu bieten! An keinem anderen Ort der Ägäis werden Traditionen noch so hochgehalten wie auf diesem kargen Felsen im Süden der Ägäis, und nirgendwo sonst werden alte Gebräuche noch so gepflegt wie in dem Bergdorf Ólymbos. Das läge nahe dem Hafen von Diafáni. Doch der bietet gerade noch Fähren Schutz, nicht aber Yachten. Schon gar nicht so früh im Jahr wie zu Ostern, wenn die Orthodoxie auf der Insel ihre ganze Pracht entfaltet. Denn dann besteht noch immer die Gefahr, von einem Schirokko überrascht zu werden. Der würde jeden Aufenthalt an der Ostküste unmöglich machen. Sicher läge man dann nur im Órmos Trístoma.
Der hat drei Einfahrten, doch nur die südlichste ist möglich. Selbst hier muss man sich, bei nicht selten miesen Bedingungen, erst zwischen die Notá-Insel und den hoch aufragenden Felsen des Kaps Trístoma quetschen, bevor man in den Schutz der Bucht ausgespuckt wird. In ihr ist das Wasser tief, die Ankermöglichkeiten sind beschränkt. Doch da die wenigen Häuschen im Rund den Eindruck vermitteln, als wären sie nur im Sommer bewohnt, kann man sein Schiff schon mal für eine Nacht an eine der Bojen hängen, die da ausliegen.
Sonst empfiehlt der Segelführer nur noch den Hafen von Finíki. Doch was ist mit Makrýs Gialós, den Buchten von Amoopí oder jener, nur nach Süd hin offenen, hinter dem Kap Kastéllo? Auch an der exponierten Westküste böten sich einige an, wie jene im Schutz von Paléokastro oder dem schönen Lefkós. Es gäbe also noch viel zu erkunden auf dieser ersten der „vergessenen Inseln“.
Schlimmer hat es nur noch Kássos getroffen! Selbst mancher Reiseführer schreckt nicht davor zurück, die Insel als „Aschenputtel“ (nicht nur des Dodekanes, sondern gleich der ganzen Ägäis!) zu bezeichnen. Bei der Ansteuerung mag man das ja noch glauben. Doch schon in Frý wird man daran zu zweifeln beginnen und spätestens nachdem man durch den putzigen Fischerhafen gestreift ist, wird man seine Meinung ändern.
Ganz überzeugt wird man aber wohl erst sein, wenn man abends, zwischen all den Cafés und Kneipen im Hafenrund, seine Wahl getroffen hat. Danach könnte es schon sein, dass aus dem geplanten Zwischenstopp ein längerer Aufenthalt wird. Denn auch die Buchten im Süden von Kássos und im Lee des kleinen Armáthia haben etwas zu bieten, wovon viele träumen: Individualurlaub vom Feinsten auf einer von der Tourismuswelt (noch) vergessenen Aschenputtel-Insel!
Infos zum Segelrevier Dodekanes
Windverhältnisse im Dodekanes
Zwischen Juni und September kann man im gesamten Revier mit besten Segelbedingungen rechnen. Der Meltemi macht die oft sehr heißen Sommer erträglich.
Meltemi:
Der Sommerwind der Ägäis setzt am Vormittag ein, erreicht nachmittags mit fünf bis sieben seine größte Stärke und sollte sich mit der sinkenden Sonne verabschieden. Er kann aber auch (oft über eine Woche hinweg!) nachts durchblasen und tagsüber in Spitzen neun Beaufort erreichen. Das alles bei tiefblauem Himmel und praller Sonne. Besonders stark wehen kann der Meltemi in der Düse zwischen Léros/Kós und Astypálaia, aber auch an den Luvküsten von Kárpathos und Kássos. Im nördlichen Bereich weht er überwiegend aus Nordnordwest, im südlichen aus Nordwest. In der Straße von Rhodos hat er meist eine stark westliche Komponente.
Schirokko:
Er ist ein Wind der Vor- und Nachsaison, der alles auf den Kopf stellen kann, womit man in diesem Revier rechnet. Nicht selten erreicht er Sturmstärke und macht mit seiner Richtung aus Südost bis Südsüdost viele vertraute Ankerplätze unbrauchbar. Meist hat er dichte Bewölkung und nicht selten auch Regen mit im Gepäck. Wenn möglich, sollte man einen Schirokko in einem sicheren Hafen aussitzen.
Fronten:
Erreichen den Dodekanes meist erst spät im Jahr. Auffrischender Wind aus Südwest und ein fallendes Barometer kündigen die aus dem westlichen Mittelmeer heranziehenden Tiefs an. Bei Durchzug der Front dreht der Wind von Südwest über West auf Nordwest und frischt nicht selten auf Sturmstärke auf. Dabei kann es zu heftigen Gewittern mit sintflutartigen Regenschauern kommen. Gefährlich sind dabei die Böen, denn sie können Orkanstärke erreichen. Wie beim Schirokko sollte man solche Fronten, die von den Wetterberichten verlässlich angekündigt werden, möglichst in einem Hafen aussitzen.
Leuchtfeuer & Seezeichen
Das Revier ist gut betonnt und befeuert. Es gibt im Revier aber einige kleinere Häfen und Buchten mit problematischen Einfahrten, die man nachts nicht anlaufen sollte.
Gezeiten & Strom
Der Tidenhub ist im gesamten Revier gering, der Strom vernachlässigbar. Da er in manchen Passagen aber gegen den Meltemi steht, kann sich dort ein unangenehm steiler Seegang aufbauen.
Beste Reisezeit
Mai bis Oktober. Besonders in der Vorsaison hat dieses Revier einen ganz besonderen Reiz.
Sonstiges
Einreise: EU- und Schengen-Land. Sprache: Griechisch. Englisch wird überall gut verstanden. Kleidung: Leichte Kleidung im Sommer, Pullover in der Vor- und Nachsaison. Das Ölzeug sollte immer mit an Bord sein. Sicherheit: Griechenland gilt als eines der sichersten Reiseländer der Welt.
Literatur
Greek Waters Pilot; Rod Heikell, Verlag Imray
Griechenland 3; Gerd Radspieler u.a.; Verlag Delius Klasing
Charter
Das Charterangebot im Dodekanes konzentriert sich auf die Inseln Rhodos und Kos, beide sind in der Urlaubssaison gut mit Direktflügen erreichbar. Internationale Flottenbetreiber sind hier genauso aktiv wie kleinere griechische Familienbetriebe. Die Bandbreite an Yachten zwischen 30 und 60 Fuß Länge ist groß, Kielyachten sind genauso im Programm wie Katamarane. Über das große Angebot an Yachten für Selbstfahrer hinaus gibt es auch reichlich Möglichkeiten, ohne Segelerfahrung an Bord zu gehen. Auf Yachten mit Skipper (oder zusätzlich auch Hostess) kann man entweder das ganze Schiff mit seiner eigenen Crew besetzen oder nur eine einzelne Kabine buchen (Stichwort: Kabinencharter)
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Danke für den ausgezeichneten. Artikel!
Bei dem Hafen Mandraki auf Rhodos fehlt mir der Hinweis, dass man schon seit etlichen Jahren praktisch keine Chance hat dort hineinzukommen/einen Liegeplatz zu bekommen, weil die alle Plätze von den Charterfirmen sehr rabiat verteidigt werden. Bei jedem Versuch, doch anzulegen wird man äußerst unfreundlich verscheucht. Es bleibt also nur die Marina etwas weiter südlich auf der Ostseite, wenn man nicht frei ankern will.
Lieber Herr Althaus, vielen Dank für ihre Kommentare, aus denen ich schließe, dass Sie meinen Bericht sehr aufmerksam gelesen haben. Meine Charterfirma hatte in Mandraki eine Basis, daher habe ich von dem Liegeproblem nichts mitbekommen. Kastellorizo habe ich in bester Erinnerung. Auch meine Bilder belegen, dass alles tip-top war. Bei guten Verhältnissen ist Palon für eine erfahrene Crew sicher kein Problem. Wenn hingegen der Meltemi voll in die Einfahrt steht, würde ich niemand raten, die Marina anzulaufen. Schon gar nicht, wenn man als Charter-Crew unter Zeitdruck ist und schon am nächsten Tag wieder aus dem Hafen muss. Liebe Grüße! Christian… Mehr lesen »
Zu Kastellorizo: So wie hier beschrieben, haben wir den Hafen/die Insel früher ebenso gesehen: ein Traum! Umso enttäuschter waren wir über den Niedergang bei unserem letzten Besuch in 2019: teilweise völlig verkommene Hausfassaden und “unser” Wirt, der früher immer bestens gelaunt war, sagte, er habe absolut keine Lust mehr. Ich wüsste gerne, ob sich das inzwischen/so schnell wieder so zum Guten gewendet hat.
Zur Marina Palon auf Nisyros: Ja, die Einfahrt kann wegen Versandung tückisch sein bei 2 m Tiefgang und man kann auch nicht davon ausgehen, dass man nach einem Sturm genau auf dem Strich wieder rauskommt, wie man reingekommen ist, aber mit sehr vorsichtiger Navigation und evtl. Ausguck in das klare Wasser, ist uns der Hafen bisher nie zum „Gefängnis“ geworden. Nach einem einmaligen Liegen in Mandraki haben wir immer Palon vorgezogen. Es ist wirklich nett dort, man liegt sehr gut da (v.a. an der Außenmole, weil es innen vor den Restaurants zu Geruchsbelästigung kommen kann), kann bedenkenlos das Schiff den… Mehr lesen »
Ansonsten sind der Artikel und die Bilder wirklich informativ und gut.
Vielen Dank dafür!