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Jonathan besegelte zusammen mit seiner Frau Claudia von 2013 bis 2019 die Welt. Sie ließen 25.000 Seemeilen im Kielwasser und befuhren ganze drei Jahre lang ihr Traumrevier: den Pazifik. Neben der klassischen Barfußroute besuchten sie vor allem auch abgelegenere Ziele wie die Osterinsel, die Tuamotus, Kiribati, Tuvalu und die Marshallinseln. 2023 veröffentlichten sie das Buch über ihre Reise „Sieben Farben Blau“. Jonathan arbeitet als Journalist rund um das Thema Segeln und Reisen und ist Referent und Organisator verschiedener Seminare und Vorträge. Seit 2020 ist Jonathan Mitglied der BLAUWASSER.DE-Redaktion.
Die Gambier-Inseln bilden das südöstliche Tor Französisch-Polynesiens
Tief im Südpazifik liegen die Gambier-Inseln. Der 43 Inseln umfassende Archipel bildet die südöstliche Grenze Französisch-Polynesiens. Ab hier beginnt der dichter besiedelte Teil der Südsee. Und: Von hier aus ist es nicht mehr weit bis in die bunte Welt der Tuamotus oder zu den Gesellschaftsinseln.
Wenig Land dagegen gibt es im Osten der Gambier-Inseln, in Richtung Südamerika. Über 3.000 Seemeilen Pazifik liegen dazwischen, nur unterbrochen von den unbewohnten Inselchen Oeno, Ducie und Henderson, dem spärlich besiedelten Pitcairn und der 1.400 Seemeilen entfernt liegenden Osterinsel.
Mitte April verlassen wir die Osterinsel in Richtung Gambier-Inseln. Die Vorfreude ist groß, denn unsere Informationen über die Inselgruppe versprechen nach den offenen, oft rauen Ankerplätzen der Osterinsel die erste gut geschützte Südsee-Lagune! Namen wie Mangareva und Rikitea klingen nach Südsee pur und wir freuen uns auf glasklare Lagunen, betörende Ukulelen-Klänge und gechillte Paradies-Menschen mit Klischee-Blume im Haar.
Nach zwei wechselhaften Wochen auf See sichten wir im Morgengrauen die Berge der Inseln am Horizont. Die Strecke Osterinsel – Gambier liegt am südlichen Rand des Passatgürtels und die im Süden durchziehenden Wettersysteme beeinflussen das Wetter massiv. Beeindruckende dunkle Wolkenfronten haben wir durchfahren, mal Regen, mal Sonnenschein, Flauten und guten Wind erlebt. Wir peilen die Ile Kamaka an und erreichen die Lagune problemlos über den in den Karten eingezeichneten südöstlichen Pass.
Eigentlich ist die Durchfahrt kein richtiger Pass, denn im südlichen Teil der Inselgruppe liegt das Außenriff nahezu vollständig unter Wasser. Es scheint überall tief genug zu sein, aber über die Zuverlässigkeit von Seekarten im Südpazifik gehen die Meinungen massiv auseinander unter den Seglern. Wir sind uns nicht sicher, ob die Tiefenangaben der Karten stimmen, gehen auf Nummer sicher und tasten uns vorsichtig tiefer in die Lagune hinein.
Von der Einfahrt geht es noch einmal gut 15 Seemeilen durch die Lagune bis zur Insel Mangareva, auf der der Hauptort Rikitea liegt. Langsam und etwas nervös bahnen wir uns den Weg durch unsere erste Südsee-Lagune. Der in den Karten von Navionics vorgegebene Track scheint zu stimmen, die einzigen Hindernisse, die wir auf dem vorgegebenen Track entdecken, sind diverse Bojen der hiesigen Perlenzüchter.
Angekommen im Südseeparadies Französisch-Polynesien
Vor der Hauptinsel des Gambier-Archipels, Mangareva, geht es in einer scharfen Kurve durch eine recht enge Riffdurchfahrt und die ersten Korallenköpfe tauchen auf. Ab hier ist aber alles gut mit Seezeichen markiert. Wir schlängeln uns weiter zum Hauptankerplatz vor der Inselhauptstadt Rikitea und ankern in 15 Meter Wassertiefe über gut haltendem Sand.
Die Lagune vor Rikitea schillert in allen Blautönen, der Anker hält sofort, der Ankerplatz sieht perfekt geschützt aus und von Land weht uns ein frischer Duft von Zitrusfrüchten entgegen. So haben wir es uns vorgestellt, nach all den stürmischen Ankerplätzen vor der Osterinsel liegen wir endlich wieder ruhig und geschützt vor Anker.
Die Route auf die Gambier-Inseln ist eine lohnenswerte Alternative zur typischen Pazifiküberquerung auf die Marquesas
Zunächst sind wir überrascht, wie viele Yachten in Mangareva liegen, dachten wir doch immer, die Gambier-Inseln lägen weit abseits der üblichen Routen. Um uns herum liegen viele bekannte Crews, die wir schon auf der Osterinsel getroffen haben. Alle scheinen den ruhigen Ankerplatz und die paradiesisch anmutende Umgebung zu genießen und lassen sich Zeit.
Für Yachten, die von der Osterinsel oder um Südamerika herum in den Pazifik kommen, sind die Gambier-Inseln von der Route her der erste logische Stopp in Französisch-Polynesien. Es gibt aber auch Yachten, die direkt von den Galapagosinseln oder Panama kommend die Gambier-Inseln anlaufen und nicht, wie sonst bei einer Pazifiküberquerung üblich, die Marquesas. Für sie zählen vor allem das Abenteuer und die Entdeckungen dieser wenig befahrenen Segelroute.
Hinzu kommt, dass das Risiko eines Zyklons in den Gambier-Inseln nur sehr gering ist. Vor allem in den Jahren, in denen das Wetterphänomen El Nino nicht auftritt, ist das Wirbelsturmrisiko in der Region nahezu gleich Null. Einige Yachten laufen daher die Gambier-Inseln bereits in der Sturmsaison an, um in der tropensturmfreien Zeit keine Zeit mit der langen Überfahrt zu verlieren und mehr Zeit für weiter westlich liegende Ziele im Pazifik zu gewinnen.
Am Ankerplatz treffen wir auch Crews, die die gesamte Sturmsaison im verhältnismäßig sicheren Gambier-Archipel verbracht haben, um nun eine weitere Saison im nordwestlicheren Teil der paradiesischen Inselwelt Französisch-Polynesiens zu verbringen.
Für Europäer ist es einfach, in Französisch-Polynesien einzuklarieren
Der Vorteil für Europäer: Mit einem europäischen Pass kann man sich problemlos in Französisch-Polynesien aufhalten! Der Aufenthalt ist unbegrenzt, lediglich das Boot muss nach zwei Jahren in das Land eingeführt und verzollt werden. Dementsprechend entspannt ist auch der Einklarierungsprozess für uns. Vor dem Einklarieren ist eine Online-Anmeldung erforderlich, das entsprechende Formular ist hier zu finden.
Achtung: Die oben beschriebenen Regelungen gelten für Personen mit einem Pass der Europäischen Union und nicht des Schengen-Raums. So sind beispielsweise Schweizer und Norweger visumpflichtig.
Segelfreunde vor Ort informieren uns, dass unser Einreisetag ein Feiertag ist und danach Wochenende ist. Erst am Montag kann wieder einklariert werden. Besorgt fragen wir uns, ob wir denn nun an Bord bleiben müssen und uns nach zwei Wochen auf See immer noch nicht die Beine vertreten dürfen. Doch kein Problem, uns wird versichert, dass es niemanden interessiert, wann einklariert wird, Hauptsache, man tut es irgendwann. Willkommen in Französisch-Polynesien!
Gestärkt durch ein frisches original französisches Baguette machen wir uns am Montag auf den Weg zur örtlichen Polizeistation der Gendarmerie. Freundlich werden wir von zwei Polynesiern in französischen Uniformen begrüßt und als wir ein „Iorana“, also ein „Hallo“ im polynesischen Dialekt der Osterinsel, fallen lassen, ist das Eis vollends gebrochen. Trotz 1.400 Seemeilen Entfernung scheint der Dialekt hier ähnlich zu sein. Fröhlich tauschen wir unsere zugegebenermaßen spärlichen Vokabeln aus und der überschaubare Papierkram erledigt sich wie von selbst.
Wir müssen unsere Pässe und Schiffspapiere vorzeigen und ein Zolldokument ausfüllen, das wir dann selbst zur Post bringen müssen, von wo es nach Tahiti geschickt wird. In Papeete, der Hauptstadt von Tahiti, angekommen, muss man sich dann wieder vor Ort beim Zoll melden. Erst dann ist der Einklarierungsprozess abgeschlossen. Sollte es vorher beispielsweise auf den Tuamotus zu einer Kontrolle kommen, genügt es, die Kopie des Zolldokumentes vorzuzeigen. Als Gebühr fällt nur die Briefmarke für den Brief nach Tahiti an. Die Post ist auch der Ort, wo Geld gewechselt werden kann. Hinzu kommt noch eine kleine Gebühr für die Müllentsorgung, die im Rathaus (Mairi) zu entrichten ist.
Unterwegs auf der Insel Mangareva
Nun, da wir offiziell in das Land eingereist sind, heißt es für uns erst einmal, Rikitea zu erkunden. Der Ort ist recht überschaubar, neben den offiziellen Gebäuden gibt es eine Bäckerei und verschiedene Minimärkte, in denen jedoch nicht viel zu bekommen ist. Das Angebot besteht größtenteils aus Konserven, Milchpulver, Crackern, Tiefkühlware, Butter und ein wenig Käse. Frisch gibt es nur Kartoffeln, Knoblauch und Zwiebeln. Kommt ein Versorgungsschiff, soll es mehr Auswahl geben, während unserer Zeit kam aber keines an. Das verwundert nicht, nimmt es den weiten Weg doch nur ein paar Mal im Jahr auf sich.
Wer auf frisches Obst und Gemüse nicht verzichten will, sollte sich an die Einheimischen wenden. Viele verschenken oder tauschen gerne die Produkte aus ihren Gärten. Die besonders leckeren Pomelos wachsen fast überall, auch Bananen, Brotfrüchte und Papayas sind allgegenwärtig. Mit etwas Glück konnten wir sogar Tomaten, Radieschen und Auberginen ergattern. Je nach Jahreszeit findet man auch wilde Kürbisse oder Beeren. Eier gibt es in der örtlichen Hühnerfarm.
Auch auswärts Essen ist in Rikitea möglich, am Wochenende öffnet an der Wasserseite eine kleine Pizzeria und etwas weiter die Straße hinauf gibt es eine kleine Auswahl an Mittagsgerichten bei „Jojos“. Die Restaurant-Bar ist auch der Ort, wo es Internet gibt, dementsprechend tummelt sich hier tagsüber die Seglergemeinde. Ansonsten ist ein Internet-Zugang in den Gambier-Inseln eher selten zu finden.
In Rikitea befindet sich auch ein fast schon legendärer Stützpunkt des Hochseesegler Vereins Trans-Ocean. Meist schallt laute Schlagermusik aus dem Haus heraus, die erst einmal übertönt werden muss, um Fritz, den Stützpunktleiter, zu begrüßen. Er freut sich über jeden Besuch und seine Wände zieren etliche Flaggen aus aller Welt, die ihm die Segler mit Widmungen geschenkt haben. Auch sein Gästebuch ist ein dicker Schmöker, in dem wir viele Bekannte und auch einige weltberühmte Segler entdecken. Er ist immer für ein Bierchen zu haben und bietet gegen ein kleines Entgelt auch die Benutzung seiner Waschmaschine an.
Wer sich mal wieder richtig die Beine vertreten möchte, findet in Mangareva verschiedene, teilweise gut markierte Wanderpfade. Es gibt zwei Rundwege und sowohl der Mount Duff als auch der Berg Makoto können erwandert werden. Es lohnt sich, denn die Natur der Gambier-Inseln ist etwas Besonderes. Tropische Vegetation wechselt sich mit Pinienwäldern und bizarren Felsformationen ab und immer wieder öffnet sich der Blick auf die in allen Blautönen schimmernde Lagune und die vorgelagerten Inseln.
Weitere Informationen zu Ankerplätzen auf den Gambier-Inseln
Ankerplatz Rikitea
Der Ankerplatz ist gut markiert und gut geschützt. Er bietet ausreichend Platz für mehr als 30 Boote. Spannend wird es, wenn eine Front mit Winddrehern durchzieht und den Ankerplatz durcheinanderwirbelt. Daher am besten beim Ankern auf genügend Abstand achten und sich informieren, wie viel Kette der Nachbar gesteckt hat! Die meisten Boote sind Standby auf UKW-Seefunk-Kanal 16 und/oder 77.
In Rikitea gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit dem Dingi anzulanden. Es gibt eine Betonpier zum Festmachen an einem Ende des Ankerplatzes und am anderen Ende bei der Pier des Versorgungsschiffs einen Schwimmponton. In der Mitte kann auch einfach am Strand angelandet werden.
Ankerplatz Taravai
Die Nachbarinsel von Mangareva, Taravai, ist bei den Seglern sehr beliebt. Es gibt verschiedene wunderschöne Ankerbuchten. Auch hier sind die Karten oft ungenau oder eine Vermessung gar nicht erst vorhanden. Dann bleibt nur die Augapfelnavigation und/oder Tracks von anderen Seglern als Anhaltspunkt.
Ankerplatz Motu Puaumu
Schöner Ankerplatz vor den palmenbewachsenen Inselchen (Motus) im Norden des Archipels. Das Gebiet ist kaum kartographiert und der Ankerplatz voller Korallenköpfe. Gute Sicht und ein Ausguck am Bug sind daher wichtig! Am besten besorgt man sich den GPS-Track eines Seglers, der schon dort war.
Ankerplatz Totogegie
Auch bekannt als „Airport Island“, da sich auf dem Eiland der lokale Flughafen befindet. Er liegt auf der Ostseite der Inselgruppe. Ankern kann man beispielsweise vor dem kleinen Hafen des Flughafens. Wer Flughafenlärm befürchtet, braucht keine Angst zu haben, es landen nur ein bis zwei Flugzeuge pro Woche. Beliebt ist die Insel vor allem wegen ihrer guten Schnorchelmöglichkeiten. Unter anderem gibt es einen kleinen Durchgang zum Außenriff, durch den man bei Hochwasser schnorcheln kann.
Weitere Informationen zum Segeln im Gambier-Archipel
Das Wetter auf den Gambier-Inseln
Die Gambier-Inseln liegen am Rande des südlichen Passatgürtels. Die weiter südlich durchziehenden Wettersysteme können mit Winddrehern und Fronten das Wetter im Archipel beeinflussen. Die Fronten sind oft durch Squalls und Regen gekennzeichnet. Im Südhalbkugel-Winter (Juni bis September) steigt die Häufigkeit der durchziehenden Wettersysteme und die Regentage nehmen zu. Dann ist es auch deutlich kühler als in der übrigen Zeit des Jahres.
Trotz der tropischen Lage kann die Lufttemperatur im Gambier-Archipel unter die 20-Grad-Celsius-Marke fallen. Bei starkem Südwind wird es empfindlich kalt, da der Wind antarktische Kaltluft nach Norden bringt. Auch die Wassertemperaturen sinken im Winter um einige Grad, was das Schnorcheln und Schwimmen unangenehm macht. Die bessere Reisezeit ist daher eigentlich der südliche Sommer, aber dann ist auch Zyklon-Saison. Die Gambier-Inseln gelten zwar offiziell nicht als zyklonfrei, aber das Risiko ist sehr gering. Viele Yachten besuchen die Inseln daher kurz vor oder nach dem Winter oder bleiben gleich die ganze Zyklonsaison.
Revierführer für die Gambier-Inseln
Die gängigen Revierführer für den Pazifik sind „South Pacific Anchorages“ und „Charlies Charts of Polynesia“. Die Informationen zu den Gambier-Inseln sind dort allerdings ziemlich spärlich. Als sehr zuverlässig hat sich für uns das kostenlose „Gambier- und Austral-Insel-Compendium“ (englisch) erwiesen, das hier heruntergeladen werden kann.
Kraftstoffbezug innerhalb der Gambier-Inseln
Diesel und Benzin sind in kleinen Mengen in den Minimärkten erhältlich. Wer größere Mengen benötigt, muss auf das Versorgungsschiff warten. Die Mindestabnahmemenge ist ein 200-Liter-Fass.
Gasflaschen füllen auf den Gambier-Inseln
Gasflaschen (Propan) sind erhältlich, die Anschlüsse aber nicht unbedingt kompatibel. Die Alternativen sind Umfüllen oder der Einsatz von Adaptern.
Wasser bunkern auf den Gambier-Inseln
Um Wasser zu bunkern, muss im Rathaus ein Wasserticket gekauft werden. Danach kann Wasser an der Pier getankt werden. Wir haben es nicht benötigt, uns wurde aber berichtet, das Wasser habe Trinkwasserqualität.
Perlenfarmen innerhalb der Gambier-Inseln
Französisch-Polynesien und vor allem die Gambier-Inseln sind berühmt für ihre schwarzen Perlen. Auf den Gambier-Inseln gibt es mehrere Perlenfarmen. Einige bieten Führungen an, bei denen sie ihre Arbeitsweise vorstellen und erklären. Dort kann man auch Perlen kaufen.
Fischen/angeln innerhalb der Gambier-Inseln
Die Gambier-Inseln haben ein großes Problem mit Ciguatera, jenem Gift, das sich in Fischen anreichert und beim Menschen schwere Gesundheitsschäden verursachen kann. Nicht alle Fische sind betroffen, aber es ist besser, die Finger davon zu lassen und sie nur beim Schnorcheln zu beobachten.
Fazit
Auf der typischen Barfußroute liegen die Gambier-Inseln nicht auf dem Weg, es sei denn, man wählt statt des Panamakanals die Route um Südamerika herum. Dennoch wird die Route von Panama zur Osterinsel und weiter zu den Gambier-Inseln immer häufiger gewählt. Nicht zuletzt auch, weil der Gambier-Archipel einen relativ tropensturmsicheren Zwischenstopp auf den langen Überfahrten über den Pazifik bietet. Außerdem besteht die Möglichkeit, vor der eigentlichen Saison schon in Französisch-Polynesien einzulaufen. So bleibt mehr Zeit, die weiteren paradiesischen Ziele Polynesiens zu erkunden. Eine Reise wert sind die Gambier-Inseln immer!