Revierinformation: Segeln im Ebro-Delta (Terres de l’Ebre, Katalonien)

Ein Beitrag von

Michael Amme

Michael ist seit über 20 Jahren als Journalist und Fotograf auf dem Wasser tätig. Der studierte Geograf hat weltweit Reisereportagen in mehr als 100 Charter- und Blauwasserrevieren produziert. Zudem haben den Hamburger viele Segelreisen und seine frühere Tätigkeit als Charter- und Überführungsskipper rund um den Globus geführt. Zusammen mit Sönke Roever ist er die treibende Kraft von BLAUWASSER.DE und ein beliebter Referent auf Bootsmessen und diversen Seminaren (siehe Termine).

Der Überblick

Ein Segelrevier mit dem Namen Ebro-Delta? Nie gehört? Die Namen der beiden angrenzenden Küstenabschnitte aber dürften einigen Seglerinnen und Seglern bekannt sein: Costa Daurada und Costa de Azahar. Doch wie genau sieht es an dieser Küste aus? Kann man an diesem Abschnitt der spanischen Mittelmeerküste tatsächlich Segeln gehen und einen unbeschwerten Bummeltörn erleben? Und was genau erwartet einen im Delta selbst und was gibt es darüber hinaus zu entdecken? Kurz: Lohnt es sich, die Küste auf einem Törn mit der Yacht zu besuchen? Alles Fragen, die in diesem Artikel beantwortet werden sollen.

Schwache Winde und schöne Kulisse: entspanntes Segeln rund um das Ebro-Delta. ©Sant Carles de la Ràpita Tourism Board

Das Ebro-Delta liegt ziemlich genau mittig zwischen Barcelona (90 Seemeilen entfernt) und Valencia (80 Seemeilen entfernt). Und fast querab, etwa 100 Seemeilen entfernt, liegen die Inseln der Balearen.

Und ja, tatsächlich finden sich entlang der umliegenden Küste überall einheimische Häfen, moderne Marinas und gute Ankermöglichkeiten. Neben den beiden Metropolen Valencia und Barcelona ist der Hafen von Sant Carles de la Ràpita direkt am Biosphärenreservat Ebro-Delta mit seinen 1.400 Liegeplätzen so etwas wie das Wassersportzentrum der Region. Das Delta selbst ist dabei genauso ein Highlight dieser Küste wie einige der umliegenden Küstenstädte. Und wie die nahe Inselgruppe Islas Columbretes, aber dazu später mehr.

Schon wegen der spektakulären Islas Columbretes lohnt ein Besuch dieser Küste. ©Delta Ebre Port

Das Ebro-Delta selbst ist eine riesige und flache Landebene, die sich kilometerweit vor der Küste ins dunkle Blau des Mittelmeers ausbreitet. Der zweitgrößte Fluss Spaniens mündet hier und hat mit seinen Sedimenten Lagunen, Nehrungen und lange Sandhaken geschaffen.

Kilometerlang erstreckt sich der Sandhaken in das dunkle Blau des Mittelmeers. ©Carlos Cabrera

Das Delta trumpft mit Ankermöglichkeiten und Hafenliegeplätzen, mit Fischerei, Austern- und Muschelbänken, dazu mit fruchtbarem Schwammland für den Reisanbau. Das grüne Wasser des zweitgrößten Flusses Spaniens trifft hier auf das Dunkelblau des Mittelmeers – ein faszinierendes Naturspektakel.

Das Schwemmland des Ebro-Deltas ist die Reiskammer Spaniens. ©Mariano Cebolla

Der Törn und die Etappen

Wer die knapp 200 Seemeilen lange Küste zwischen Barcelona und Valencia mit dem eigenen Boot oder der Charteryacht bereist, wird schnell feststellen, dass die spanische Mittelmeerküste viel mehr zu bieten hat, als gemeinhin angenommen wird.

Außerhalb des Ebro-Deltas sind die Küsten frei von Untiefen. ©Sant Carles de la Ràpita Tourism Board

Zunächst einmal gibt es auf der gesamten Strecke ein dichtes Netz an Häfen. Grob gesagt, findet sich etwa alle zehn Seemeilen ein neuer Hafen. Auf dem Weg Richtung Barcelona ist das Hafennetz dabei sogar noch etwas dichter. Viele der Häfen sind moderne Marinas, andere haben darüber hinaus auch große Berufs- und Fischereihäfen, wieder andere sind kleine Fischerhäfen mit nur wenig Infrastruktur für Yachten, die meisten davon sind öffentliche Häfen (Ports of the Generalitat de Catalunya).

Die Marina Sant Carles de la Ràpita ist das Wassersportzentrum am Ebro-Delta. ©Sant Carles Marina

Damit ist an dieser Küste eines schon mal klar: Gewaltetappen muss hier niemand unternehmen. Zumal es immer wieder auch Ankermöglichkeiten gibt, aber auch dazu später mehr. Die längste Etappe mit gut 30 Seemeilen ist dabei die Umrundung des flachen und weit ins Meer ragenden Ebro-Deltas selbst.

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Unterwegs – der Erlebnisfaktor

Ein mediterraner Bummeltörn ist hier also genauso möglich wie in vielen anderen Mittelmeerrevieren auch. Dazu ist die Abwechslung groß, denn das Revier hat mit dem Ebro-Delta, den Küstenabschnitten, der Inselgruppe der Columbretes und den Metropolen Valencia und Barcelona vier völlig verschiedene Charaktere.

In Barcelona gibt es Liegeplätze direkt im Zentrum der Stadt. ©Michael Amme

Dabei ist das Biosphärenreservat Ebro-Delta eines der größten Feuchtgebiete im Mittelmeerraum. Die seit 1983 als Naturpark ausgewiesene Region ist nicht nur eine Schutzzone für viele Vögel und Pflanzen, sie ist auch ein Urlaubsgebiet für Wanderer, Fahrradfahrer und Wassersportler. Hinter dem kilometerlangen Sandhaken gibt es tolle Ankerplätze in absolut einsamer Natur, wer möchte, kann das Delta aber auch von einem der nahen Häfen aus besuchen. Absolut einzigartig ist die Möglichkeit, vom Ankerplatz aus mit dem Beiboot an einer der bewirtschafteten Zuchtanlagen festmachen zu können. Hier kann man dann mit Blick auf die eigene Yacht erntefrische Muscheln und Austern genießen.

An manchen Fischzuchtanlagen ist festmachen, essen und trinken möglich. ©Sant Carles de la Ràpita tourism board

Die Törnziele – Häfen und Ankerbuchten

Zwischen Barcelona und Valencia gibt es etwa 30 Häfen und Marinas, die fast alle mit einer großen Kielyacht besucht werden können. Rund um das Ebro-Delta, auf einer Länge von etwa 60 Seemeilen, liegen bereits zehn davon. Darunter gut ausgestattete Häfen wie L’Ampolla oder L’Ametila de Mar, die auch durch ihre lebendigen, mediterranen und einheimischen Ortschaften bestechen.
Andere, wie Alcossebre, sind eher Touristenorte, die nur im Sommer richtig belebt sind. Wieder andere, wie zum Beispiel die Marina Sant Jordi, sind kleine moderne Yachthäfen in sehr ruhiger Lage.

Gut geschützt duckt sich die kleine Marina Sant Jordi in eine Naturbucht. ©Delta Ebre Port

Ein Muss ist auch Peniscola mit ihrer herrlichen Altstadt, auch wenn der Hafen alleine den Fischern gehört. Der Ankerplatz davor aber ist gut durch die Hafenmole geschützt und die kreisrunde Ortschaft mit ihren Gassen absolut sehenswert. Dazu ziehen die Strände des Ortes weiteren Tourismus an.

Auch ohne einen Platz im Hafen ist Peniscola unbedingt einen Besuch wert. ©Delta Ebre Port

Natürlich sind auch die Metropolen Highlights des Reviers. In Barcelona liegt man mitten im Zentrum – die berühmte Flaniermeile La Rambla beginnt quasi am Liegeplatz. Und Valencia, einst Austragungsort vom Segelgroßereignis America‘s Cup, hat mehr als genug zu entdecken: die Kathedrale, die alte Stierkampfarena und natürlich die für den America’s Cup gebauten neuen Hafenanlagen.

Segelyachten im Hafen von Valencia. ©dudlajzov/stock.adobe.com

Das größte Wassersportzentrum abseits der Metropolen liegt direkt in der etwa fünf mal zwei Seemeilen großen südlichen Lagune des Ebro-Deltas. In der Hafenstadt Sant Carles de La Ràpita gibt es eine große Marina mit Schwimmbad, dazu weitere Hafenanlagen für die Fischerei und die Schiffe der vielen Muschel- und Austernzuchtanlagen.

Das Zentrum des Wassersports am Ebro-Delta ist La Ràpita. ©Sant Carles Marina

Dass die Lagune auch gute Ankermöglichkeiten hat, wurde ja bereits erwähnt. Wie aber sieht es entlang der Festlandsküste mit Buchten aus? Auch wenn die Küste an den meisten Stellen nicht wirklich stark zergliedert ist, bieten sich dennoch fast überall Ankermöglichkeiten. Man kann vor einem Badestrand mit Restaurant wie in Playa Perales stoppen oder vor ganz einsamer Küstenlandschaft wie vor der Insel L’lllot. Oder am Cap Salou, auf halbem Weg Richtung Barcelona. Hier hält die zerklüftete Küste gleich ein halbes Dutzend Ankerplätze bereit. Auch auf dem Weg Richtung Valencia kann man seine Tagesetappe jederzeit mit einem Ankerstopp unterbrechen, egal ob vor einer Touristensiedlung, einem Strand oder einer felsigen Küstenkulisse. Oder an einem der vier Muringfelder im Naturpark Serra d’Irta.

Muringbojen vor einsamer Küstenlandschaft bieten im Naturpark Serra d’Irta tolle Liegeplätze. ©Delta Ebre Port

Ja, die Qualität, Dichte und der Schutz der Ankerbuchten mag hier nicht ganz so gut sein wie in anderen Destinationen des Mittelmeers. Dafür fehlen der Küste einfach in weiten Teilen die tiefen Einschnitte, die vorgelagerten Inseln und die zerklüfteten Felsformationen. Ankern, Sonnen und Baden ist hier aber trotzdem jederzeit möglich. Gerade im Sommer, wenn ausgeprägte Schwachwindphasen keine besonders geschützten Ankerbuchten erfordern.

Überall im Revier finden sich hübsche Küstenabschnitte. ©Sant Carles de la Ràpita Tourism Board

Ankerstopp der Superlative: die Inselgruppe Islas Columbretes

Die kleine Inselgruppe liegt etwa 30 Seemeilen vor der Festlandsküste. Sie ist ein Naturpark und ein Meeresschutzgebiet, die Vulkaninseln dürfen von Yachten aber besucht werden. Allerdings darf nur die Insel L’IIIa Grossa betreten werden, und das auch nur im Rahmen einer Führung – aber der Reihe nach.

Die Insel L’IIIa mit ihrem sensationellen Naturhafen Puerto Tofino. ©Delta Ebre Port

Die hufeisenförmige Insel mit nur einer Öffnung im Osten hat einen Durchmesser von einer halben Seemeile. Im Inneren, in der Hauptbucht Puerto Tofino, gibt es zehn kostenlose Muringbojen. Die Insel darf ohne Genehmigung angesteuert werden, reservieren aber ist nicht möglich. Doch das Handbuch schreibt, dass hier immer etwas frei ist und dass zur Not auch mal zwei Schiffe an einer Muringboje festmachen können. Sollte bei starkem Ostwind die Bucht unbrauchbar werden, stehen auf der exponierten Westseite ebenfalls drei Muringbojen zur Verfügung.

Ankern ist auf den Islas Columbretes verboten. ©Delta Ebre Port

Die Insel selbst darf nur nach vorheriger Anmeldung über UKW-Kanal 09 besucht werden. Es werden zu festen Zeiten gemeinsame Führungen mit anderen Besuchern angeboten, wobei die Besucherzahl über einen ganzen Tag hinweg auf 78 Personen beschränkt ist (nur im Juli und August dürfen es auch mal mehr sein).

Die Wege dürfen bei dem Besuch auf der Insel nicht verlassen werden. ©Delta Ebre Port

Was es hier zu sehen gibt? Die abgeschiedene Lage und das Schutzgebiet haben zur Entstehung neuer und einzigartiger Pflanzenarten wie dem Zitronengelben Baumklee oder dem Strand-Silberkraut beigetragen. Dazu hat der Eleonorenfalke hier sein Zuhause und unter Wasser die Rote Koralle, Barrakudas und Langusten. Damit ist die Insel auch ein Top-Tauchspot, dafür allerdings muss im Vorfeld eine Genehmigung eingeholt werden.

Jeden Tag kommen auch Tauchboote vom Festland zu den Islas Columbretes. ©Delta Ebre Port

Die anderen Miniinseln und Felsen dürfen nicht betreten werden. Trotzdem gibt es auf den Inseln Foradada und Ferrera insgesamt drei Muringbojen, an denen tagsüber festgemacht werden darf.

Nautische Begebenheiten – die Herausforderung

Das Segeln entlang der Küste birgt keine besonderen Herausforderungen. Es gibt kaum vorgelagerte Inseln und Untiefen und die 20-Meter-Tiefenlinie beginnt etwa eine Seemeile vor der Küste. Nur rund um das Ebro-Delta wird es durch den vielen Sedimenteintrag bereits deutlich eher flach. Und im Inneren der Lagune des Ebro-Deltas und in den Zufahrten ist Vorsicht geboten: Die Wassertiefen sind sehr veränderlich und können zum Teil sprunghaft ansteigen. Auch müssen die vielen Zuchtanlagen für Muscheln und Austern beachtet werden.

Vom Festland aus erstreckt sich das Flachland des Ebro-Deltas zehn Seemeilen weit ins Mittelmeer. ©Carlos Cabrera

Ein leichter, kaum merkbarer Strom setzt Richtung Süden, der sich je nach Windrichtung verstärken oder auch aufheben kann. Gezeiten sind, wie üblich im Mittelmeer, kaum der Rede wert: Viel mehr als 25 Zentimeter Unterschied gibt es hier nicht.

Die Flachwasserzonen des Flussdeltas bieten Lebensraum für Flamingos. ©Manolo Pons

Und weil es in den Sommermonaten nur sehr selten zu Starkwind kommt, ist auch die etwas exponierte Küstenlage ohne schützende Inseln, Kaps, Fjorde oder Landzungen kaum ein Problem. Nur bei starkem Ostwind (Levante) ist Vorsicht geboten.

Die Häfen der Küste, wie hier Benicarló, sind auch bei Ost- oder Südwind gut geschützt. ©Delta Ebre Port

Gut zu Wissen – weitere Infos

Wetter

Das Ebro-Delta gilt als Wetterscheide, nördlich davon gibt es überdurchschnittlich viel Nordwind, südlich davon Südwind. Starker Mistral im Golf von Lyon kann an dieser Küste als Nordwestwind auftreten. Wirklich problematisch für das Ansteuern von Häfen oder das Übernachten in Buchten ist starker Ostwind (Levante). In den Sommermonaten aber bleibt es meist schwachwindig.

Ruhige See und wenig Wind sind typisch für den Sommer. ©Sant Carles de la Ràpita Tourism Board

Anreise

Die großen Flughäfen von Barcelona oder Valencia sind etwa zwei Autostunden vom Ebro-Delta entfernt. Etwas näher liegt der Flughafen von Reus bei Tarragona. Mit dem Auto zum Ebro-Delta sind es von Köln oder München etwa 1.500 Kilometer, von Hamburg aus sind es 2.000 Kilometer.

Sonstiges

Die vielen Fisch-, Muschel- und Austernzuchtanlagen sind mit gelben Leuchttonnen markiert. Fischerboote mit Netzfischerei sind in Küstennähe meist nur tagsüber unterwegs.

Neues Revier – neue Sitten: Muschelzuchtanlage voraus. ©Sant Carles de la Ràpita Tourism Board

Literatur und Seekarten

  • Übersegler M13, Denia to Barcelona, Verlag Imray
  • NV. Atlas Spain, Cabo San Antonio to Cabo Creus, NV-Verlag
  • Revierführer Portbook Terres de l’Erbe, kostenloser Download hier

Noch mehr Infos

Alles zum Ebro-Delta gibt es hier: www.deltaebreport.com

Charter

Das größte Charterangebot an Segel- und Motoryachten gibt es in Barcelona. Weitere Angebote näher am Ebro-Delta gibt es in Cambris und im Hafen von Sant Carles de la Ràpita, dem Wassersportzentrum der Region direkt im Deltabereich.

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Portbook Terres de l‘Ebre (Ebro Delta)

In seinem Revierführer „Portbook Terres de l`Ebre“ konzentriert sich Autor Martin Muth auf das Ebro-Delta, ein nur bei wenigen deutschen Seglern bekanntes Revier an der spanischen Mittelmeerküste. Das Buch gibt Einblicke in die Häfen und Buchten und verrät nautische Tipps rund um das Flussdelta.
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Lutz Anton
Lutz Anton
4 Jahren her

Wir hatten von 2001 bis 2006 eine Finca in Galig, das ist ca. 8 Kilometer landeinwärts von Benicarlo.
Daher kennen wir die Küste und die Costa Azahar sehr gut, lieben Peniscola und die noch ziemlich ürsprüngliche und grüne Natur.
Von allen Küsten des spanischen Festlands, würden wir (auch zum Segeln) immer wieder die Costa Azahar wählen.

RoM
RoM
9 Monaten her

Wo kann ich am bessten ankern wenn ich den Cup besuchen möchte?