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Michael ist seit über 20 Jahren als Journalist und Fotograf auf dem Wasser tätig. Der studierte Geograf hat weltweit Reisereportagen in mehr als 100 Charter- und Blauwasserrevieren produziert. Zudem haben den Hamburger viele Segelreisen und seine frühere Tätigkeit als Charter- und Überführungsskipper rund um den Globus geführt. Zusammen mit Sönke Roever ist er die treibende Kraft von BLAUWASSER.DE und ein beliebter Referent auf Bootsmessen und diversen Seminaren (siehe Termine).
Die Riviera di Levante besticht mit einer Metropole, pittoresken Dörfern, einem Weltkulturerbe und ganz viel blauem Meer
Könnte BONNIE nicht nur segeln, sondern auch sprechen, hätte sie bestimmt viel zu erzählen. Sie würde von ihrer Heimat schwärmen, von den vielen hübschen Küstenorten mit den bunten Häusern und winzigen Häfen. Ehrfurchtsvoll würde sie von den wilden, einige hundert Meter hohen Gebirgszügen erzählen, die steil ins Meer stürzen. Sie würde von Menschen berichten, die viele Masthöhen über ihr auf terrassierten Hängen liebevoll ihre Weinreben pflegen. Von den Walen und Delfinen, mit denen sie sich das dunkelblaue Meer teilt. Und sie würde auch mal schmunzeln, zum Beispiel über das alte Fischerdorf, in dem kein Fisch mehr verkauft wird, sondern nur noch Haute Couture.
BONNIE‘s Heimatrevier – das ist Ligurien, eine Gegend, in der die Sommermonate heiß und windarm sind und die Häfen meist rappelvoll, weil Yachten groß wie Fähren jeden Winkel zuparken. Und in der sich Besucher durch verstopfte Gassen schieben und auf überfüllten Wanderwegen pilgern. Könnte BONNIE sprechen, würde sie wohl sagen: Kommt in der Nebensaison. Dann ist es hier angenehm warm und dazu ruhig und erholsam, dann kann ich euch zu den Perlen meiner ligurischen Heimat bringen.
Camogli ist einer der zauberhaften, aber unbekannten Reviervertreter
Etwa nach Camogli, zu diesem postkartenschönen Ort nur zehn Seemeilen von BONNIE’s Heimathafen Genua entfernt. Pittoreske alte Fassaden recken sich bis zu sieben Stockwerke in den Himmel, gestrichen in hellen Gelb- und Rottönen, fast alle mit grün lackierten Fensterläden. Zu Beginn der Saison sind die wenigen Liegeplätze für Besucheryachten entlang der Außenmole noch frei, BONNIE kann sogar längsseits liegen. Früh am Morgen treffen sich die Einheimischen in der Hafenbar zum typisch italienischen Frühstück, im Stehen schlürft man einen schnellen Espresso, dazu gibt es Cornetti, mit Marmelade oder Vanillecreme gefüllte Hörnchen. Und in Sichtweite landen die Fischer mit ihrem Fang an. Viva l'Italia.
Ligurien – kein anderes Revier im westlichen Mittelmeer ist von Deutschland aus so nah und gut zu erreichen. Von München aus sind es 700 Kilometer bis in die pulsierende Metropole Genua, in der man auch Charteryachten für einen Urlaubstörn mieten kann. Von hier aus erstreckt sich Richtung Westen die Riviera di Ponente mit Orten wie San Remo und Bordighera und dahinter die französische Côte d’Azur. Für einen Kurztrip oder eine entspannte Wochenreise bietet sich auch der Osten an, die Riviera di Levante. Hier reiht sich auf den 50 Seemeilen bis zum Golf von La Spezia ein Highlight ans andere: das erwähnte Hafenörtchen Camogli, der Nobelort Portofino, berühmte Seebäder wie Rapallo oder Sestri Levante mit ihren feinen Sandstränden. Und nicht zu vergessen: die als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnete Cinque-Terre-Küste, fünf am Felsen klebende Fischerdörfer. Aber dazu später.
„Diese Reise an die Riviera di Levante ist kein Törn für Meilenfresser”, weiß der Mitarbeiter der Charterfirma. Die Klosterbucht San Fruttuoso liegt nur vier Seemeilen von Camogli entfernt, „ist aber magnifico“, wie er meint, einfach wunderbar. In dieser weit nach Süden offenen Bucht erhebt sich direkt hinter dem Strand das vor über 1000 Jahren gegründete Benediktinerkloster, eine Pilgerstätte für Tagestouristen. Nur die wenigsten machen sich die Mühe, die von der Außenwelt abgeschlossene Bucht über den wunderschönen Wanderweg mit seinen grandiosen Ausblicken zu erreichen. Die meisten lassen sich von Portofino oder Rapallo aus mit dem Ausflugsdampfer hierher schippern.
In der Klosterbucht San Fruttuoso ist der Zugang reglementiert
Die Bucht ist Teil eines weiträumigen maritimen Naturschutzgebietes, das in die Zonen A, B und C aufgeteilt ist, für jede gelten eigene Befahrensregeln. Ein weiteres Schutzgebiet liegt vor der Cinque-Terre-Küste. Die strikten Fahrverbotsgebiete der Zone A sind zum Glück nur klein, in den Zonen B und C darf gesegelt werden. Und in der zauberhaften Bucht San Fruttuoso mit seinem Kiesstrand und dem glasklaren Wasser darf nur an den ausgelegten Murings festgemacht werden.
Auf dem Weg zum vermeintlichen Höhepunkt der Reise, der Cinque Terre, kann BONNIE endlich Segel setzten und 24 Seemeilen durch tiefes, dunkelblaues Meer gleiten – bis nach Monterosso al Mare. Immer entlang der mal steilen, mal flach ins Meer abfallenden Ausläufer des Apennin-Gebirges, dem dieses Revier auch sein besonderes Klima verdankt. Abgeschottet von den großen Ebenen dahinter ist es hier wärmer als im Rest der Region, der Wind ist mit meist drei bis vier Windstärken moderat. An Steuerbord ziehen üppig grüne Landschaften aus wilder Macchia, Pinien, Oliven und Wein vorüber.
Einfach umwerfend: UNESCO-Weltkulturerbe Cinque Terre
„Die Cinque Terre ist vielleicht das Beste, was die Riviera di Levante zu bieten hat – ein landschaftlicher Hochgenuss, nur 15 Kilometer lang, aber von großer Anziehungskraft“, schreibt der Landreiseführer. Kleine, verschachtelte und dem Meer zugewandte Dörfer, die in den schroffen Felsen kleben. Mühevoll wurden die dahinterliegenden und hoch aufragenden Hänge für die Landwirtschaft terrassiert und mit kleinen Steinmäuerchen befestigt. Zusammen mit dem Fischfang konnten die Bewohner so viele Jahrhunderte lang ein autarkes Leben abseits der Weltgeschehnisse führen.
Erst mit der Eisenbahntrasse und dem späteren Ausbau der Straße drangen mehr und mehr Fremde in diese verlassene Gegend vor. Ab etwa 1970 inspirierte die Cinque Terre dann Künstler und Intellektuelle, ihnen folgte eine Tourismuslawine. Die Auszeichnung zum UNESCO-Weltkulturerbe im Jahre 1997 und die Erklärung zum Nationalparkgebiet zwei Jahre später tat ein Übriges.
Heute ist der vermutlich schönste Küstenwanderweg Italiens, der die fünf Dörfer miteinander verbindet, ein Trekking-Highway – enthalten in den Programmen einwöchiger Europarundreisen für Amerikaner und Japaner, inklusive Mautstationen, an denen die Gebühr für eine Tageskarte kassiert wird.
Die Liegeplatzsituation entlang der Cinque-Terre-Dörfer ist problematisch
Für Segler ist ein Besuch dieser Fünf-Dörfer-Küste ebenso empfehlenswert wie problematisch. Entgegen der Angaben im Revierführer finden sich in Monterosso al Mare keine Hafenliegeplätze. Im westlichen der beiden winzigen Häfen ist es viel zu flach für eine große Kielyacht, der östliche ist für Ausflugsboote reserviert. Dafür gibt es jetzt ein halbes Dutzend Muringbojen, doch Seegang oder Schwell können an dieser exponierten Küste ein Ärgernis sein. BONNIE rollt von einer Seite auf die andere, sie ächzt und stöhnt und schaukelt so lange in den Wellen, bis wir den Platz verlassen.
Vernazza, keine zwei Seemeilen entfernt, ist somit das einzige der fünf Küstendörfer, dessen kleiner Hafen auch Platz für drei, vier Besucheryachten bietet. BONNIE erreicht jedoch mit ihren 44 Fuß und zwei Meter Tiefgang schon die Grenze des Möglichen. Doch wer das Ankermanöver trotz engem Hafenbecken, zahlreicher Muringbojen und Fischerboote erfolgreich absolviert hat, liegt in Vernazza gut und sicher in erster Reihe. Mit Blick auf die in warmen Pastelltönen strahlenden Häuser, die im Halbrund den Hafen umstellen, auf den winzigen Sandstrand und die kleine Piazza mit den Cafés und Restaurants. Was BONNIE wohl zu diesem Plätzchen sagen würde? Sie würde wahrscheinlich zufrieden seufzen und vorschlagen, ewig hier zu bleiben. Auch, weil dieses kleine Dorf der ideale Ausgangspunkt für Ausflüge nach Corniglia, Manarola und Riomaggiore ist, mit festem Schuhwerk über die Wanderwege oder per Eisenbahn.
Doch glücklicherweise gibt es auch starke Argumente für eine Weiterreise. Da wäre zum Beispiel Portovenere, geschützt und idyllisch gelegen an der Durchfahrt zwischen dem Festland und der Insel Palmaria, dem Eingangstor zum Golf von La Spezia. Die Hafenbucht mit ihren hohen, schmalen und bunten Häusern ist ebenfalls postkartenschön, in der Einkaufsgasse dahinter drängen sich Souvenirläden, Osterien und kleine Spezialitätengeschäfte.
Auch Lerici könnte ein Argument sein, den Törn fortzusetzen, dieser beliebte Ferienort mit seiner riesigen, mit Muringfeldern übersäten Hafenbucht, über der ein wuchtiges Castello thront. Die Riviera di Levante trumpft mit vielen beliebten und geschichtsträchtigen Hafenörtchen auf, in denen BONNIE sich wohlfühlen kann.
Nur gut geschützte Ankerplätze sind rar im Revier
Ankerplätze sind im Handbuch kaum beschrieben. Hin und wieder jedoch entdeckt man zwischen wuchtigen Felsnischen oder entlang offener Buchten vereinzelte Ankerlieger. Zum Beispiel in der Cala Emilia an der Nordostseite der Insel Palmaria unweit von Portovenere, diese Bucht lässt sich auch gut ohne Detailplan ansteuern. Türkises Wasser, felsige Ufer, ein Kieselstrand, dazu Ruhe und Stille – die Cala Emilia ist eine erholsame Abwechslung zu all den vielen lebendigen Hafenstädtchen. Außerdem bietet sie auch einen der ganz wenigen Ankerplätze an der Riviera di Levante, der auch vor Westwinden schützt.
Rückreise. Der Leuchtturm der Isola del Tino, das blaue Wasser der Grotta Azzura und die hoch über der Zufahrt zu Portovenere an den Klippen klebende Kirche San Pietro ziehen an Steuerbord vorbei. Im milden Licht der durch blasse Wolken gefilterten Sonne kommen die fünf leuchtenden Dörfer der Cinque Terre in Sicht, sehnsüchtig bleibt der Blick an Vernazza hängen. Genau hier schläft der Wind ein und BONNIE bleibt wie ein bockiger Esel stehen. Wahrscheinlich will sie sagen: Hier will ich bleiben.
Doch wieder lohnt die Weiterreise: Sestri Levante ist ein lebhafter Ferienort mit zwei Buchten, „es ist eines meiner Lieblingsziele, besonders die Baia del Silenzio“, hatte uns der Basismitarbeiter mit auf den Weg gegeben. Malerisch stehen die alten Palazzi um die sichelförmige Bucht des Schweigens, den feinsandigen Strand teilen sich die Badegäste mit den in bunt gestreifte Planen gehüllten Fischerbooten. Nur das Ankern ist hier verboten, das Boot muss an der großen, überwiegend von Berufsfischern genutzten Hafenmole in der Bucht gegenüber vertäut werden.
Voraus liegen weitere berühmte Badeorte wie Rapallo und Santa Margherita Ligure
Voraus liegen weitere wohlklingende und geschichtsträchtige Namen, Ziele wie Rapallo, Santa Margherita Ligure, Portofino. In Rapallo waren früher die Mächtigen und Schönen zu Gast, heute hat sich das Städtchen zum beliebten Rentnerkurort entwickelt, schreibt der Reiseführer. Die Prominenz hat sich in dem nur wenige Meilen entfernten ehemaligen Fischerdorf Portofino eingerichtet. Alles, was im internationalen Jet Set Rang und Namen hat, lässt sich alljährlich hier sehen. Bei Gucci liegen Handtaschen für 4000 Euro im Schaufenster, bei Panerai edle Uhren und bei Louis Vuitton französische Designermode.
Doch der Großteil der Besucher des 500-Einwohner-Ortes entlädt sich aus den Rümpfen der Kreuzfahrtriesen, die in Sichtweite ankern, dazu gesellen sich Tagestouristen, Rentner, Wanderer und Segler. Portofinos Schönheit und seiner Umgebung hat der riesige Andrang aber nicht geschadet, die Halbinsel ist seit 1935 ein Naturpark und wurde somit von Bausünden verschont. 70 Kilometer Wanderwege durchziehen die Berghänge des Parco Naturale Monte di Portofino, einen wunderschönen Wald aus immergrünen Aleppokiefern und Steineichen, in dem es nach Thymian und Rosmarin duftet.
Das Kontrastprogramm: die Metropole Genua
Genua. Hauptstadt Liguriens, Hafenstadt, Geburtsort von Christoph Kolumbus. Nach den lieblichen, mondänen und pittoresken Höhepunkten der Riviera di Levante ist die Reviermetropole ein Kulturschock. Hier ist es laut, das Hafenwasser ist grau und die Luft schwer, aber es gibt Liegeplätze mitten im Zentrum der Stadt.
Doch Genuas Altstadt ist eine der größten ganz Europas. Der Porto Antico, der alte Hafen, gestaltet vom italienischen Star-Architekten Renzo Piano, bietet das größte und modernste europäische Meerwasseraquarium – und mit dem überdimensionalen Panoramaaufzug Bigo einen atemberaubenden Blick über die Altstadt und die in der Ferne liegende Riviera. Auch die Prachtstraße Via Garibaldi ist einen Besuch wert. Aber Genua ist wieder eine andere Geschichte, würde BONNIE sagen, wenn sie sprechen könnte.
Charter
Das Revier ist kein Hotspot des internationalen Chartermarktes, hier sind überwiegend einheimische Eigneryachten unterwegs. Doch es gibt sowohl in Genua als auch etwas weiter südlich in Lavagna bei Rapallo und in La Spezia Charterangebote, um diesen in der Charterbranche unterschätzen Küstenabschnitt der Italienischen Riviera auf eigene Faust entdecken zu können. Bei kleinen lokalen italienischen Anbietern aber sollte man wissen, dass hier nicht immer der sonst in der Branche übliche Standard in Bezug auf Schiffsalter, Wartung und Service geboten wird.
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Weitere Infos zum Revier
Revier
Der Ostteil der Ligurischen Küste nennt sich Riviera di Levante und erstreckt sich auf etwa 60 Seemeilen von der Metropole Genua bis zum Golf von La Spezia. An der durch die Apenninausläufer überwiegend steilen und zerklüfteten Küste gibt es viele alte und pittoreske Fischerdörfer, die meisten davon haben sich zu touristischen Anziehungspunkten gemausert – entweder zum Seebad mit feinem Sandstrand oder zum mondänen Ferienort, fast immer mit sympathischem Stadthafen am Ortszentrum.
Beschriebene Ankerplätze in einsamen Buchten gibt es nur ganz wenige. Die durch den typisch mediterranen Macchiabewuchs üppig grüne Landschaft ist fast nirgends durch Bausünden verschandelt, durch die vielen Naturschutzgebiete winden sich unzählige Wanderwege.
Häfen und Ankerplätze
Entlang der Küste gibt es ein dichtes Netz an Häfen, darunter auch einige große Yachthäfen. Die italienischen Liegegebühren sind hoch, sie gehören zu den teuersten im Mittelmeer. In den kleinen, städtischen Häfen kann es dagegen auch deutlich billiger sein.
In der Literatur beschriebene Ankerplätze sind leider rar, obwohl in Wirklichkeit einige vorhanden sind. Wenn bei starken Süd- und Westwinden das Revier zur Leeküste wird, reduzieren sich die möglichen Anlandestellen schnell auf einige wenige gut ausgebaute Yachthäfen.
Wind und Wetter
Wegen der Abschottung durch die hohen Berge und der Wärmespeicherung durch die Küstengewässer herrscht an der ligurischen Küste ein besonders mildes Mikroklima. Kalte Nordwinde wehen dann häufig einfach über die küstennahen Warmluftinseln hinweg. Der Wind weht in der Saison meist leicht aus unterschiedlichen Richtungen, am häufigsten aus Nordwest und West, nur selten mit mehr als drei, vier Windstärken. Im Winter und in der Nebensaison ist die Starkwindhäufigkeit höher, am gefährlichsten sind dann aber der Wind und Seegang des Libeccio aus Südwest.
Literatur & Seekarten
• Rod Heikell: Küstenhandbuch Italien, Edition Maritim
• Pagine Azzurre, italienisches Standardwerk aller italienischen Häfen, erscheint jährlich
• Italienischer Sportbootkartensatz Liguria (Kit IT P1, Maßstab 1:30.000)
• Sportbootkartensatz NV. Atlas Italy IT 1: Menton to Elba
• Landreiseführer mit guten Wanderwegbeschreibungen: Ligurien, Michael Müller Verlag