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Jonathan besegelte zusammen mit seiner Frau Claudia von 2013 bis 2019 die Welt. Sie ließen 25.000 Seemeilen im Kielwasser und befuhren ganze drei Jahre lang ihr Traumrevier: den Pazifik. Neben der klassischen Barfußroute besuchten sie vor allem auch abgelegenere Ziele wie die Osterinsel, die Tuamotus, Kiribati, Tuvalu und die Marshallinseln. 2023 veröffentlichten sie das Buch über ihre Reise „Sieben Farben Blau“. Jonathan arbeitet als Journalist rund um das Thema Segeln und Reisen und ist Referent und Organisator verschiedener Seminare und Vorträge. Seit 2020 ist Jonathan Mitglied der BLAUWASSER.DE-Redaktion.
Törnbericht: Der Kornati Nationalpark, das Festland und ganz viele Inseln
In einer weiten Schleife fliegen wir den Flughafen von Zadar an, unsere Nasen platt ans Fenster gedrückt. Staunend betrachten wir die wilde Schönheit der Küste Dalmatiens: raue, karge Felsen mit kleinen grünen Tupfern, dazu Täler und Ebenen, in denen Oliven- und Weinplantagen kleine gemütliche Dörfer umgeben. Alles umrahmt von der tiefblauen Adria und einer tief zerfurchten Küste, die Platz für geschützte Buchten macht. Wie Spielzeugschiffe glänzen die weißen Segel in der Sonne, „wie malerisch“, sagt Claudia, „das wird bestimmt eine schöne Woche auf dem Wasser.“
Auf dem Weg vom Flughafen zu unserer Charterbasis in Skradin bei Sibenik wird unsere Vorfreude auf unseren einwöchigen Chartertörn in Nord- und Mitteldalmatien noch einmal gesteigert. In der Ferne sehen wir die vorgelagerten Inseln mit ihren alten Küstenstädten und ahnen die vagen Umrisse des Kornati Nationalparks. Dann überqueren wir den tiefen und schiffbaren Canyon des Flusses Krka, der sich von seiner Mündung bei Šibenik zehn Seemeilen weit bis nach Skradin schlängelt. Und dann plötzlich ist er da: der kleine und verträumte Ort Skradin mit seinen historischen Altbauten, seiner Uferpromenade und der im bestem Mittelmeerflair glänzenden ACI-Marina.
Wir, eine Crew aus drei Erwachsenen und einem Kind, entern die SOUND OF SILENCE, eine vier Jahre alte Sun Odyssey 389. Unser jüngstes Crewmitglied, die achtjährige Elli, ist das erste Mal an Bord und begeistert: „Dieses Boot ist einfach wunderschön, und das hier ist mein Zimmer!“ Und schwupp ist sie in einer der Achterkajüten verschwunden, wo sie sich sofort mit ihrem Kuscheltier einrichtet. Wir müssen schmunzeln, denn gestern war ihr das Leben auf einem Boot noch etwas unheimlich und sie wollte unbedingt eine Kabine mit ihrem Vater teilen.
Wenn Bora oder Jugo einen Törnplan in Kroatien zunichte machen
Bei der Übergabe am nächsten Morgen plaudern der Stationsmitarbeiter Miro und ich über unsere Segelerlebnisse und gehen dabei Schritt für Schritt die Technik der Yacht durch. Seine Sorgenfalten auf der Stirn aber kann er nicht verheimlichen: „Mein Freund“, sagt er schließlich, „leider ist Mitte der Woche Jugo angesagt. Ich weiß, du hast schon viele Seemeilen auf den Ozeanen im Kielwasser. Und auch wenn das Mittelmeer für dich wie ein großer Teich aussieht, mit den Winden der Adria ist nicht zu spaßen!“
Auf die berüchtigte Bora habe ich mich vorbereitet, aber was zum Teufel ist Jugo? Von Miro erfahre ich, dass Jugo der kroatische Name für den bekannten Schirokko ist. Auch wenn dieser Wind nicht so tückisch und unvorbereitet wie die Bora auftritt, ein Starkwind ist er auch. Dazu kommt er aus südlicher Richtung über die offene Adria und kann damit beachtliche Wellen aufbauen. „Anders als auf den Ozeanen können die Wellen im Mittelmeer sehr kurz und unangenehm werden“, warnt Miro.
Mit dieser Wettervorhersage zerplatzt unser Törnplan wie eine Seifenblase. Wir hatten vor, erst nach Norden zu segeln, vorbei an Murter, Biograd und Sukosan bis nach Zadar. Hier, etwa bei der Insel Molat, sollte es zurück auf Südkurs gehen. Das ist jetzt bei dem in der zweiten Wochenhälfte angesagten Starkwind aus Süden keine gute Idee, nun graben sich bei mir die Sorgenfalten in die Stirn. Miro aber sorgt prompt für Zuversicht: „Alles nicht so schlimm, Jonathan, dafür bist du ja hier in Mittel- und Norddalmatien. Hier gibt es so viele Inseln, Buchten, Orte und Häfen, da kannst du deinen Törnplan problemlos an jede Wetterlage anpassen.“ Gemeinsam studieren wir die Seekarte und das Handbuch und Miro markiert mit viel Geduld alle auch bei Jugo sicheren Buchten der Umgebung.
Die Inselwelt der Kornaten ist mit dem Kornati Nationalpark eine der Top-Attraktionen des Reviers
Der neue Törnplan sieht vor, in den Tagen vor dem Jugo auf jeden Fall die berühmte Inselwelt der Kornaten zu besuchen. Der Kornati Nationalpark besteht aus rund 89 teilweise unbewohnten Inseln und ist eine der Hauptattraktionen für die Segler hier im Revier. Einige der Buchten versprechen traumhaftes Ankern in einsamer Natur, das Highlight aber sind die vielen Konoba-Buchten. Diese ganz auf Segler eingestellten kleinen und ursprünglichen Restaurant-Buchten sind nur vom Wasser aus zu erreichen und die Betreiber haben liebevoll hölzerne Stege zum Festmachen gebaut – Idylle pur, inklusive Bewirtung.
Unser Proviant für die Woche verschwindet in den vielen Schränken und Schapps, dann geht es los. Wir folgen der beeindruckenden Schlucht des Krka-Flusses, der auch seenartige Ausbuchtungen zum Ankern und Baden bietet. Bei Šibenik fließt die Krka in die Adria, die große und lebhafte Stadt bietet tolle Liegeplätze direkt an der Promenade. Für einen kurzen Stopp vertäuen auch wir unser Schiff unterhalb der zauberhaften Altstadt, genießen einen Blick in die verwinkelten Gassen und die Aussicht von der Festung St. Michael, die mächtig über der Altstadt thront.
Die Festung von Šibenik bleibt im Kielwasser zurück, voraus liegt ein Labyrinth aus Inseln. Der Wind ist frisch, Seegang aber ist durch die Abdeckung der vielen Inseln nicht vorhanden und wir ziehen das erste Mal die Segel hoch. Der Motor verstummt, das Schiff legt sich auf die Seite, mit sechs Knoten düsen wir wie auf Schienen unserem Ziel Kornati Nationalpark entgegen. „Fantastisch“, sagt meine Frau Claudia und strahlt schon wieder, „dieser Moment der Stille, wenn der Motor ausgeht, ist doch immer ein erhabener Moment.“
Mit dem letzten Abendlicht erreichen wir die Inselwelt der Kornaten. Die karge Schönheit der spärlich bewachsenen Kalkstein-Inseln hat ihren ganz eigenen Reiz. Sanfte Hügel und bizarre Felsformationen ziehen vorbei, pünktlich zum Sonnenuntergang fällt unser Anker zwischen den Inseln von Jancar und Zakan ganz im Süden der Inselgruppe. Beim Bier im Cockpit färbt sich die Felsküste glutrot, wenig später – bei Nudeln und Tomatensoße – hat bereits der Vollmond die Regie über die Beleuchtung übernommen.
Am nächsten Morgen leuchtet das Wasser in allen Blau- und Türkistönen, am Ufer suchen ein paar Schafe zwischen den Felsen nach Futter und gleich neben uns liegt ein Fischer auf seinem Boot und erholt sich von der Nachtarbeit. Weit und breit ist keine Yacht in Sicht, was eher an der späten Nebensaison als an der Schönheit des Ankerplatzes liegt. Es ist bereits Oktober und die hektische Hauptsaison ist schon lange vorbei. Ideal für unseren Plan, die Ruhe der Nebensaison zum Schwimmen, Lesen und Seele-baumeln-Lassen zu nutzen. Und für ein paar entspannte Abende in einigen der viel gelobten Konoba-Buchten.
Einsame Buchten, starke Winde und eine Insel: Kaprije
Ein Blick auf die Wetterprognose zeigt uns, dass der angesagte Jugo bereits früher als erwartet einsetzt und dazu noch ungemütlicher als vorhergesagt wird. Nach einem Bad im Meer und einem Frühstück im Cockpit heißt es somit erneut: Planänderung mit Kurs Insel Kaprije. Der Wind hat noch einmal zugenommen, die See ist deutlich ruppiger, Wind und Welle kommen direkt von vorne. Im zweiten Reff und hart am Wind bahnen wir uns mit ordentlich Schräglage unseren Weg. Gischt fegt übers Deck, Adrenalin pur nicht nur für Elli und ihren Vater. Die SOUND OF SILENCE aber nimmt es gelassen und bedankt sich mit ordentlich Speed von über sieben Knoten.
Schon zwei Stunden später erreichen wir die gut geschützte Ankerbucht Vanjska im Nordwesten von Kaprije. Hier sind wir nicht das einzige Boot, was nicht verwunderlich ist: Die Bucht bietet sehr guten Schutz gegen Südwind, zudem ist auch die Umgebung mit den steilen Hängen außerordentlich attraktiv, auf denen Reste einer ehemaligen Terrassenbewirtschaftung zu sehen sind. An Land stehen Zypressen, Sträucher und Olivenbäume, dazu erreicht uns nach dem Ankermanöver der typisch harzige Duft der mediterranen Flora.
Die Nacht über faucht der Wind durch die Wanten, trotzdem haben wir einen erholsamen Schlaf. Der Anker ist gut eingegraben, wir haben reichlich Kette gesteckt und genug Raum zum Schwojen ist auch vorhanden. Am Morgen pfeift es noch immer, den Spaß am Entdecken lassen wir uns aber nicht nehmen. Zu Fuß und mit dem Schlauchboot erkunden wir die Bucht, von Land aus können wir in zwei Seemeilen Entfernung das Hauptdorf der Insel sehen, unser Ziel für heute. Der Weg dahin ist von Schaumkronen gespickt, ein massiver Inselvorsprung aber sollte verhindern, dass es auf unser winzigen Tagesetappe allzu ungemütlich wird.
Die vielen Nahziele des Reviers machen die Törnplanung selbst bei schlechtem Wetter einfach
Mit der Maschine machen wir uns gegen den Wind auf den Weg zum Hauptort der Insel. Es scheppert und kracht, zwei Seemeilen später aber ist bereits wieder Ruhe eingekehrt. Statt für die Hafenpier entscheiden wir uns für eine der Muringbojen in der Hafenbucht. Trotz des schlechten Wetters ist auch der Kassierer sofort am Start, Murings sind in Kroatien kostenpflichtig und nicht ganz billig. Nur wenn eine Muring oder Steganlage zu einem Restaurant einer Konoba-Bucht gehört, entfällt die Gebühr. Doch dann wird auch erwartet, dass die Crew dort essen geht.
Das Hauptdorf von Kaprije ist jetzt in der Nebensaison ein verschlafenes Nest, das uns einen sehr sympathischen Eindruck vom typisch kroatischen Inselleben vermittelt. In den Gassen streunen die Katzen umher und knatternde Traktoren transportieren die letzten Touristen des Jahres von der Fähre zu ihren Unterkünften im Dorf. In den Gärten gedeihen Feigen, Granatäpfel, Oliven und Wein und unten am Hafen werfen die Angler ihre Ruten aus. Zusammen mit den alten Männern des Ortes sitzen wir in der Hafenkneipe nebenan und genießen mit einem kalten Bier in der Hand die Aussicht auf die Hafenbucht und unsere an der Muring ruckelnde Yacht.
Malerisches Primosten – Badeort mit historischem Flair
Eine der Perlen der Adria ist unser nächstes Ziel, das Städtchen Primosten am Festland. Jetzt, hinter der Abdeckung der Bucht, schmeißt sich uns der Jugo erneut in den Weg. Das Boot stampft und scheppert und wir entscheiden, die Etappe in einer Bucht auf der Insel Zirje zu unterbrechen. Eine gute Entscheidung! Wieder ist die Bucht gut geschützt, wieder hat sie moderne und sichere Bojen zum Festmachen und wieder gibt es hier den typisch kroatischen Natur-Mix aus schroffem Felsen, kleinem Kiesstrand und vereinzeltem Grün. Und doch ist etwas anders: Der Kassierer der Bojen fragt uns, ob wir auch zum Nacktbaden gekommen sind. Verdutzt gucken wir uns um und sehen an Land und auf den Nachbarbooten tatsächlich eine Reihe von Nackten. „Naja, das ist hier eine bekannte Nudistenbucht“, sagt der Kassierer und schmunzelt.
Nächster Tag, nächstes Ziel: Primosten. Das malerische Küstenstädtchen begrüßt uns mit einem bezaubernden Anblick im Abendlicht. Die alten Steinhäuser der gut erhaltenen Altstadt ziehen sich um den Hügel der vorgelagerten Halbinsel, ganz oben thront die alte Kirche Juraj. Unten im Hafen liegen die Yachten entweder an Bojen oder direkt vor den Restaurants der Altstadt. Der Ort hat ausgedehnte Stadtstrände und an der Hafenpromenade reihen sich die Restaurants und Cafés aneinander. Wir nehmen Platz in den Korbsesseln einer urigen Konoba, bestellen gegrillte Dorade mit Knoblauchdressing und stoßen auf unseren Törn mit Tücken an. „Fabelhaft“, kommentiert Claudia erneut, „trotz Jugo.“
Zu viele Inseln, zu wenig Zeit: Ein letzter Badestopp auf Zlarin
Unsere Charterwoche an Bord der SOUND OF SILENCE neigt sich dem Ende. Unseren letzten Stopp auf der Insel Zlarin haben wir nicht für uns alleine, die Bucht ganz im Norden der Insel scheint ein Treffpunkt der Chartersegler zu sein. „Nur am Donnerstagabend“, wird uns der Stützpunktmitarbeiter Miro am nächsten Tag erzählen, „die Insel ist für die letzte Etappe zu den Charterstützpunkten rund um Skradin und Šibenik einfach gut gelegen.“
Nach einem letzten Bad in der Adria setzen wir über in das gemütliche Inseldorf, beim Abendessen lassen wir die Reise noch einmal Revue passieren. Alle sind sich einig, dass Kroatiens zentrale Küstenregion auch in der Nebensaison einiges zu bieten hat. Statt überfüllte Ankerbuchten und Häfen bietet diese Jahreszeit viel Ruhe und Entspannung. Eines aber ist klar, egal zu welcher Jahreszeit: Das Revier hat viel zu viele Möglichkeiten für nur eine Woche. Wir waren nicht auf den Inseln Murter, Dogi Otok oder Zut und auch nicht in den Küstenorten Biograd, Sukusan oder Zadar. „Macht nichts“, sage ich auf dem Weg zurück zum Hafen, „nächstes Jahr kommen wir einfach wieder.“
Charter
Allgemein
Kroatien ist eine der europäischen Top-Charterdestinationen. Die Region Mittel- und Norddalmatien mit den Ausgangshäfen zwischen Zadar, Sukosan, Biograd, Murter, Šibenik und Rogoznica hat dabei die vermutlich höchste Dichte an Charteryachten im Land. Große internationale Flottenbetreiber haben hier genauso ihren Stützpunkt wie deutsche und österreichische Firmen, dazu gibt es auch viele kroatische Charterfirmen. Insgesamt hat Kroatien in Bezug auf Qualität, Service, Sauberkeit und Zuverlässigkeit im europäischen Vergleich einen sehr guten Ruf.
Diese Charter-Agenturen helfen dir eine Yacht zu finden
Für eine deutschsprachige Beratung und die zuverlässige Buchung von Charteryachten bewährter Anbieter in Süddalmatien können diese Firmen behilflich sein: