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Michael ist seit über 20 Jahren als Journalist und Fotograf auf dem Wasser tätig. Der studierte Geograf hat weltweit Reisereportagen in mehr als 100 Charter- und Blauwasserrevieren produziert. Zudem haben den Hamburger viele Segelreisen und seine frühere Tätigkeit als Charter- und Überführungsskipper rund um den Globus geführt. Zusammen mit Sönke Roever ist er die treibende Kraft von BLAUWASSER.DE und ein beliebter Referent auf Bootsmessen und diversen Seminaren (siehe Termine).
Wer mit der Charteryacht von Barcelona Richtung Norden segelt, erreicht die Costa Brava. Ein Revier mit vielen schönen Hafenorten, Marinas und Ankerbuchten auf kurzen Distanzen.
Hotelanlagen, Appartementburgen, Beton so weit das Auge reicht. Die Strände sind zugepflastert mit Coca-Cola-Handtüchern und krebsroten Leibern. Unzählige Luftmatratzen dümpeln im Meer. Restaurants preisen „Schnitzel mit Pommes“ und „Eisbein mit Sauerkraut“ an. Und abends rinnt die Sangria literweise staubtrockene Kehlen hinunter.
So oder so ähnlich lauten die gängigen Vorurteile gegenüber der spanischen Mittelmeerküste. Geschaffen von Millionen Landtouristen, die hier Jahr für Jahr ihr persönliches Urlaubsglück finden. Da scheint die Frage berechtigt, ob hier überhaupt noch Platz für Segler bleibt? Oder ob man nicht doch lieber gleich die Inselküste nebenan – Mallorca – ansteuern sollte?
Zugegeben: Nicht jeder Küstenabschnitt auf der etwa 700 Seemeilen langen spanischen Festlandsküste zwischen Gibraltar und der französischen Grenze hat das Zeug für einen abwechslungsreichen Törn. Die Costa del Sol zum Beispiel macht ihrem Ruf als Ferienghetto tatsächlich alle Ehre.
Doch ganz im Osten liegt „das Beste, was die spanische Küste zu bieten hat“, erzählt uns ein deutscher Segler, der hier seit über 30 Jahren zuhause ist. „Zwischen Blanes und Puerto de la Selva gibt es noch jede Menge einsame Ankerbuchten und kleine Orte, die nicht durch Hochhäuser verschandelt sind.“
Die Costa Brava als Geheimtipp für Segler? Man darf skeptisch sein. Man denkt an Lloret de Mar, an die per Reisebus angekarrten Horden, die nur Sonne und Saufen im Kopf haben. An Platja d’Aro, die Trabantenstadt vor dem goldenen Strand. An den Golf von Roses, in dessen Ferienhauskomplexen vom Aqua-Park bis zur Go-Kart-Bahn jedes Urlaubsvergnügen angeboten wird. An Musterbeispiele des Massentourismus. Aber nicht an versteckte Ankerbuchten und lauschige kleine Häfen.
Für Chartersegler beginnt der Törn in der Metropole Barcelona
Zugegeben: Davon ist auch erstmal nichts in Sicht, denn am besten eignet sich als Ausgangspunkt Barcelona. Die katalonische Hauptstadt ist nur etwa 30 Seemeilen vom Revier entfernt. Also erstmal Großstadt-Flair schnuppern und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten abklappern. Den Rambles, den wohl berühmtesten Kilometer Spaniens, eine prächtige Platanenallee voller Kleinkünstler und buntem Publikum.
Den Port Vell, jenen alten Hafen, der für die Olympischen Spiele 1992 mit großem Aufwand neu gestaltet wurde und seitdem zu den Top-Attraktionen der Stadt zählt. Den von langen Stadtstränden umgebenen Olympiahafen, das mittelalterliche Barcelona rund um die gotische Kathedrale und vielleicht noch ein paar Modernisme-Werke des Star-Architekten Antoni Gaudí. Und zum Abschluss lohnt auf jeden Fall eine Fahrt mit der Schwebebahn über den alten Hafen. Oben angekommen, liegt die riesige Altstadt Barcelonas zu Füßen. Und in der Ferne kann man schon einmal das eigentliche Revier erspähen.
Der Charme und Reiz des Revieres ist von hier aber noch nicht zu erkennen und erschließt sich weder auf den ersten Meilen noch auf den ersten Blick. Denn der 30 Seemeilen lange Küstenabschnitt von Barcelona bis Blanes, dem offiziellen Beginn der Costa Brava, ist durchgehend bebaut. Und in dem halben Dutzend Häfen auf diesem Abschnitt mag es sichere und gut erreichbare Dauerliegeplätze geben, für urlaubende Segler aber sind sie nicht zwingend attraktiv.
Hinter Tossa de Mar wird es grün und ruhig
Die ersten Seemeilen hinter Blanes: Schroffe Felsnasen ragen ins Meer, dazwischen funkeln goldgelbe Sandstrände, hinter einem Kap tauchen die Bausünden von Lloret de Mar auf, das in der Hochsaison weit über 150.000 Urlauber betten kann.
Anschließend wieder Strände, hinter jedem von ihnen Hotels und Appartementhäuser. Das soll das Beste sein, was die spanische Küste zu bieten hat? Während ich darüber nachdenke, ziehen die alten, berühmten Festungsmauern von Tossa de Mar vorüber, gleich daneben abermals Hotelkomplexe. Doch kurz darauf wuchert Grün bis ans Wasser, Wanderer gehen über die Hügel, tiefe Buchten graben sich ins Land.
Vielleicht ist was dran an der Schwärmerei. Vielleicht gibt es sie wirklich, die menschenleeren Buchten, die kleinen, versteckten Fischerdörfer, die steilen Hänge mit ihren grünen Pinienwäldern drauf. Schließlich war es das, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts Künstler wie Marc Chagall anlockte.
Zugegeben, dieses Setup ist hier an der südlichen Costa Brava seltener. Dieser Abschnitt namens La Selva ist die Küste der Fremdenverkehrszentren, in denen in der Hochsaison unbeschwert jugendliches Leben tobt. Stundenlang schaukelt einen die Brise hier an Sandstränden vorüber, auf denen sich die Urlauber in der Sonne aalen.
Mit San Feliu de Guixols beginnt dann die mittlere Costa Brava, die sogenannte Baix Empordà, die Region der Herrensitze und der Villen. Pinien und Korkeichen wuchern bis an die Wasserlinie, Eukalyptusbäume strecken ihre langen Blätter aus, Agaven blühen meterhoch. Dazwischen kleine Ferienorte, an denen man vorbeirauschen kann. Und ein paar Häfen, die einen Besuch wert sind.
Palamos, früher Abend. Der Trubel im Hafen hat sich aufgelöst, Dutzende bunte Fischerboote sind an den Hafenmolen vertäut. Und in der Fischauktionshalle wird der heutige Fang versteigert. Kistenweise Kabeljau, Seezungen, Lachse. Garnelen und Langusten, Hummer und Tintenfische. Lauter Fischspezialitäten, bei denen das Wasser im Munde zusammenläuft. Dagegen hilft am besten Suquet de Peix, Meerestiere in Tomaten-Wein-Sauce, in einem der Traditionslokale am Hafen.
Ein paar Meilen weiter dann die Calella de Palafrugell. Kurze, sanft geschwungene Buchten, die von felsigen Kaps eingerahmt werden. Die arkadengeschmückten und pastellfarbenen Häuser stehen hier bis an den Strand. Wer sich an den Felsvorsprüngen vorbeischlängelt, kann für einen Badestopp direkt vor dem Strand seinen Anker werfen. Und über einen holprigen Fußweg in einer Viertelstunde bis nach Llafranc marschieren. Mit Glück lässt sich in dem Hafen des schmucken Ortes auch einer der raren Liegeplätze ergattern.
Der Mistral heißt an der Costa Brava Tramontana
Nur bei Ostwindlagen muss man an der Costa Brava aufpassen. Dann verwandelt sich fast das gesamte Revier in eine gefährliche Leeküste, in den meisten der über 100 im Handbuch beschriebenen Buchten und in vielen der flachen Hafeneinfahrten kocht dann die See. Das aber kommt zum Glück selten vor. Viel öfter und weitaus gefürchteter ist der aus dem Nichts aufbrausende Tramontana-Wind. Dieser Nord- bis Nordwestwind kommt aus dem Golf von Lion, wo er als Mistral gefürchtet ist und nicht selten Sturmstärke erreicht. Zumal er sehr rasch und nicht selten aus völliger Flaute heraus einsetzt.
Doch die echten Highlights des Reviers warten weiter im Norden, rund um den Nationalpark Cap de Creus, dort, wo schroffe Felsvorsprünge ins Meer stürzen. Davor aber, im Golf de Roses, wartet ein Superlativ der besonderen Art: die Hafenstadt Empuriabrava, ein 37 Kilometer langes Netz aus Kanälen, das in den 1960er Jahren auf dem Reißbrett entstanden ist. Eine reine Ferienstadt, bestehend aus mondänen Villengrundstücken, Reihenhaussiedlungen und Apartmenthäusern, vor denen ein jeder Bewohner sein Schiff vertäuen kann. 5.000 Liegeplätze sollen es insgesamt sein, in den Sommermonaten wohnen hier bis zu 100.000 Menschen.
Cap Creus: Das Buchtenparadies auf 17 Seemeilen
Danach kommt der krönende Abschluss der Costa Brava. Das Cap de Creus. Hier wird einem endgültig klar, warum die Costa Brava das Beste sein soll, was die spanische Mittelmeerküste zu bieten hat. Ein fast inselförmiger Landvorsprung ragt ins Meer, atemberaubende Felsformationen verstecken kleine Sandnischen. Bizarr, staubtrocken, fast ohne Grün. „Es ist das Stück der Costa Brava, das dem Wasserfahrer am meisten zu bieten hat“, verspricht der Revierführer. Unzählige Buchten auf 17 Seemeilen Küstenlinie.
Ankern vor dem Zuhause von Salvador Dali
Cadaqués. Persilgewaschene strahlend weiße Häuser, verwinkelte enge Gassen, blumengeschmückte Fassaden. Am Strand sitzen ein paar Einheimische zwischen bunten Fischerbooten. Und die kleinen Galerien und Museen erinnern an das, was der Ort seit Jahrzehnten schon ist: ein Künstlertreff, der schon Pablo Picasso und Man Ray anzog. Und natürlich Salvador Dali, den bekanntesten spanischen Künstler, dessen Familie in Cadaqués zu Hause war.
Er ist es auch, der den Segler in die Nachbarbucht lockt, nach Port Lligat. Wo man sich fast fühlt wie in einem norwegischen Fjord, wo sanfte grüne Hänge im Wasser auslaufen und tief drinnen einige wenige Fischerhütten Dorf spielen. Denn genau hier, mitten in der spanischen Einsamkeit, hat Dali rund ein halbes Jahrhundert gearbeitet, hier hat der „Göttliche“ mit seiner Frau Gala gelebt.
In sechs Fischerhütten, die er zu einem Ganzen kombiniert hat und die als Museum zu besichtigen sind. Hier kann man durch die skurrilen Schlaf-, Arbeits- und Wohnbereiche des großen spanischen Surrealisten wandern. Es wirkt, als wäre der Ort erst gestern verlassen worden. Doch das geschah bereits 1982, nach dem Tod seiner Frau. Dali verschloss die Tür – und kehrte nie mehr zurück.
Als Wendepunkt der Reise gilt El Port de la Selva, nicht der letzte, aber der letzte besuchenswerte Ort vor der französischen Grenze, mit dem einzigen Hafen dieser fast viereckigen Halbinsel, die 1998 zum Nationalparkgebiet erklärt wurde.
Rund um den hübschen Ort entstehen neureiche Villen, Baugrundstücke müssen mühsam in den Fels geschlagen werden, das Dröhnen der Presslufthammer hallt von den Hängen. „Ein bisschen wie in Port d`Andratx auf Mallorca“, findet ein Beneteau-Eigner aus Düsseldorf, der nach vielen Jahren auf Mallorca den Weg zur Festlandsküste gefunden hat. Seiner Meinung nach viel zu spät, denn „eigentlich ist das hier an der Costa Brava genauso abwechslungsreich.“
Auf dem Weg dahin aber passieren wir das eigentliche Cap de Creus, den Eckpfeiler, um den jeder Nordsturm aus dem Golf von Lion herumbraust. Die wilden Abstürze der Pyrenäenausläufer machen Platz für große Felsbuchten und kleine, tief einschneidende Fjorde. Für Cala de Culip beispielsweise. Bei der Einfahrt reicht klares tiefes Wasser bis dicht an die Felswand, weiter hinten öffnen sich die Nebenbuchten, über einer thront der weiße Leuchtturm des nahen Cap de Creus. Der Anker platscht ins Wasser, Möwen kreischen auf, dann kehrt Stille ein.
Fazit: Die Costa Brava überzeugt
Wer später zum Sonnenuntergang den Hang hinaufkraxelt bis zum Leuchtfeuer, ist überwältigt. Granit und Schiefergesteine türmen sich in bizarrer Schönheit aufeinander, mal karg und schroff, mal von wilder Macchia und Binsen überzogen. Kormorane taumeln im Wind, Kaninchen huschen in die Sträucher, ganz unten schwatzt das Meer an die Felsen. Ein unberührtes und menschenleeres Fleckchen Land an der spanischen Mittelmeerküste. Kaum zu glauben, aber wahr!
Charter
Keine der großen internationalen Charterfirmen betreibt an der Costa Brava einen Charterstützpunkt. Dennoch gibt es ein gutes Angebot an Charteryachten von lokalen Anbietern. Das größte Angebot ist in Barcelona zu finden, als Reviermetropole mit guten Flugverbindungen ein guter Ausgangshafen.
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Für eine deutschsprachige Beratung und die zuverlässige Buchung von Charteryachten bewährter Anbieter an der Costa Brava können diese Firmen behilflich sein: