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Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.
Der Eider-Törn ist 60 Seemeilen lang und landschaftlich reizvoll
Die Eider ist ein attraktiver Fluss im Herzen von Schleswig-Holstein, der von Yachten mit einem Tiefgang von bis zu 2,7 Metern und einer Masthöhe von maximal 30 Metern befahren werden kann. Obwohl die Reise auf dem kurvenreichen Fluss landschaftlich äußerst reizvoll ist, kennen viele Segler die Eider nicht. Sie fristet eine Art Schattendasein und wird unterschätzt, was sicherlich auch einen Teil ihres Reizes ausmacht.
Die eigentliche Quelle der Eider liegt im Großraum Kiel bei Schillsdorf. Von dort bis zur Mündung an der Nordsee hat die Eider eine Länge von 188 Kilometern. Allerdings ist die Eider im Zuge des Baus des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) zu einem Teil desselbigen geworden. Damit einhergehend wurde die Eider unterbrochen und die Kilometrierung geändert. Kilometer 0 befindet sich seither in der Nähe der Altstadt von Rendsburg.
Begonnen wird der Törn über die Eider allerdings erst am Ende des nur drei Kilometer langen Giselau-Kanals, der bei Eider-Kilometerstein 23 den NOK und die Eider verbindet. Das andere Ende der Eider bildet das Eidersperrwerk, hinter dem die Nordsee wartet, bei Kilometer 111. Somit bleiben 88 segelbare Kilometer, was ungefähr 48 Seemeilen entspricht. An und für sich ist das nicht ganz richtig, da es streng genommen sogar über 60 Seemeilen sind, weil hinter dem Eidersperrwerk noch die rund 15 Seemeilen lange Mündung der Eider durch die Sände der Nordsee folgt. Erst hinter der Ansteuerungstonne ist dauerhaft tiefes Wasser erreicht.
Wer einen Eider-Törn unternimmt, wird schnell feststellen, dass eigentlich drei völlig unterschiedliche Reviere durchfahren werden. Beginnend an der Nordsee geht es von der Ansteuerungstonne zunächst durch die Außen-Eider mit Tidenströmung, vorbei an Sankt Peter-Ording, zum Eidersperrwerk.
Am Eidersperrwerk beginnt Abschnitt zwei, die sogenannte Tide-Eider. Dieser Teil des Flusses ist, wie der Name schon sagt, ebenfalls gezeitenabhängig, verläuft allerdings durch das Binnenland, bis bei Nordfeld eine Schleuse erreicht wird.
Hinter der Schleuse Nordfeld folgt der dritte und letzte Teil, die Binnen-Eider. Sie ist aufgestaut, schlängelt sich kurvenreich bis zum NOK durch das Hinterland und hat eine durchgehend konstante Tiefe.
Sowohl der Abwechslungsreichtum der drei Reviere als auch die Tatsache, dass es entlang der Eider keinerlei Industrie-Ansiedlung gibt, machen sie attraktiv. Ich würde die Eider als Kleinod bezeichnen, in dem man gut die Seele baumeln lassen kann. Kühe muhen hinter dem Deich, Schafe blöken auf dem Deich und Enten quaken vor dem Deich im Schilf. Ab und zu wird ein kleines Dorf passiert, von den beiden attraktiven Kleinstädten Tönning und Friedrichstadt ganz zu schweigen. Kurzum: Ein Eider-Törn lohnt und die folgenden Infos sollen dabei helfen, ihn richtig anzugehen.
Die richtige Taktik für einen Törn auf der Eider
Bei der Törnplanung ist es ratsam, über die Fahrtrichtung nachzudenken – zumindest würde ich die Eider nur in eine Richtung befahren und nicht hin und zurück, so spannend ist sie dann doch nicht.
Wer von der Ostsee zur Nordsee möchte, wird den NOK bei Giselau verlassen und weiter flussabwärts zur Nordsee fahren. Umgekehrt ergibt es Sinn, von der Nordsee kommend flussaufwärts zur Ostsee zu fahren. Das dürfte unstrittig sein.
Wer frei bei der Törnplanung ist, sollte die Eider von der Mündung zur Quelle befahren – was in Kombination mit NOK und Elbe auch als Rundreise möglich ist. Das ist in meinen Augen der sinnvollere Weg, weil die Passage durch die Außen-Eider der komplizierteste der drei Abschnitte ist und dabei das Wetter und die Tide zeitlich stimmen müssen. Mehr noch: Es gibt sogar Tage, an denen die Außen-Eider unpassierbar ist.
Für die Törnplanung ist es gut zu verstehen, dass der vorherrschende Wind auf der Nordsee der Westwind ist. Bei einem Eider-Törn, der an der Nordsee beginnt, verspricht das Rückenwind. In Kombination mit dem Flutstrom, den man nutzen wollen wird, ergibt sich eine flache angenehme See. Steht die Passage durch die Außen-Eider am Anfang des Törns, ist das leichter zu planen, als wenn ich aus der Eider raus möchte und gegebenenfalls ein paar Tage auf das richtige Wetter und die richtige Tide warten muss.
Tipp: Ein praktischer Absprungort für den Törn in die Eider ist Helgoland – bis zur Ansteuerungstonne sind es rund 20 Seemeilen. Auf der Hochsee-Insel kann man es sehr gut ein paar Tage aushalten, um auf das richtige Wetter zu warten.
Ist man einmal in der Eider drin, ist der anspruchsvollste Teil geschafft, Entspannung setzt ein und die Etappen müssen nicht mehr nach dem Wetter geplant werden. Das schafft Freiheit im Kopf. Umgekehrt würde man immer auf das Wetter an der Nordsee schielen und unter Umständen zur Mündung hetzen müssen, wenn sich ein Fenster für die Fahrt auf die Nordsee auftut, was schade wäre. Dafür hat die Eider viel zu viel zu bieten.
Vor dem Hintergrund werden die drei Abschnitte des Eider-Törns entgegen der natürlichen Flussrichtung von der Mündung zur Quelle vorgestellt. Beginnen wir mit der Außen-Eider.
Die Außen-Eider
Das Fahrwasser der Außen-Eider beginnt bei der gleichnamigen rot-weißen Ansteuerungstonne „Eider“, die in den letzten Jahren bei der Position 54°16‘N und 008°29’E zu finden ist. Da das Fahrwasser ständig seinen Verlauf ändert, kann sich auch die Position der Tonne ändern. Daher gehört es zu guter Seemannschaft nicht nur stets aktuelles Kartenmaterial zu verwenden, sondern sich vor Fahrtantritt auch zu informieren, ob es Korrekturen gab.
Man könnte auch sagen, dass die Seekarten bei Druckschluss eigentlich schon veraltet sind. Ein Gesetz, das bei Karten für die Nordsee grundsätzlich gilt, für die Eider gilt es umso mehr. Ich kenne kein Fahrwasser, was so häufig seinen Verlauf ändert. Folglich ist es ratsam, sich nach den Tonnen zu richten und nicht nach der Seekarte. Wichtig: Ein Großteil der Tonnen ist unbeleuchtet und die Einfahrt in die Eider sollte nur bei guter Sicht und am Tage erfolgen.
Die Tonnen stehen sehr weit auseinander und für gewöhnlich in der Nähe der Fahrwasserkante. Daher muss bei Querströmung und Windabdrift darauf geachtet werden, nicht aus dem Fahrwasser versetzt zu werden. Außerdem sollten die Tonnen insbesondere in kurvenreichen Abschnitten nicht zu dicht passiert werden.
Zur Herausforderung Außen-Eider gehört auch, dass sich ein paar Seemeilen hinter der Ansteuerungstonne eine Barre bildet, auf der bei Niedrigwasser oft weniger als zwei Meter Wasser steht. Bei starken oder stürmischen auflandigen Winden bilden sich hier Brecher (Breakers), die die Barre unpassierbar machen können.
Die Lage der Barre ist beispielsweise in der Seekarte DE10 des NV-Verlages gut zu sehen, da es rote Begrenzungslinien für den zwei-Meter-Bereich gibt. Zudem ist hier das Wort „Breakers“ eingedruckt, was wie beschrieben an manchen Tagen ein berechtigter Hinweis ist.
Ich würde bei einer Yacht mit zwei Metern Tiefgang frühestens zwei Stunden nach Niedrigwasser über die Barre segeln wollen. Dann bleibt immer noch genug Zeit, um mit dem auflaufenden Wasser zum Eidersperrwerk zu fahren.
Zur Tidendynamik im Allgemeinen gehört bekanntlich die Tatsache, dass man mit dem auflaufenden Wasser länger mitsegeln kann als mit dem ablaufenden. Das gilt auch für die Eider. Die Ausfahrt über die Barre ist folglich auch immer ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Einfahrt hingegen nicht. Ein Grund mehr über die Nordsee besser in die Eider ein- statt auszulaufen (siehe Abschnitt Taktik).
Hinweis: Meine ausführlichen Anmerkungen zur Eidermündung haben nicht zum Ziel, vom Eider-Törn abzuraten. Ich möchte lediglich dafür sensibilisieren, dass man auf das richtige Wetter warten sollte und die Tide in die Planung mit einbeziehen muss.
Von der Ansteuerungstonne bis zum Eidersperrwerk werden je nach Fahrwasserverlauf etwa 15 Seemeilen im Kielwasser gelassen. Ich mag die Passage vor allem, wenn die Tide mit zwei Knoten mitschiebt. Einlaufend bleibt Sankt Peter-Ording mit seinen markanten Pfahlbauten an Backbord. Sandbänke ragen aus der Nordsee und die Tonnen fliegen nur so vorbei.
Mit jeder Seemeile kommt das Eidersperrwerk näher, ein gigantisches Betonbauwerk von fünf Kilometern Länge, das 1975 fertiggestellt wurde. Es hat fünf markante, jeweils 40 Meter breite Flutschutztore, die eigentlich immer offen stehen, damit der Takt der Gezeiten auch im zweiten Abschnitt, der Tide-Eider, funktioniert.
Kurz vor dem Eidersperrwerk hält man nach Backbord, nimmt die Segel weg und bleibt außerhalb des im Bereich der Flutschutztore mit gelb-roten Fasstonnen gekennzeichneten Sperrgebietes. Hinter dem Vorhafen folgt eine Schleuse, die ganzjährig rund um die Uhr bedient wird. Kontaktaufnahme über UKW-Seefunk-Kanal 14, Ruf „Eider Lock Radio“. Telefon: +49 483 345 350.
Tipp: Allzu viel Verkehr gibt es auf der Eider nicht. Man kann dem Schleusenwärter daher auch schon mal 20 Minuten vorher das Kommen avisieren. Dann steht die Schleuse erfahrungsgemäß schon bereit 🙂
Download: Einen Plan der Zufahrt zum Eidersperrwerk mit eingezeichneten Liegemöglichkeiten und Verbotszonen für Sportbootfahrer gibt es hier.
Tide-Eider
Hinter dem Eidersperrwerk folgt die Tide-Eider. Ab nun segeln wir drinnen statt draußen beziehungsweise binnen statt buten, wie man an der Eider so sagt. Hier schlängelt sich die Eider durch das Katinger und das Dithmarscher Watt. Die Deiche und Ufer sind zunächst zwar noch weit voneinander entfernt, kommen aber mit jeder Seemeile, mit der man sich der alten Hafenstadt Tönning annähert, immer näher.
Gerade in diesem ersten Abschnitt zwischen Sperrwerk und Tönning ist es sehr wichtig, nach den Tonnen zu segeln, da das Fahrwasser sehr veränderlich ist. Da wir aber mit dem Flutstrom die Eider hochkommen, ist die Fahrrinne für gewöhnlich tief genug. Das Fahrwasser ist mit roten und grünen Tonnen gekennzeichnet. Am Ufer stehen zudem etliche gelb-schwarze Kardinalzeichen in Form von Stangen an den Köpfen der Buhnen, die das Ufer befestigen.
Hinter Tönning wird die Eider merklich enger und die Tonnendichte nimmt sichtlich ab. Genau genommen steht nur noch sehr vereinzelt ein Seezeichen. Man folgt mit dem schiebenden Flutstrom dem Flusslauf. Dabei hält man sich mehr in den tiefen Außenkurven als in den zur Versandung neigenden Innenkurven.
Die Tide-Eider verzeichnet bis zu drei Meter Tidenhub (!). Um das Fahrwasser auch bei niedrigem Wasserstand tief zu halten und eine Versandung zu vermeiden, wird von Zeit zu Zeit das Eidersperrwerk geschlossen und das Wasser in der Eider gestaut. Das aufgestaute Wasser wird dann in einem Schwung mit viel Strömung abgelassen. Dabei spült es das Fahrwasser frei und nimmt die abgelagerten Sedimente mit raus auf die Nordsee. Wenn gespült wird, sollte man nicht auf der Eider unterwegs sein. Ob eine Spülzeit ansteht, kann beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Tönning angefragt werden – Telefon +49 486 161 50.
Auf dem 32 Kilometer langen Weg zur Schleuse in Nordfeld werden insgesamt drei Brücken passiert. Bei Tönning gibt es bei Kilometer 100 eine Straßenbrücke. Bei Friedrichstadt eine Eisenbahn- und eine Straßenbrücke. Die Betriebszeiten der Brücken können hier heruntergeladen werden.
Auf der Tide-Eider gibt es insbesondere im Unterlauf Möglichkeiten zu ankern. Der Schlick ist weich und hält gut den Anker, was nebenbei bemerkt auch eine Grundberührung ungefährlich macht. Im oberen Teil der Tide-Eider ist nicht genug Raum zum Ankern. Vereinzelt stehen am Ufer auch „Ankern verboten“-Schilder, wo Kabel queren.
Festgemacht werden kann in den Yachthäfen von Tönning und Friedrichstadt. Theoretisch gibt es auch noch den Hafen von Schülpersiel, der über einen Priel erreicht wird. Das ist aber nur etwas für Yachten mit maximal 1,5 Metern Tiefgang und wird hier nicht weiter betrachtet.
Der Hafen von Tönning ist sehr attraktiv, aber gezeitenabhängig. Bei Niedrigwasser fällt er trocken. Bei Hochwasser stehen etwa 2,5 Meter Wasser im Becken. Festgemacht wird an Schwimmstegen am Südufer mit Strom und Wasser. Der Hafenmeister ist sehr freundlich und hilfsbereit. Die Versorgung im Ort ist sehr gut. Erwähnenswert ist der Fischhändler am Hafen, der ausgezeichneten Matjes anbietet. Der Bahnhof ist in Hafennähe, was bei einem Crewwechsel von Bedeutung sein kann.
Wer mehr über die Lebensräume Eider und Nordsee erfahren möchte, kann das Nationalpark-Zentrum Multimar (Wattforum) in unmittelbarer Nähe des Hafens besuchen. Es gibt ein Aquarium und viele Infos zum Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer.
Friedrichstadt liegt 16 Kilometer weiter flussaufwärts bei Kilometer 84 und erinnert mit seinem Baustil an die Niederlande. Es empfiehlt sich in Tönning abzulegen, sobald die Yacht aufschwimmt, damit einen der Flutstrom nach Friedrichsstadt schiebt. In diesem Abschnitt ist die Eider weniger kurvenreich, das Land flach und grün und die Deiche kommen am Ufer zunehmend näher.
Der Yachthafen liegt hinter einer Schleuse, deren Zufahrt bei Niedrigwasser zu flach sein kann, weniger schön als Tönning zwischen der Landstraße B202 und einem Wohnmobilparkplatz. Das sehenswerte Zentrum der 2.500 Einwohner zählenden Kleinstadt mit einer Handvoll Grachten ist fußläufig schnell erreicht und ist ein Touristenmagnet. Man kann sich hier gut einen Tag lang treiben lassen.
Von Friedrichstadt bis Nordfeld sind es nur noch 6 Kilometer. Ab jetzt ist die Geschwindigkeit auf der Eider bis Giselau auf 8,1 Knoten beschränkt, was 15 Stundenkilometern entspricht und für die meisten Segler keine Herausforderung darstellen dürfte.
Die Schleuse von Nordfeld liegt hinter einer Kurve bei Kilometer 78, weshalb sie erst kurz vorher in Sicht kommt. Zeigt die Anlage ein grünes Licht, kann eingefahren werden. Hinter der Schleuse beginnt die Binnen-Eider – der dritte und letzte Abschnitt.
Binnen-Eider
Mit der Binnen-Eider beginnt hinter der Schleuse Nordfeld eine andere Welt. Das ewige Auf und Ab der Gezeiten und die damit verbundenen Strömungen und Wasserstände diktieren nicht länger den Törnplan. Dieser Teil der Eider ist aufgestaut und schlagartig wird alles lieblicher. Schilf säumt das Ufer, Baumkronen ragen über das Wasser und die Deiche sind niedriger. Kurvenreich windet sich das Fahrwasser durch das Hinterland. Größere Ansiedlungen sind Fehlanzeige, und würden die Kilometerschilder am Ufer nicht ab und zu einen Anhaltspunkt für das Vorankommen bieten, wäre es schwer, die Orientierung zu behalten.
Auf den ersten Blick sieht die Binnen-Eider überall gleich aus. Braunes Wasser, grüne Ufer und bei Sonne ein blauer Himmel. Auf den zweiten Blick sieht die Eider hinter jeder Kurve anders aus. Hin und wieder taucht eine kleine Ortschaft auf, vereinzelt weisen Tonnen oder Pricken, von denen man sich frei halten sollte, den Weg und die eine oder andere oftmals zu klein dimensionierte Steganlage deutet Zivilisation an.
Vor allem aber ist die Binnen-Eider eines: Natur pur. Wer Zeit im Gepäck hat, sollte auf der Binnen-Eider die Segel setzen. In meinen Augen belebt es die Sinne, wenn der Motor verstummt und sich die Tücher mit Wind füllen. Hier nur ein Hauch im Windschatten der Bäume, dort eine Böe, die das glatte Wasser kräuselt. Mal ein Knoten Fahrt über Grund, dann wieder fünf. Plötzlich riecht man die Landluft, entdeckt die Adler in den Baumkronen oder hört die Enten, wenn sie lautstark auffliegen. Ich mag das, fühle mich dann lebendig und merke, wie sich Entschleunigung breit macht. Die Binnen-Eider ist ein guter Ort dafür.
Ein erster Stopp zum Mittag oder auch für die Nacht kann gut in Süderstapel bei Kilometer 61 eingelegt werden. Der kleine, sehenswerte Ort befindet sich auf einem Geestvorsprung, der wie ein Prallhang am Nordufer der Eider liegt.
In Süderstapel gibt es ein paar sehenswerte Gebäude, sehr gute Sanitäranlagen und – nicht unwichtig – einen gut sortierten kleinen Supermarkt. Das ist deshalb von Bedeutung, weil die nächste verlässliche Einkaufsmöglichkeit erst wieder in Rendsburg oder Brunsbüttel am NOK zu finden ist. Wer auf der Binnen-Eider noch ein wenig verweilen möchte, weiß die Info vermutlich zu schätzen.
Weitere Liegemöglichkeiten bieten die Orte Delve (km 52), Bargen (km 50), Pahlen (km 46), Hohner Fähre (km 36) und Lexfähre (km 26). Alles Orte, an denen vornehmlich Motorboote im Hafen liegen und Campingplätze die Ufer dominieren. Müsste ich einen dieser Orte empfehlen, wäre es Delve. Hier ist nichts, aber der Blick vom Cockpit aus ist schön und reicht weit. Ganz nett ist zudem ein Abstecher in den fußläufig zu erreichenden Ort. Dort gibt es das Café Klön-Stuuv mit ofenfrischem Kuchen sowie einen vielfach gelobten Hofladen mit eingeschränkten Öffnungszeiten.
Für Familien mit Kindern sei noch Bargen eben hinter Delve empfohlen, da es hier einen großen Spielplatz und einen Sandstrand am Ufer gibt. Die Infrastruktur ist gut. Wasser, Strom, Sanitäranlagen, Grillplatz. Festgemacht wird an Schwimmstegen mit Auslegern.
Je näher man dem Abzweig zum Giselau-Kanal kommt, desto schmaler wird die Eider. Stellenweise ist sie sogar nur noch 50 Meter breit. Hinter der Schleuse bei Lexfähre geht es noch einmal lebhaft zu, da es hier viele Liegeplätze für Boote gibt und das Hotel/Restaurant „Zum alten Fährhaus“ am Ufer ein beliebter Treff am Wochenende ist.
Es folgt noch ein kurzer Schlag auf dem knapp drei Kilometer langen Giselau-Kanal, der sich optisch kaum von der Eider unterscheidet, und dann ist man nach einer Schleuse schon fast wieder auf dem NOK. Hinter der Schleuse gibt es am Giselau-Kanal ein paar idyllische Liegeplätze an einer Holzpier.
Auf dem NOK geht es dann wahlweise rechtsherum weiter nach Brunsbüttel zur Elbe und/oder der Nordsee oder nach links in Richtung Kiel zur Ostsee.
Navigationshinweise zur Eider
Für die Eider zuständig ist das Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning. Es gilt durchgängig die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung. Berufsschifffahrt gibt es nicht und die Fahrwasser sind sehr gut betonnt. Maximaler Tiefgang für Yachten 2,7 Meter, maximale Masthöhe 30 Meter.
Es werden drei Klappbrücken passiert – bei Tönning, bei Friedrichstadt und in Pahlen. Sportboote haben Vorfahrt und die Öffnung erfolgt in der Regel umgehend während der Betriebszeiten, die hier heruntergeladen werden können. Außerdem gibt es bei Friedrichstadt eine Eisenbahn-Drehbrücke. Logischerweise hat der Zugverkehr Wegerecht. Es kann daher Wartezeiten geben. Alle Brückenwärter reagieren auf einen langen Ton als Schallsignal und sind alternativ telefonisch zu erreichen.
Straßenbrücke Tönning
Telefon: +49 4861 52 44
Eisenbahnbrücke Friedrichstadt
Telefon: +49 151 274 005 09
Straßenbrücke Friedrichstadt
Telefon: +49 4881 260
Straßenbrücke Pahlen
Telefon: +49 171 201 20 70
Außerdem werden vier Schleusen zwischen der Eidermündung und dem NOK passiert. Zunächst am Eidersperrwerk, dann bei Nordfeld am Übergang zwischen Tide-Eider und Binnen-Eider sowie in Lexfähre und am Giselau-Kanal. Auch die Schleusen öffnen in der Regel zügig.
Hilfreich sind die Seekarte DE10 des NV Verlages und der Gezeitenkalender des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Auch sollten unter www.elwis.de die Bekanntmachungen für Seefahrer (BFS) vor Fahrtantritt gecheckt werden. Gelegentlich fallen bei Bauarbeiten Gezeiten in der Tide-Eider aus. Manchmal ist auch die Giselau-Schleuse wegen Wartungsarbeiten außer Betrieb. Dann würde die Eider gegebenenfalls zur Sackgasse werden.
Schleuse Eidersperrwerk
Telefon: +49 4861 615 211
Schleuse Nordfeld
Telefon: +49 4881 930 415 50
Schleuse Lexfähre
Telefon: +49 4802 375
Schleuse Giselau
Telefon: +49 4827 906 577 oder +49 4332 991 57 61
Alle Brücken und Schleusen sind kostenfrei. Lediglich an der Schleuse Giselau muss das Ticket für die Teilpassage auf dem NOK gekauft werden.
Fazit
Die Eider ist ein Kleinod und eine interessante Alternative auf dem Törnplan. Ihre ganze Schönheit zeigt sie vor allem, wenn man sie unter Segeln bereist. Mitunter geht es dann zwar nur im Schneckentempo voran, aber genau das kann ja sehr reizvoll sein. Beeindruckend ist dabei die Nähe zur Natur. Zum Wasser, zur Flora und zur Fauna. Und das in einer Art und Weise, wie sie durch die drei Abschnitte Außen-Eider, Tide-Eider und Binnen-Eider abwechslungsreicher nicht sein könnte.
Wer ohnehin durch den Nord-Ostsee-Kanal möchte, findet mit der Eider eine interessante Törnoption. Ich bin den Eider-Törn schon mehrfach von der Nordsee zum Nord-Ostsee-Kanal gesegelt und habe ihn immer als große Bereicherung empfunden. Mehr noch: Beim Verlassen der Eider bleibt jedes Mal aufs Neue im Kielwasser die Erkenntnis zurück, ein besonderes Revier befahren zu haben. Ein Revier voller Abwechslungsreichtum, das völlig zu Unrecht derart unterschätzt wird.
Vielen Dank für den Bericht ~ vor allem auch zur genauen Wegweisung von Helgoland kommend.
Ob man viele Meilen gesegelt ist oder wenige: Eines wird deutlich, nämlich Genuß ist, wenn man genießt. In den Zeilen roch ich den Eidersandstrand an dem man entlanggleitet. Vor allem, wenn man andere Lebenspassagen innerlich passieren will oder muss. Danke dafür. Es fördert die Sehnsucht nach der Auszeit unter Segeln!
Komme gerade von einem Teilstück dieses Törns zurück. Vom NOK und Gieselaukanal in beide Richtungen der Eider (bis 10km vor Rendsburg, und bis Friedrichstadt). Die besondere Atmosphäre und Ruhe sind von Sönke genau getroffen und absolut eine Empfehlung. Nicht nur als Alternative für Durchreisende sondern, wie bei mir, auch als Hauptziel.
Eine schöne Beschreibung, die ich nun zur Vorbereitung der nächsten Saison nochmal gelesen habe. Dazu eine Frage. Du schreibst: “Auf der Tide-Eider gibt es insbesondere im Unterlauf Möglichkeiten zu ankern.” Hast du da konkrete Stellen im Blick oder ausprobiert? Lt. Karte könnte der Bereich nordwestlich Schülp in Frage kommen…? Danke für eine kurze Antwort.
Wir haben mal zwischen Eidersperrwerk und Tönning geankert. Da liegen auch immer wieder andere Yachten. Viele Grüße Sönke