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Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.
Nachtsegeln ist ein besonderes Erlebnis
Die See rauscht. Es ist kurz nach Mitternacht irgendwo auf dem weiten Pazifik. Tropische Sommerluft weht durchs Cockpit und unser Schiff wird vom Passatwind über die schwarze See geschoben. Die Windfahnensteuerung hält Kurs. Meine Frau schläft. Ich liege nur mit T-Shirt, Badehose und Rettungsweste bekleidet auf der Cockpitbank und schaue in die unendliche Weite über mir. Millionen Lichter funkeln da. Der Jupiter, der große Wagen, die Kassiopeia und das Kreuz des Südens. Gelegentlich erlischt eine Sternschnuppe und über allem umspannt die Milchstraße als ein galaktisches Band das Himmelszelt. Gedanken kommen und gehen, ziehen im Geiste dahin, so wie wir durch das schwarze Nichts über den Ozean. Grenzen verschwimmen im Takt der Wellen und die Zeit scheint stillzustehen. Die Welt ist friedlich und frei.
So oder so ähnlich habe ich es schon hunderte Male erlebt und es wird einfach nicht langweilig, durch die Nacht zu segeln. Es ist eine besondere Form des Segelns, eine, die man sich aneignen muss. Die Dunkelheit und die damit verbundene Ungewissheit liegen nicht jedem Segler und gerade zu Beginn muss man sich die Schönheit des Nachtsegelns mitunter erarbeiten. Dazu gehört – unabhängig davon, ob es sich um eine mehrtägige oder eine eintägige Passage handelt – immer eine gründliche Törnplanung. Sie ist beim Nachtsegeln essenziell und entscheidet über Erfolg und Misserfolg. Welche Aspekte dabei in meinen Augen eine Rolle spielen, möchte ich nachstehend aufzeigen.
Eines noch vorweg: In diesem Beitrag soll es nicht um Wachsysteme gehen, sondern um all jene Aspekte, die sonst noch wichtig sind, damit unterwegs alles möglichst reibungslos abläuft. Gleichwohl ich ergänzen möchte, dass gerade bei Törns, die über mehrere Tage gehen, eine klare Absprache darüber erforderlich ist, wie jeder einzelne Mitsegler zu Schlaf kommt beziehungsweise wann jedes Crewmitglied die Schiffsführung übernimmt oder begleitet.
Wetter
Die eingangs beschriebene Situation ist idealtypisch und nicht immer läuft das Nachtsegeln so wunderbar ab. Vielmehr gibt es auch Nächte, in denen man sich an einen anderen Ort wünscht und hofft, dass der rettende Hafen schnell näher kommen mag. Ein Sturm, Gewitter, Gegenstrom, unangenehme Wellen oder gar Nebel – all das sind Dinge, die einem die Nachtfahrt schnell verleiden und eine Crew eher auseinander- als zusammenbringen können.
Gerade in der Nacht gehen die Meinungen darüber, was ein einzelnes Crewmitglied als unangenehm empfindet, mitunter sehr weit auseinander. So wird ein Sturm in der Nacht von vielen Seglern als sehr schlimm empfunden, weil man seine Umgebung nicht ausführlich sehen kann und in der Folge auch nicht sehen kann, was auf einen zukommt. Auf der anderen Seite gibt es durchaus Segler, die einen Sturm bei Nacht weniger schlimm empfinden als am Tage, weil die See im Schatten der Nacht nur bedingt sichtbar ist und in der Folge weniger bedrohlich wirkt.
Umso wichtiger ist es, sich über die lokalen Wetterentwicklungen im Klaren zu sein, um böse Überraschungen zu vermeiden. Möglichkeiten, gute Wettervorhersagen zu erhalten, gibt es heutzutage wie Sand am Meer, daher gehe ich hier nicht weiter darauf ein – beispielsweise auch über Apps. Das gehört schlicht zu guter Seemannschaft und Vorbereitung dazu.
Ich möchte jedoch dafür sensibilisieren, dass bei einer Nachtfahrt das Wissen um das Wetter von elementarer Bedeutung ist, da man im Vergleich zum Tage das aufziehende Wetter nicht kommen sieht. Damit meine ich beispielsweise Wellen, die plötzlich Schaumkronen werfen und somit auf eine Zunahme des Windes hindeuten, oder eine Front, die anhand einer tiefhängenden, dunklen Wolkendecke mit einer klaren Kante zu erahnen ist. Hierbei ist ein Radargerät an Bord eine wichtige Hilfe.
Bei Törns, die über mehrere Tage gehen, wie beispielsweise eine Ozeanüberquerung auf einer Weltumseglung, ist es nicht möglich, das Wetter langfristig vorherzusehen. Hier muss man es nehmen, wie es kommt. Wer jedoch einen vergleichsweise kurzen Schlag plant, der nur eine oder zwei Nächte dauert, kann heutzutage auf sehr gute Wettervorhersagen zurückgreifen und bei entsprechender Planung der Abfahrtszeit in der Regel böse Überraschungen vermeiden.
All jenen Seglern, die sehr wenig Erfahrung mit Nachsegeln haben, sei daher geraten, die ersten Erfahrungen bei gutem, stabilen Wetter zu sammeln und vergleichsweise kurze Schläge in der Nacht zu wählen. Es muss ja nicht gleich die Ozeanüberquerung sein. Für jemanden, der noch nie eine Nachtfahrt gemacht hat, dürften die 130 Seemeilen zwischen Fehmarn und Bornholm fürs Erste aufregend genug sein.
Mond und Wolken
Unter Umständen ist es ratsam, das Nachtsegeln mit dem Mond zu planen. Die hellsten Nächte erwischt man um Vollmond herum. Vereinfacht gesagt, geht der Mond bei Vollmond auf, wenn die Sonne untergeht, und wieder unter, wenn die Sonne aufgeht. Entsprechend andersherum verhält es sich bei Neumond. Dann erlebt man die dunklen Nächte.
Mit anderen Worten: Wer eine Nachtfahrt um Vollmond herum unternimmt, erlebt sie – sofern keine tiefhängende Wolkendecke das Licht trübt – fast wie eine Tagfahrt. Die Kehrseite der Medaille: Aufgrund der Helligkeit des Mondes sind dann leider fast keine (romantischen) Sterne zu sehen.
Tipp: Es gibt Apps, die den aktuellen Sternenhimmel erklären
Wie schon angedeutet, gilt das gleiche für die Wolken. Je weniger Wolken am Himmel stehen, desto heller ist die Nacht. Auch hierüber gibt die Wettervorhersage Aufschluss und dieser Aspekt sollte unter Umständen bei der Planung der Abfahrt berücksichtigt werden.
Reichweite
Natürlich kann man sich auch fragen, wenn man von einer Ozeanüberquerung mal absieht, wozu man eigentlich überhaupt eine Nachtfahrt machen muss. Das ist eine Glaubensfrage. Ich persönlich finde Nachtfahrten wunderschön, aber um an diesen Punkt zu gelangen, ist natürlich auch eine gewisse Routine erforderlich.
Tipp: Mehr dazu erzähle ich ausführlich auch in diesem Online-Seminar
Der große Vorteil der Nachtfahrt ist, dass ich meine Reichweite erhöhe und zu komplett neuen Ufern aufbrechen kann. Völlig unabhängig davon, dass wir eine Weltumseglung im Kielwasser haben, nutzen wir immer noch bei unseren regelmäßigen Törns auf der Ostsee Nachtfahrten, um unser Schiff möglichst zügig in ein neues Revier zu bringen. Vor Ort angekommen, tingeln wir dann gemütlich von Bucht zu Bucht.
Dazu ein Beispiel: Einen Sommer sind wir von Kiel nach Westschweden durchgesegelt. Dann sind wir drei Wochen lang durch die Schären getingelt und schließlich von Norwegen über die Nordsee zurück zur Elbe. So liegen auf einmal zwischen einem traumhaften Revier, wie den Schären, und der Elbe gerade mal 60 Stunden auf See. Mit etwas Routine ist das keine große Herausforderung.
Einweisung der Crew
Generell sollten alle Crewmitglieder an Bord vor der Nachtfahrt eine Einweisung in die sicherheitsrelevanten und technischen Systeme des Schiffes bekommen. Das schafft Vertrauen und insbesondere in einer dunklen Umgebung weiß dann jeder, wo was zu finden ist – beispielsweise der Suchscheinwerfer.
Vor einer Nachtfahrt sollten mindestens diese Dinge bereit gelegt werden:
- Rettungswesten
- Lifebelts
- Taschenlampe (mit Rotlicht)
- Stirnlampen (mit Rotlicht)
- Suchscheinwerfer
- Fernglas
Ferner sollte eine weniger erfahrene Crew darauf hingewiesen werden, dass sie beim kleinsten Zweifel den Skipper wecken soll. Hier gilt: besser zu früh als zu spät. Dadurch bleibt wertvolle Zeit, um auf die Situation zu reagieren. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn man mit ausgebaumten Passatsegeln durch die Nacht rauscht und einem anderen Fahrzeug ausweichen muss.
Ernährung beim Nachtsegeln
Bei vielen Besatzungen kommt die Einnahme vollwertiger Mahlzeiten auf See zu kurz. Dabei ist es gerade auf See von elementarer Bedeutung, vernünftig zu essen. Zum einen ist der Kalorienverbrauch auf See deutlich höher als im Hafen. Zum anderen beugt die regelmäßige Nahrungsaufnahme unangenehme Begleiterscheinungen wie Seekrankheit oder Unterzuckerung vor. Dies gilt umso mehr auf einem Langstreckentörn mit Nachtsegeln.
Am einfachsten ist es daher, bereits im Hafen Mahlzeiten vorzukochen oder vorzubereiten, sodass diese auf See nur noch kurz erwärmt werden müssen. Selbst den Parmesan für eine Spaghetti Bolognese kann man vorab reiben und in eine Dose füllen, sofern er nicht eh schon gerieben in der Tüte gekauft wurde. Eine weitere sinnvolle Ergänzung sind belegte Brote.
Gerade in den kühlen Morgenstunden kurz vor Sonnenaufgang, wenn die Müdigkeit am größten ist, haben sich gebratene Spiegeleier und Brot hervorragend bewährt. Sie sind schnell zubereitet und fühlen sich an wie eine warme Mahlzeit. Auch Heißgetränke erfreuen so manchen Segler im Schatten der Nacht.
Des Weiteren gibt es bei uns an Bord eine Box mit Schokoriegeln, Müsliregeln und Bananen beziehungsweise Äpfeln. Das alles sind schnelle Energielieferanten, die in der Regel die Stimmung aufhellen und für neuen Schwung sorgen.
Ganz wichtig ist neben dem Essen auch die konstante Zufuhr von Flüssigkeit. Hier hat es sich bewährt, für jedes Crewmitglied eine eigene Trinkflasche mit Wasser bereitzulegen. Mit einem wasserfesten Stift wird auf den Deckel der Name notiert. So hat jeder seine eigene Flasche und kann die getrunkene Menge bestens kontrollieren. Denn wer es nicht schafft, binnen 24 Stunden eine 1,5 l Flasche Wasser leer zu trinken, der trinkt definitiv viel zu wenig! Besser wären zwei Flaschen.
Tipp: Man muss beim Flaschenwechsel nicht jedes Mal den Deckel neu beschriften. Es reicht, den Deckel mehrfach zu verwenden 😉
Grundsätzlich sollte spätestens bei Anbruch der Dunkelheit an Bord der Abwasch gemacht werden, damit die Spüle in der Nacht frei ist von schmutzigem Geschirr. So kann Geschirr, das mitten in der Nacht benutzt wird, dort gelagert werden. Ein Abwasch mitten in der Nacht ist oft kontraproduktiv, da das Klappern des Geschirrs die schlafenden Mitglieder der Crew weckt.
Navigation beim Nachtsegeln
Ich persönlich finde, dass eine Nachtfahrt in Zeiten der elektronischen Navigation relativ einfach geworden ist. Auf der elektronischen Seekarte sehe ich, wo ich mich befinde, und auf dem AIS, wohin die anderen Schiffe fahren – sofern sie dann ein entsprechendes Signal aussenden. Selbstverständlich ist das auch eine trügerische Sicherheit und ich sollte von Zeit zu Zeit überprüfen, ob die elektronischen Daten mit dem übereinstimmen, was mein Auge wahrnimmt (Bitte dabei beachten, dass Objekte in der Dunkelheit subjektiv dichter wahrgenommen werden als am Tage).
Im Großen und Ganzen ist die moderne Navigation eine sehr verlässliche Sache. Insbesondere das AIS ist für viele Segler eine Hilfe, weil es ihnen ein Stück weit erspart, die Fahrtrichtung eines anderen Schiffes auf Basis der gezeigten Positionslampen abzuleiten – gleichwohl man das natürlich können sollte.
Ferner hilft es, alle Wegpunkte vor dem Ablegen zu programmieren und zu einer Route zusammenzufügen. Dies verhindert, dass bei aufkommender Müdigkeit Fehler passieren.
Für mich gehört es auch dazu, in der Nacht (und am Tage) regelmäßig Logbuch zu schreiben und die Position stündlich auf die Papierseekarte zu übertragen. Gerade in der Nacht ist das eine willkommene Abwechslung, die zusätzlich wach hält.
Lichterführung bei Nachtfahrten
Während einer Nachtfahrt auf hoher See hat es sich bewährt, das eigene Schiff – unabhängig davon, ob es unter Segeln unterwegs ist oder nicht – mit einer LED-Dreifarbenlaterne im Masttop zu beleuchten. Sie braucht äußerst wenig Energie und sitzt hoch genug, um von überall aus gesehen zu werden. Die klassischen roten und grünen Lampen am Bug sowie das Hecklicht verschwinden insbesondere bei viel Seegang im tiefen Wellental aus dem Sichtfeld eines anderen Bootes und sind damit nur bedingt geeignet.
Die Benutzung der Dreifarbenlaterne hat zudem noch einen willkommenen Nebeneffekt: Auf den meisten Schiffen leuchtet der weiße Schein des Hecksektors den Windex an.
Es gibt auch Kritiker der Dreifarbenlaterne, weil sie von einem hohen Standort aus (Frachter auf der Brücke) fehlinterpretiert werden kann. Ich halte diese Kritik für übertrieben und finde, dass die Dreifarbenlaterne deutlich mehr Nutzen stiftet, als sie Gefahr auslöst. Nicht ohne Grund ist sie bei allen Rallys, die über Ozeane führen, zwingend vorgeschrieben.
Alternativ kann unter Segeln auch die Lichterführung „Rot über Grün” gewählt werden. Mehr dazu gibt es in diesem Beitrag.
Beleuchtung an Bord
Bevor ich zum Thema „Beleuchtung beim Nachtsegeln“ komme, möchte ich kurz erklären, wie das menschliche Auge funktioniert. Auf der Netzhaut unseres Auges gibt es vereinfacht dargestellt zwei Arten von Zellen, mittels derer wir sehen können. Sie heißen Zapfen und Stäbchen. Die Zapfen sind für das Sehen am Tage zuständig und erlauben uns, verschiedene Farben zu erkennen. Die Stäbchen wiederum sind für das Sehen in der Nacht zuständig und erlauben keine farbliche Wahrnehmung, da sie nur im blaugrünen Bereich sehen.
Der entscheidende Punkt dabei ist, dass die Zapfen sehr schnell auf eine Änderung der Beleuchtung (Helligkeit) reagieren – beispielsweise bei einem Wechsel von drinnen nach draußen. Nicht zuletzt auch, um die Augen vor zu viel Licht auf einmal zu schützen. Die Stäbchen hingegen brauchen bis zu einer halben Stunde, bis man mit ihnen in der Dunkelheit auch bei ganz wenig Licht hervorragend sehen kann. Jeder kennt wohl den Ausspruch, dass sich die Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen müssen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass häufige Helligkeitswechsel an Bord vermieden werden sollten, da sie zu Lasten der Nachtsicht gehen. Wer beispielsweise eine Stirnlampe mit hellem weißem Licht benutzt, hat zwar nach dem Einschalten den kurzfristigen Effekt, dass er dank der Zapfen und ihrer schnellen Anpassung an das Umgebungslicht sofort alles sehen kann, verliert aber gleichzeitig die gute Nachtsichtfähigkeit der Stäbchen im Dunkeln. Erst nach einer halben Stunde ist sie wieder vollständig hergestellt.
Glücklicherweise gibt es einen Trick, diesen Effekt zu umgehen: Die Verwendung von Rotlicht. Dadurch, dass die farbliche Wahrnehmung der Stäbchen im blaugrünen Bereich liegt, können sie kein Rotlicht wahrnehmen. Die Zapfen hingegen schon. Oder anders formuliert: Die Stäbchen sehen das rote Licht nicht und glauben, dass weiterhin finstere Nacht ist. In der Folge werden sie nicht gereizt und verlieren auch nicht ihre Nachtsichtigkeit.
Deshalb ist es beim Militär üblich, nachts mit roter Beleuchtung zu arbeiten, und genauso sollte auch auf einer Segelyacht beim Nachtsegeln verfahren werden. Nebenbei hat das den angenehmen Effekt, dass eine schlafende Person das rote Licht ebenfalls nicht wahrnimmt und problemlos weiterschläft, wenn es eingeschaltet wird.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Rotlicht an Bord zu installieren. Ich habe Eigner kennengelernt, die einen eigenen Lichtschaltkreis angelegt haben, der im gesamten Boot nur die Benutzung von Rotlicht erlaubt. Ebenso kenne ich Segler, die mit Scheinwerferfolie aus der Veranstaltungstechnik vor jeder längeren Überfahrt die Lampe überkleben. Wiederum andere Segler schwören darauf, einzelne Lampen mit rotem Nagellack anzumalen. Ich glaube, das ist eher ein Relikt aus alten Zeiten. Im LED-Zeitalter sollte es keine große Herausforderung mehr darstellen, an Bord eine Rotlichtinstallation umzusetzen – zumal es Hersteller wie „prebit” gibt, die Yachtbeleuchtung mit Rotlicht-Umschalter anbieten.
Noch einen Schritt weiter gedacht, bedeutet dies, auch beim Kauf von Anzeigeinstrumenten darauf zu achten, dass die Displays nachts rot leuchten können. Denn nichts ist ärgerlicher, als die gute Nachtsichtfähigkeit durch das Blenden des Plotters oder der Tochteranzeigen zunichte zu machen (gleiches gilt für Mobiltelefone und Tablet-Navigation). In dem Zusammenhang gilt es, die Helligkeit der Geräte nachts auf ein Minimum herunterzudimmen (verbraucht auch weniger Strom).
Stirnlampen sind praktisch. Keine Frage. Dankenswerterweise gibt es sie auch mit Rotlicht und ich würde diese Variante immer vorziehen. Sie helfen in fast jeder Lage und man hat immer sein eigenes persönliches Licht dabei. Bei der Kartenarbeit, beim Lesen oder beim Anleuchten der Segel für den Segeltrimm (der Decksscheinwerfer ist keine Option, da er ebenfalls auf einen Schlag die wertvolle Nachtsicht zunichtemacht). Für den einen oder anderen mag dies überzogen klingen. Aus der Praxis heraus kann ich dazu nur sagen: einfach mal ausprobieren. Der Effekt ist beeindruckend.
Schlafmanagement beim Segeln über Nacht
Wie schon weiter oben angesprochen, ist das Thema Wachsysteme ganz bewusst kein Teil dieses Beitrags – es würde den Rahmen sprengen. Unabhängig davon ergibt es aber Sinn, noch ein paar Zeilen zum Thema „richtig schlafen“ loszuwerden. Bereitschaftsschlaf in Schwerwetterkleidung mit Rettungsweste ist definitiv keine Option. Wer frei hat, hat frei!
Das bringt zwei Dinge mit sich. Erstens: Auf jeder Wache sollte möglichst ein Crewmitglied fahren, das kompetent genug ist, Entscheidungen zu fällen und die Verantwortung zu übernehmen. Nur so kann die schlafende Person vernünftig abschalten. Zweitens: Die schlafende Person muss auch loslassen können und der Person, die die Wache übernimmt, vertrauen. Denn eines dürfte unstrittig sein: Wer eine Wache leitet, hat in der Regel das gleiche Interesse, heil am Zielort anzukommen – so wie die schlafende Person auch. Bei Partnern mit unterschiedlichem Erfahrungsschatz muss diese Kompetenz gegebenenfalls in den ersten Wochen des Törns erst noch sukzessive aufgebaut werden. Aber was sind schon ein paar Wochen im Vergleich zu einem mehrere Jahre dauernden Törn um die Welt?
Zum Loslassen gehört auch, dass ich meinem Körper signalisiere, dass ich nicht länger verantwortlich bin und mich erholen darf. Mit anderen Worten: Schwerwetterkleidung ausziehen, Rettungsweste ablegen, Zähne putzen, Kleidung ausziehen und Schlafkleidung anlegen. Dadurch merkt der Körper, dass es nun ins Bett geht, und die entsprechende Person findet leichter in den Schlaf. Dieses ist ein äußerst wichtiger Aspekt für erfolgreichen Schlaf auf hoher See – vor allem bei Zwei-Personen-Crews. Auch dann, wenn einer der beiden Partner der erfahrenere ist. Im Notfall kann die schlafende Person geweckt werden.
Grundsätzlich schläft es sich besser in der Nähe des Drehpunktes des Schiffes – also mittschiffs. Idealerweise ist die Koje mit einem Leesegel – auch Kojensegel genannt – ausgerüstet, sodass die schlafende Person nicht herausfallen kann. Die Kojen sollten sich in Schiffslängsrichtung befinden. Auf einigen Yachten habe ich in großzügig bemessenen Eignerkabinen Kojen gesehen, die quer zur Schiffsrichtung liegen. Bei viel Seegang schläft es sich hier unruhig. Gleiches gilt für sehr breite Kojen, da es auf ihnen keinen Halt gibt, wenn das Schiff stark in der See rollt. Schmale Einzelkojen funktionieren dann besser.
Kleidung beim Nachtsegeln
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die richtige Kleidung für eine Nachtfahrt. Nicht immer ist es so tropisch warm wie eingangs geschildert. Vielmehr können Nachtfahrten mitunter äußerst kalt sein – insbesondere in den Morgenstunden, bevor die Sonne aufgeht. Hier helfen ganz pragmatisch eine gute Mütze (die nicht kratzt), Thermokleidung oder Skiunterwäsche.
Gerade die Wirkung einer Mütze wird von vielen Seglern unterschätzt (gilt auch für das Segeln am Tage). Ist der ganze Körper in Thermokleidung und Ölzeug verpackt, wird die Kälte aufgrund der vielen Nervenzellen am Kopf dort besonders stark empfunden. Eine Mütze schafft hier Abhilfe.
Sicherheitsaspekte bei Nachtfahrten
Bei einer Nachtfahrt ist ein Über-Bord-Gehen zwingend zu verhindern, da man die Person im Dunkel der Nacht nur sehr schwer wiederfindet.
Die einfachste Sicherungsmethode bietet die Rettungsweste (mit Licht!). Sie sollte unbedingt mit einem Lifebelt kombiniert werden. Mit dem Lifebelt wird eine Verbindung zwischen Crewmitglied und Schiff hergestellt.
Dazu helfen bei Arbeiten an Deck Strecktaue. Das sind Leinen, die von den Achterklampen zu den Bugklampen laufen. Wird der Lifebelt in sie eingepickt, kann sich ein an Deck arbeitendes Crewmitglied trotz Sicherung frei bewegen. Dies gilt logischerweise auch für das Segeln am Tage 🙂
Gerade nachts sollten Crews mit kleiner Crewstärke Spielregeln definieren, wie sie verfahren, wenn die Crew schläft und nur eine Person wach bleibt. Würde die wachhabende Person unbemerkt über Bord fallen, gäbe es in der Regel keine Rettung mehr, da auf einer Langfahrt dann meistens der Autopilot läuft und das Schiff einfach stur weitersegelt. Bemerken die anderen Personen nach dem Aufwachen den Verlust, haben sie keine Ahnung, wo sie nach dem über Bord Gefallenen suchen sollen. Ist der Unfall drei Minuten oder drei Stunden her?
Bei uns an Bord gilt die Regel: Niemand geht unbeaufsichtigt an Deck. Ist es erforderlich, an Deck zu gehen – etwa um das Vorsegel auszubaumen –, wird eine schlafende Person geweckt.
Sofern es bautechnisch möglich ist, rate ich dazu, so viele Fallen, Schoten, Holer und Strecker wie möglich in das Cockpit umzuleiten. So kann jederzeit bequem aus dem sicheren Cockpit heraus die Segelstellung angepasst werden. Dies minimiert die Anzahl der Gänge an Deck merklich und erhöht die Sicherheit und den Komfort, da die schlafende Person nur selten geweckt werden muss.
Daneben hat sich in den letzten Jahren einiges getan und es gibt im Fachhandel verschiedene Systeme oder auch Apps, die es ermöglichen mitzubekommen, wenn eine Person über Bord geht, in dem sie einen Alarm auslösen. Mittels eines persönlichen Senders kann die havarierte Person im Dunkeln gepeilt und gefunden werden. Solche Systeme heißen Personal Locator Beacon (PLB), AIS-MOB-Transponder oder LifeTag. Mehr dazu gibt es hier.
Tipp: Bei Nachtfahrten kann sich jedes Crewmitglied ein Knicklicht in die Segeljacke stecken. Das ist ein Leuchtstab, der durch Knicken aktiviert wird. Sollte eine Person im Dunkeln über Bord gehen, kann sie der suchenden Yacht Lichtzeichen geben. Die Stäbe gibt es für ein paar Euro im Fachhandel.
Inwieweit es ratsam ist, die Segelfläche grundsätzlich vor Anbruch der Dunkelheit zu verkleinern, möchte ich hier nicht näher thematisieren. Dafür ist das Thema zu komplex. Nur so viel: Diese Entscheidung ist stark abhängig von der zu erwartenden Wetterentwicklung, dem Wellenbild, den verwendeten Segeln, der Bauart des Riggs, der Auswahl in das Cockpit umgeleiteter Leinen und vielem mehr. Von einer pauschalen Verkleinerung für jede Nacht halte ich nichts. Im Gegenteil: Es gibt durchaus Situationen, in denen es ratsam ist, zuzusehen, dass man vorankommt.
Fazit
Wer die vorstehenden Punkte berücksichtigt, wird in meinen Augen gut durch die Nacht kommen und bei entsprechender Wetterplanung eine wunderbare Revier- und Horizonterweiterung erfahren. Aber dafür muss man sich darauf einlassen. Hierbei hilft es, die Nachtfahrt nicht als etwas Bedrohliches zu sehen, sondern zu versuchen, die Schönheit derselbigen zu erkennen. Denn Nachtfahrten sind etwas ganz Besonderes. Wenn die Konturen langsam verschwinden und sich das Dunkel wie eine große Käseglocke über uns stülpt. Plötzlich leuchten am Himmel die Sterne und der Mond taucht die See in ein fahles silbernes Licht, während das Segelgefühl immer intensiver wird.
Und sollte es einmal nicht so rund laufen, gilt die alte Faustregel: Die Nacht ist endlich – der Morgen kommt immer!
In der Ostsee ist es ratsam nachts Stellen zu vermeiden, die flacher als 8 m sind, weil hier gerne Stellnetze gesetzt werden auch wenn die Küste relativ weit entfernt erscheint. Zwar befinden sich die Netze in ausreichender Tiefe, aber da die Marietungsbojen nachts kaum zu sehen sind, besteht die Gefahr, die Bojenleinen aufzugabeln.
Ich dachte ich hätte gelernt, dass es nach neuen Erkenntnisse nicht die Farbe ist, die die Nachsichtigkeit der Stäbchen erhält, sondern einfach die Lichtintensität.
Ja genau. So steht es doch weiter oben auch …