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Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.
Ein Loch im Rumpf – ist das gut?
Im Navigationsnetzwerk an Bord einer Segelyacht liegen unzählige Informationen vor, sie stammen unter anderem von diversen Gebern: dem Echolot beispielsweise, dem Sumlog, Wind- oder Kompassgeber. Während die meisten Geber im Überwasserbereich montiert werden, kommt es bei Echolot und Sumlog in der Regel zu einer sogenannten Durchbruchmontage. Dabei wird ein Loch in den Rumpf gesägt und ein Schaft für den Geber montiert.
Auch ich stand kürzlich vor der Herausforderung, einen Durchbruchgeber bei uns im Boot einzubauen. Dabei handelte es sich um einen Geber für ein vorausschauendes Echolot. Natürlich ist es immer ein komisches Gefühl, ein Loch in den Rumpf zu sägen, aber ganz so schlimm, wie es klingt, ist das nun auch wieder nicht – vorausgesetzt, die nachstehenden Schritte werden beachtet. Logischerweise muss das Schiff während der Arbeiten an Land stehen …
Den geeigneten Einbauort für den Durchbruchgeber finden
Das ist ein abendfüllendes Thema, und eine Vielzahl von Faktoren müssen beachtet werden: die Rumpfneigung am Einbauort beispielsweise, der Abstand zum Kiel oder die zu erwartende Strömung am Geber. Bei Segelyachten muss in der Regel immer ein Einbauort vor dem Kiel und nahe der Mitschiffslinie gewählt werden. Das vermeidet Beeinträchtigungen durch Krängung und Verwirbelungen.
Ein Patentrezept dafür gibt es nicht. Seriöse Hersteller beschreiben allerdings in ihrer Anleitung sehr ausführlich, wie bei welchem Bootstyp der richtige Platz gefunden wird. In meinem Fall sollte ich den Geber 30 bis 60 Zentimeter vor dem Kiel in der Nähe der Mittelachse einbauen. Außerdem soll der Geber an einem flachen Ort mit einem Rumpfquerschnittswinkel von weniger als 6 Grad montiert werden.
Der Rumpfquerschnittswinkel ist der Winkel zwischen einer horizontalen Linie und dem Schiffsrumpf an einem bestimmten Punkt des Rumpfes. Er kann mit einer Smartphone-App, einem Winkelmesser, einem Gradmesser oder einem digitalen Nivelliergerät gemessen werden. Je nach Form des Rumpfs kann ein Schiff mehrere Rumpfquerschnittswinkel haben. Wichtig ist nur, den Rumpfquerschnittswinkel am Ort der Montage zu ermitteln.
Im ersten Schritt habe ich im Schiffinneren nach einem Platz gesucht, der den Vorgaben des Herstellers entspricht. Den gesuchten Platz habe ich im Vorschiff unter einem Bodenbrett gefunden.
Im zweiten Schritt habe ich grob geschätzt an welcher Stelle der Geber unter dem Rumpf austreten wird und an der entsprechenden Stelle den Rumpfquerschnittswinkel ermittelt, um sicher zu gehen, dass er in der Toleranz es Herstellers ist.
Eine Probebohrung machen
Bevor ich mit einer Lochsäge mit Führungsbohrer ein großes Loch in den Rumpf säge, stelle ich den Geberschaft erst einmal an die finale Position und mache in der Mitte ein Kreuz. Dann nehme ich einen Bohrer, der einen Millimeter kleiner ist als der Führungsbohrer der Lochsäge und bohre das Loch durch den Rumpf.
Es ist wichtig, das Loch senkrecht zum Rumpf zu bohren, damit die Kontermutter und der Flansch plan am Rumpf anliegen. Hier sei noch einmal der Hinweis erlaubt, dass jeder Hersteller einen anderen Rumpfquerschnittswinkel toleriert. Wird der Winkel zu groß, wird die Funktion des Gebers beeinträchtigt. Dann muss senkrecht zur Wasserlinie gebohrt werden und mit einem entsprechenden Anpassblock gearbeitet werden, um den Rumpf zu nivellieren (nicht Thema dieses Beitrags).
Tipp: Das Loch kurz mit linksdrehender Bohrmaschine anbohren und dann rechtsdrehend durchbohren. Das verringert die Gefahr, dass das Laminat ausreißt. Schließlich brauchen wir später eine exakte Führung für die Lochsäge.
Nun kann das neue Loch an der Außenseite begutachtet werden (roter Kreis auf dem Foto). Mit dem Smartphone und einer App kontrolliere ich wie beschrieben noch einmal den Rumpfquerschnittswinkel. Ist alles in Ordnung, folgt die eigentliche große Bohrung. Sollte aus irgendeinem Grund ein Fehler unterlaufen sein und der Einbauort unzureichend sein, lässt sich das kleine Loch mit ein wenig Epoxy und Matte unkompliziert wieder verschließen.
Die Bohrung vornehmen
Zunächst wird der erforderliche Durchmesser des Lochs ermittelt. Entweder steht der Lochdurchmesser in der Anleitung oder ich messe ihn mit einer Schieblehre – auch Messschieber genannt.
Ist der Durchmesser bekannt, kann das eigentliche Loch für den Durchbruchgeber gebohrt werden. Dafür nutze ich – wie gesagt – eine Lochsäge. Es gibt sie in verschiedenen Größen, für gewöhnlich im Set mit Abstufungen alle 5 bis 7 Millimeter. Sofern das Maß nicht exakt übereinstimmt (und das ist selten der Fall), muss man sich entscheiden: Soll das Loch kleiner oder größer werden?
Generell ist es ratsam, das Loch kleiner zu bohren und es nachträglich mit Raspel und Feile zu vergrößern. Ist der Bohrer maximal zwei Millimeter größer, kann auch ein größeres Loch gebohrt werden und die Lücke mit Dichtmasse geschlossen werden.
Dazu ein Beispiel: Das Loch soll 58 Millimeter groß sein, der Lochsäge-Satz enthält jedoch nur eine Säge mit 56 Millimetern und eine mit 62 Millimetern. Ich würde dann die 56er nehmen und die fehlenden zwei Millimeter mit Raspel und Feile ergänzen. Ist der Solldurchmesser hingegen 60 Millimeter, würde ich mit der 62er Säge schneiden.
Zum Hintergrund: Ist das Loch deutlich größer, muss viel Dichtmasse in der Lücke eingesetzt werden. Insbesondere auf Blauwasserfahrten kann es hier zu ordentlichen Temperaturschwankungen im Wasser kommen und damit zu einer Dehnung oder Schrumpfung der Dichtmasse. Daher ist bei mir die maximale Toleranz zu großer Löcher zwei Millimeter. Andersherum bedeutet ein deutlich zu kleines Loch viel Arbeit mit Raspel und Feile und in der Folge auch eine zunehmende Ungenauigkeit. Wer kann schon ein perfektes kreisrundes Loch mit Feile und Raspel erzeugen? 🙂
Das Loch wird von außen nach innen gebohrt. Die Richtung ist wichtig, um eine saubere Kante im Unterwasserbereich zu erzeugen. Da, wo die Säge wieder austritt, kann es zu Ausfransungen kommen. Ideal ist es, erst von außen zu sägen und dann von innen entgegenzusägen. Dann entstehen auf beiden Seiten glatte Kanten.
Das beidseitige Sägen, bei dem man sich aufeinander zu bewegt, setzt voraus, dass der Führungsbohrer vor der Säge akkurat durch das Loch geführt wird. Andernfalls entstehen unschöne Kanten im Loch.
Zu kleine Durchbrüche werden – wie beschrieben – mit Feile und Raspel nachbearbeitet, bis der Geber passt. Dabei gehe ich gleichmäßig reihum vor, damit das Loch weiterhin überall den gleichen Durchmesser hat – was nicht immer einfach ist …
Den Geberschaft einsetzen
Ist der Durchbruch fertig, kann der Schaft für den Geber eingesetzt werden. Als vorbereitende Maßnahme wird das Loch von Staub und Dreck befreit. Auch empfiehlt es sich nicht, das Loch ständig anzufassen, da sich sonst Fett und Feuchtigkeit festsetzen. Beides verschlechtert die Haftung der Dichtmasse. Ich nutze hier vorsichtig Aceton zum Reinigen.
Bevor der Schaft montiert wird, sollte kurz getestet werden, ob sich die Mutter leicht und ohne Widerstand aufdrehen lässt. Ist das der Fall, ist alles gut. Wenn das nicht leicht geht, müssen Gewinde und Mutter mit einer Drahtbürste gereinigt werden.
Im Loch liegen die verschiedenen Laminatschichten nun frei. Sie sollten als Osmose-Prävention mit Epoxy versiegelt werden.
Es ist hilfreich, wenn für das Einsetzen des Durchbruchgeberschafts zwei Personen anwesend sind – eine im Schiff, eine unter dem Schiff. Die Person außen steckt den Schaft durch das Loch und kontrolliert den Sitz zusammen mit der Person im Schiff. Dieser Schritt erfolgt ohne Dichtmasse!
Kleiner Tipp: Um bei der Verständigung zwischen innen und außen nicht schreien zu müssen, kann man auch einfach zum Handy greifen. Das erscheint zwar albern, ist aber sinnvoll (Lautsprecher anschalten, dann hat man die Hände frei)!
Wenn alles passt, wird die Dichtmasse auf den Schaft gegeben und dieser durch das Loch geschoben.
Die Person außen drückt den Schaft leicht an. Achtung: Nicht zu feste drücken! Sonst wird die Dichtmasse aus der Fuge gedrückt, was kontraproduktiv wäre.
Nun wird im Inneren der Yacht ebenfalls Dichtmasse aufgetragen.
Dann kann die Überwurfmutter aufgedreht werden. Je nach Hersteller werden auch Dichtringe oder Unterlegscheiben mitgeliefert. Sie sollten vorhanden sein und werden gegebenenfalls vor der Mutter übergeworfen. Sollten sie fehlen, kann die Mutter später nicht mehr nachgezogen werden, ohne dass die Dichtmasse reißt!
Die Mutter folgt und wird handwarm angezogen – ohne Werkzeug! Eine gute Festigkeit ist erreicht, wenn die Dichtmasse in alle (!) Richtungen anfängt herauszuquellen.
Außerdem sind viele Gebergehäuse inzwischen aus Kunststoff, und die Muttern können brechen, wenn sie zu fest angezogen werden.
Nun kann das überschüssige Gummi entfernt werden. Im Unterwasserbereich nehme ich dafür einen Spachtel oder Schraubenzieher und wische dann mit einem Tuch nach.
Alternativ kann die Stelle auch vorher abgeklebt werden. Mit dem Entfernen des Klebebands verschwindet auch das überschüssige Gummi.
Nach dem Aushärten der Gummimasse kann die Mutter noch mit einem Werkzeug nachgezogen werden. Deshalb sollte – wie angesprochen – zuvor eine Unterlegscheibe übergeworfen werden. Andernfalls verklebt die Gummimasse mit der Mutter und die Verbindung reißt wieder auf!
Am besten geeignet ist ein passender Maulschlüssel oder ein entsprechend großer Verstellschlüssel – auch Rollgabelschlüssel oder Engländer genannt. Zur Not geht das auch mit einer Rohrzange – wie im Bild zu sehen –, ich hatte keinen passenden Maulschlüssel zur Hand.
Abschließend werden die Dichtringe des Gebers und das Innere des Schafts mit einem passenden Schmiermittel (sollte im Lieferumfang enthalten sein) geschmiert und der Geber eingesetzt.
Selbstverständlich kontrolliere ich beim Zuwasserlassen des Schiffs den neuen Durchbruch, so lange das Schiff noch in den Krangurten hängt.
Schon wieder ein großartiger Beitrag, der zur rechten Zeit kommt! 1000 Dank!! Ich suche noch den Bergriff für das Bauteil, was praktisch einen Durchbruch schließt. Ich möchte also ein Seeventil nie wieder nutzen und dieses schließen ohne neu mit Schäften etc. zu laminieren. Gibt es demnach außen geschlossene Standard-Durchlässe und unter welchem Begriff kann ich die bei den einschlägigen Händlern suchen. Bisher war ich damit leider erfolglos. Vielen Dank für Hinweise.
Würde einfach das Seeventil abschrauben und ne Verschlusskappe auf den Borddurchlass schrauben, d.h. da ich etwas pingelig bin, würde ich vermutlich den Borddurchlass entfernen, das Loch fachgerecht laminieren und dann die üblichen Anstriche aufbringen. Lösung A dauert 5 Minuten, Lösung B in Summe wohl ein Tag. Wenn du die Zeiten für das Aushärten der Laminats, sowie der der verschiedenen Schichten des Anstrichs dazu rechnest, vermutlich ne Woche
Danke für die Infos und Ideen. Mals sehen, ob ein nach außen geschlossener Durchlass/Stopfen als schnell gemachte Dauerlösung überhaupt existiert. Ansonsten wird es die von dir genannte Verschlusskappe.
Hallo,
auf den Bilder sieht es so aus, als wäre hier der Geber auf das vorhandene Antifouling aufgeklebt worden?
Stimmt das? Macht es nicht mehr Sinn das Antifouling vorher abzuschleifen um eine saubere Dichte Verbindung dirket auf dem Gelcoat zu bekommen?
Ja, das könnte sein. Ist allerdings seit 7 Saisons dicht 🙂