So wird die Missweisung bei Yachtinstrumenten richtig genutzt

Ein Beitrag von

Sönke Roever

Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

Auf Yachten gibt es verschiedene Kursangaben

Neben einem klassischen Kompass gibt es auf vielen Yachten Instrumente, die ebenfalls Angaben zum Kurs liefern, beispielsweise der Plotter, das GPS-Gerät oder die Anzeige für den elektrischen Autopiloten. Augenscheinlich sind das gleiche oder zumindest ähnliche Kursangaben. Doch Vorsicht! Dem ist in der Regel nicht so und es lohnt sich, die Angaben zu synchronisieren.

Navigationsinstrumente sind auf Yachten nicht mehr wegzudenken. ©Sönke Roever

Grundsätzlich gibt es drei Faktoren, die den angezeigten Kurs beeinflussen:

  • Deviation (Ablenkung)
  • Deklination (Missweisung)
  • Strömung

In diesem Beitrag geht es nur um die Deklination, die unter Seglern als Missweisung bekannt ist. Sie kann, insbesondere auf Langfahrt, einen negativen Effekt haben. Daher ist es ratsam, sich einmal kurz mit ihr zu beschäftigen.

Der magnetische Kompasskurs kann durch verschiedene Faktoren vom wahren Kurs abweichen. ©Sönke Roever

Die Rolle der Missweisung beim Segeln

Unsere Erde hat ein Magnetfeld, das die Richtung der Kompassnadel bestimmt. Dabei folgt die Kompassnadel dem Verlauf sogenannter magnetischer Feldlinien. Allerdings verlaufen diese magnetischen Feldlinien vielerorts leider nicht genau parallel zu den Längengraden, die auf dem direkten Wege von Pol zu Pol verlaufen.

Gut zu sehen: Der magnetische Südpol (rot) fällt nicht mit dem geografischen Südpol (blau) zusammen. ©Sch/ShareAlike-4.0-International

Das hat verschiedene Gründe: Zum einen fallen die magnetischen Pole der Erde nicht mit den geografischen Polen zusammen; genau genommen wandern sie sogar im Laufe der Zeit. Zum anderen verändern geologische Formationen den Verlauf der magnetischen Feldlinien lokal.

Seekarte mit Hinweis zur magnetischen Abnormalität, westlich der Insel Sal (Kapverden). ©Navionics/BLAUWASSER.DE

Mit anderen Worten: Die vom Kompass angezeigte Nordrichtung stimmt vielerorts nicht mit der geografischen Nordrichtung überein, die beispielsweise auf der Seekarte zu finden ist.

Beim Navigieren wird daher zwischen zwei verschiedenen Kursen unterschieden. Es gibt:

  • den magnetischen Nordkurs, der den magnetischen Feldlinien der Erde folgt. Er wird auch missweisend Nord genannt. Auf Navigationsgeräten heißt er meistens „magnetic Heading“.
  • den wahren Nordkurs, der den Längengraden folgt. Er wird auch rechtweisend Nord genannt. Auf Navigationsgeräten heißt er meistens „true Heading“.

Die Missweisung ist der Winkel zwischen diesen beiden Nordrichtungen.

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Einfluss der Missweisung beim Navigieren

Wir haben also zwei verschiedene Kursangaben – magnetisch und wahr –, die dazu führen, dass ein der Seekarte entnommener Kurs nicht unmittelbar am Kompass gesteuert werden kann. Umgekehrt kann ein am Kompass abgelesener Kurs nicht direkt in die Seekarte übertragen werden. Vorher müssen die Kurswerte um die Missweisung korrigiert werden.

Übersicht der weltweiten Missweisung: 0 bis 5 Grad = grün, 5 bis 15 Grad = gelb und 15 und mehr Grad = rot. ©Wikipedia/BLAUWASSER.DE

Im westlichen Teil von Europa ist die Missweisung sehr niedrig. Sie beträgt nur ein paar Grad. Daher spielt sie für viele Segler hier eine untergeordnete Rolle und wird oft beim Navigieren vernachlässigt. In anderen Teilen der Erde ist die Missweisung allerdings durchaus von Bedeutung. In der Karibik etwa beträgt sie mehr als 10 Grad – am Kap der Guten Hoffnung oder in Neuseeland sogar mehr als 25 Grad. Hier muss ich die Missweisung beim Wechsel zwischen magnetischem Kompasskurs und wahrem Seekartenkurs beachten. Andernfalls kann eine Aussage wie „die Riffdurchfahrt peilt in 220 Grad“ zum Verhängnis werden, wenn die 220 Grad sich auf eine Angabe aus der Seekarte beziehen. Wer dann mit dieser Angabe nach dem Kompass steuert, fährt in einem Seegebiet mit hoher Missweisung weit am Ziel vorbei (oder womöglich sogar auf das beispielhaft genannte Riff).

Wohin segelt diese Yacht? Zum Ziel oder daran vorbei? ©Sönke Roever

Segler leben heutzutage selbstverständlich mit digitalen Seekarten und GPS und sehen auf Bildschirmen oder Instrumenten jederzeit punktgenau, wo sie sich befinden. Die primäre Bezugsquelle ist die Seekarte. Es steht also der wahre Kurs beim Navigieren im Vordergrund und nicht mehr der magnetische Kompasskurs, wie es früher der Fall war.

Interessant ist dabei, dass bei etlichen Navigationsgeräten zwischen zwei verschiedenen Angaben unterschieden wird: dem magnetischen und dem wahren Kurs. Oft kann ich einstellen, welcher Wert angezeigt werden soll.

Kurse, die in Seekarten abgelesen werden (hier 139 Grad), sind wahre Kurse. ©Navionics/BLAUWASSER.DE

Das bedeutet: Wer beispielsweise bei der beliebten Seekarten-App Boating von Navionics einen Kurs absteckt, erhält immer den wahren Kurs, der sich auf das Seekarten-Nord bezieht. Soll dieser Kurs vom Autopilot gesteuert werden, funktioniert das in einem Seegebiet mit großer Missweisung nur, wenn der Autopilot auch mit dem wahren und nicht mit dem magnetischen Kurs arbeitet.

Bei diesem Autopilot-Instrument kann zwischen magnetisch und wahr umgeschaltet werden. ©Sönke Roever

Die Crux dabei ist, dass die meisten Autopiloten ihre Kursangaben von einem sogenannten Fluxgate-Kompass bekommen, der wie ein herkömmlicher Kompass arbeitet und die Missweisung nicht berücksichtigt. Er denkt also „magnetisch“. Glücklicherweise kann man bei guten Autopiloten die Missweisung berücksichtigen, indem man auf „wahrer Kurs“ umstellt. Die Software weiß dann, um welche Werte der Kurs korrigiert werden muss. So schnell ändert sich die Missweisung nämlich nicht. Vielmehr ist sie auf Jahre im Voraus bekannt und die Daten sind hinterlegt. Das funktioniert allerdings nur, wenn der Autopilot mit einem GPS gekoppelt ist und das System folglich den Standort kennt.

Kurzum: Es ist ratsam, sich einmal mit den Systemeinstellungen des Autopiloten zu beschäftigen und zu gucken, wie dieser eingestellt ist. Sinnvoll wäre „wahrer Kurs“.

Dieses GPS-Gerät ist auf True (T) eingestellt. ©Sönke Roever

Wer den Kurs am GPS abliest, muss sich um die Missweisung normalerweise keine Gedanken machen, da das satellitengestützte System den Kurs über Grund (COG) ermittelt, der bei den meisten Herstellern auf „wahrer Kurs“ voreingestellt ist. Aber auch hier lohnt es sich, im Zweifel einmal das System zu checken. Ich war schon verschiedentlich auf Yachten mit älteren GPS-Geräten unterwegs, die historisch bedingt auf „magnetisch“ konfiguriert waren.

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Fazit

Die Missweisung hat heutzutage beim digitalen Navigieren kaum noch Bedeutung, sofern die Geräte richtig eingestellt beziehungsweise abgestimmt sind.

Fatal wäre es beispielsweise auf dem Weg nach Neuseeland, wo die Missweisung rund 25 Grad beträgt, am Autopilot den Kurs „magnetisch“ zu hinterlegen, der zuvor auf der Karte „wahr“ abgelesen wurde. Man würde 25 Grad am Ziel vorbei segeln. Natürlich merkt man das irgendwann und dann wird der Kurs korrigiert. Dann geht das Spiel von vorne los. Das Ergebnis ist ein bananenförmiger Umweg.

Land in Sicht! Die Navigation hat gepasst. ©Sönke Roever

Nochmal: Bei geringer Missweisung und einer kurzen Distanz fällt der Effekt nicht groß ins Gewicht. Bei langen Ozeanpassagen in Seegebieten mit viel Missweisung lohnt es sich, den Zusammenhang zu kennen!

PS: Man könnte auf die Idee kommen, den klassischen Kompass gar nicht mehr zu nutzen. Das wäre sicherheitstechnisch aber nicht zu verantworten. Wenn alle Systeme ausfallen, ist er unverzichtbar und genau dann ist es von elementarer Bedeutung, sich über die Missweisung im Klaren zu sein.

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