Revier-Information Azoren: Insel São Jorge, Marina Velas

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Regula Gurtner

Regula lebte von 2010 bis 2012 auf einem Segelboot und segelte mit ihrem Partner Thomas um den Atlantik. Die Erlebnisse dieser Reise sind die Grundlage ihres Buches „Bis morgen – in zweieinhalb Jahren: Segelgeschichten zwischen Schleswig und Havanna“. Seit August 2018 sind Thomas und Regula wieder per Segelboot unterwegs. Auf ihrem Blog www.sy-okoume.ch berichtet Regula über die Reise und das Leben an Bord der RM1070. Zwischenzeitlich arbeitete sie als Paralegal in einem Anwaltsbüro in der Schweiz.

Die Insel São Jorge

Die Insel São Jorge gehört, zusammen mit Faial, Pico, Graciosa und Terceira, zur Mittelgruppe der Azoren. São Jorge liegt im Zentrum der Inselgruppe und ist, geografisch gesehen, also in der Mitte der Mitte der Azoren. Die langgezogene, grüne Insel ist etwa 30 Seemeilen lang, aber nur circa 3 Seemeilen breit. Der offizielle Tourismus-Prospekt bewirbt São Jorge aufgrund der Form als „ein riesiges Schiff aus Stein, das ewig im blauen Meer verankert ist“. Wer möchte eine solche Insel nicht besuchen?

Nähert man sich São Jorge von Südosten, macht das „Schiff aus Stein“ eher einen lieblichen Eindruck.
Die Küste von São Jorge ist spektakulär.

Marina Velas

Der Ort Velas liegt im südwestlichen Teil der Insel. Zwischen der langen Fährenpier und der Steilküste geht es zum Hafen.

Die Hafeneinfahrt. Unten im Bild ist ein Teil der Marina zu sehen.

Hat man den Terminal für Fähren und Frachter passiert, gibt es zwei Einfahrten. Im Westen liegt der Fischerhafen; die östliche Einfahrt führt in die Marina für Sportboote.

Bei der Annäherung an den Hafen ruft man die Marina über Funk (Kanal 10 oder 16) oder per Telefon (+351 295 432 118) an. Der umsichtige Hafenmeister José Dias (oder sein Assistent) wird einem dann einen Platz zuweisen und beim Festmachen helfen.

Die Hafeneinfahrt von See aus gesehen. Es ankern zwei Yachten vor dem Hafen.
Die Hafenzufahrt – vom Hafenbüro aus gesehen

José spricht fließend Englisch und genießt – wie wir finden zurecht – einen sehr guten Ruf und gilt als der freundlichste Hafenmeister der Azoren (manche sagen gar der Welt). Weil der Hafen von Velas recht klein ist, überwacht José die kommenden Boote über AIS und überlegt sich schon im Vorhinein, wie er die Boote platziert.

Offizieller Plan der Marina

Die Gastlieger werden meist am Steg A oder E untergebracht. Am Steg A liegt man in Boxen mit Fingern, die an der Innenseite des Stegs recht kurz sind. Am Steg E macht man längsseits fest, in der Hochsaison meist auch im Päckchen. Große Boote finden manchmal auch an den Kopfenden der anderen Stege Platz. Der Hafen ist recht eng und das An- und Ablegen kann anspruchsvoll sein (dies trifft vor allem auf die Innenplätze des Stegs A zu), aber keine Angst, man hilft sich 😊

Am Steg E liegt man längsseits an einem Schwimmsteg.

Es gibt auch einen Empfangs-Kai, der direkt vor dem Hafenbüro (das moderne, weiße Gebäude) liegt. Hier befindet sich auch die Tankstelle.

Ein Charterboot liegt am Empfangs-Kai; die Tankstelle ist einen Platz weiter vorne und gerade frei.

Große Boote können manchmal auch am Empfangs-Kai liegen bleiben. Allerdings sind diese Plätze recht ungeschützt, da sie in der offenen Einfahrt liegen.

Große Boote am Empfangs-Kai

Es gibt auch die Möglichkeit, vor dem Hafen zu ankern (südlich der Marina-Mole und genug weit östlich in der Bucht, um den Fähren und Frachtern nicht in die Quere zu kommen). Wie wir bei anderen Booten beobachten konnten, ist der Ankerplatz jedoch oft sehr unruhig, besonders natürlich bei südlichen Winden, da die Bucht gegen Süden hin ungeschützt ist. Die meisten Segler ziehen daher den idyllischen Hafen dem Ankerplatz vor. Wir sahen selten mehr als zwei Boote vor Anker vor dem Hafen von Velas.

Die Einfahrt in die Marina vom Fischerhafen aus gesehen

Nach dem Anlegen besucht man für die üblichen Formalitäten das Hafenbüro (Schiffspapiere, Pässe und Versicherungsbeleg bereithalten). Es reicht, wenn man sich nur im Marina-Büro anmeldet. Der Hafenmeister leitet alle notwendigen Informationen an die entsprechenden Behörden (Immigration, Zoll etc.) weiter.

Blick vom Hafenbüro zum Anleger für Frachter und Fähren

Velas gehört zur Gruppe der Portos dos Açores SA und die Liegegebühren sind die gleichen, wie in den anderen Häfen dieser Gruppe. Im Sommer 2019 betrugen die Liegegebühren für ein Segelboot zwischen 10 und 12 Metern 11,07 Euro pro Tag; hinzu kommen Mehrwertsteuer und andere geringe Gebühren. Insgesamt haben wir im Sommer 2019 für unser Boot von 11 Metern pro Tag etwa 13–14 Euro bezahlt.

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Infrastruktur und Versorgungsmöglichkeiten

An den Stegen gibt es Strom und Wasser. Das Wifi ist gratis, die Internetverbindung ist manchmal jedoch etwas instabil. Die Sanitäranlagen sind sehr sauber und gepflegt; die Duschen hatten während der zwei Wochen unseres Aufenthalts in Velas immer warmes Wasser. Wie in den meisten Häfen der Azoren sind die Duschen nicht in den Liegegebühren inbegriffen. Eine Dusche kostet 1.50 Euro. Die Bezahlung basiert auf dem Vertrauensprinzip: Man notiert sich einfach die Anzahl der Duschen, die man sich genehmigt, und abgerechnet wird dann beim Abmelden. Im Sanitärblock gibt es auch zwei Waschmaschinen und einen Trockner (Kosten: je 5 Euro).

Vom Steg A aus kann man bei gutem Wetter sogar den Pico, den höchsten Berg Portugals auf der gleichnamigen Nachbarinsel, sehen.

Der Hafen von Velas ist ruhig und es geht gelassen zu. Aufgrund der Überschaubarkeit kommt man schnell mit anderen Seglern ins Gespräch. Als wir da waren, gab es zum Beispiel eine spontane Party auf der Hafenmole.

Die Hafenmole

Das Wasser im Hafen ist glasklar, in der grünen Steilwand zwitschern die Vögel und manchmal bekommt man Besuch von Gänsen. Wir hatten zuweilen das Gefühl, in einem Bergsee zu liegen und waren immer wieder überrascht, dass das Wasser um uns herum salzig war 😉

Im Hafen versteckt sich auch ein kleines Kunstwerk.

Nachts fliegen die Gelbschnabelsturmtaucher (auf Portugiesisch „Cagarros“) zu ihren Nestern in der Felswand über dem Hafen. Ihr Micky-Maus-Ruf, ähnlich einem „Aua-aua-aua-äh“, ist einmalig. Wer dieses Schauspiel einmal erlebt hat, wird es nie vergessen. Eine Freundin von uns verwendet seit dem Besuch in Velas den Ruf der Sturmtaucher sogar als Handy-Klingelton. Einziger Nachteil des nächtlichen Konzerts: Die eigentümlichen Vögel hinterlassen in der allgemeinen Aufregung auch schon mal ihre Spuren auf Deck und Sprayhood …

Fußgängerzone in Velas

Einkaufsmöglichkeiten gibt es wenige Gehminuten entfernt im Städtchen von Velas, wo man einige Minimercados und einen Obstladen findet. Etwa 10 Minuten zu Fuß sind es vom Hafen bis zum größeren Laden „Eurovelas“. Das Geschäft ist zwar groß, hat aber eher den Charme eines Discounters und wirkte auf uns nicht sehr einladend. Ich persönlich war etwas enttäuscht darüber, dass wir in Velas kaum regionale Produkte kaufen konnten, obwohl die Insel São Jorge sehr landwirtschaftlich geprägt ist. Das Obst und Gemüse, das man in den Läden findet, wird meist vom Festland (mehrheitlich von Spanien) importiert.

Velas
Die Fischerei ist allgegenwärtig auf der Insel – insbesondere am Hafen.

Velas ist die Hauptstadt der Insel São Jorge. Der Ort hat gerade mal um die 2.000 Einwohner und es geht meist ruhig und entspannt zu. Unterm Strich ist es immer wieder schön, sich einfach durch den Ort Velas treiben zu lassen, der auf uns noch sehr authentisch und relativ wenig touristisch wirkte.

Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten

Naturschwimmbecken

Es gibt in Velas auch zwei Naturschwimmbecken, die man in wenigen Minuten zu Fuß erreicht. Der nähere Badebereich „Poça dos Frades“ erfreut sich bei den Einheimischen großer Beliebtheit und abends und an den Wochenenden ist hier einiges los.

Naturschwimmbecken „Poça dos Frades“ mit kleiner Bar

Auch das zweite Naturschwimmbecken, das etwas weiter westlich liegt, aber auch gut zu Fuß vom Hafen aus erreichbar ist, ist sehr idyllisch und gepflegt. Hier gibt es sogar Frischwasserduschen.

Preguiça – das im Westen von Velas gelegene Naturschwimmbecken

Velas von oben/Botanischer Garten

Bei gutem Wetter lohnt es sich, etwas in die Höhe zu steigen und den Ort von oben zu betrachten. Von der Rua Roque Afonso aus führt ein Weg durch den „Jardim Botanico“ aufwärts. Am Weg finden sich immer wieder Fitnessgeräte, die die Bevölkerung zu mehr Bewegung animieren sollen.

Hometrainer am Wegesrand, überdacht und mit Blick auf den Pico!

Der Weg wird immer enger und steiler und führt im Zickzack nach oben. Schon von unterwegs bieten sich tolle Ausblicke. Schuhtechnisch war ich mit Flip-Flops falsch ausgestattet, denn der Weg in die Höhe wird später zunehmend steil und rutschig. Es wäre definitiv besseres Schuhwerk angebracht!

Einmal mehr: Der Pico ist über dem Horizont zu sehen.

Der Weg mündet schließlich in die Hauptstraße über dem Ort. Von hier aus ist die Aussicht über das Städtchen und hinüber zum Pico wirklich schön.

Insel-Rundtour

Zur Besichtigung der Insel nimmt man am einfachsten einen Mietwagen, da die Busverbindungen eher spärlich sind. Am besten wendet man sich für einen Mietwagen an José Dias, den Hafenmeister, der alles organisiert. Der Wagen wird dann zum verabredeten Zeitpunkt zum Hafen gebracht und kann auch dort wieder abgegeben werden.

Zur Besichtigung der Insel nimmt man am einfachsten einen Mietwagen.

Tipp: Informationen zu Öffnungszeiten von Museen und Fabriken oder Taxigebühren und Busfahrplänen erhält man im Tourist Office am Hauptplatz in Velas.

Käsefabriken

São Jorge ist unter anderem für seinen Käse aus frischer Kuhmilch bekannt. Laut Touristeninformation gibt es drei Käsefabriken, die man besichtigen kann: Lourais, Finisterre und Beira. Weil wir uns als Schweizer für Käse interessieren, wollten wir die Fabriken abfahren. Die Käserei in Lourais haben wir nicht gefunden, und diejenige in Finisterre schien geschlossen (man sollte also besser vorher anrufen oder genauere Vereinbarungen treffen). Die Käsefabrik in Beira hingegen ist einfach zu finden. Hier gibt es nebst der Fabrik auch einen netten Fabrikladen mit angeschlossener Kaffee-Bar.

Im Käsefabrikladen von Beira
Besichtigung einer Käsefabrik

Wanderung zu einer Fajã

Die Küste von São Miguel besteht mehrheitlich aus steilen, vulkanischen Klippen und insbesondere im Inselnorden ist die Küstenlandschaft wirklich spektakulär. Die Inselbewohner leben auf dem Hochplateau oder in Dörfern auf den sogenannten Fajãs, Landzungen unterhalb der Steilküste, die durch Erdrutsche oder Lavaströme entstanden sind. Die Insel ist mit lediglich etwa 9.500 Einwohnern recht dünn besiedelt; Weideland prägt die Landschaft auf dem Hochplateau.

Spektakuläre Aussichten an der Nordküste

Auf der Insel gibt es diverse schöne, teils sehr spektakuläre Wanderwege – beispielsweise der Teilabschnitt des offiziellen Weges PR1, der an der Nordseite der Insel entlangführt. Als Startpunkt eignet sich die Serra do Topo (nahe dem Windpark). Von der Stelle aus, wo der Weg die Landstraße auf dem Inselrücken kreuzt, folgt ein spektakulärer Abstieg auf die Fajã da Caldeira de Santo Cristo.

Weg PR1 – spektakulärer Abstieg auf die Fajã da Caldeira

Eine andere lohnenswerte Alternative ist auch ein schöner Wanderweg, der von der Fajã dos Cubres zur Fajã da Caldeira de Santo Cristo führt – ein Ort, der bei Surfern sehr beliebt ist.

Fajã dos Cubres
Fajã da Caldeira de Santo Cristo mit den richtigen Wellen für Surfer
Der Ortskern auf der Fajã da Caldeira de Santo Cristo

Man kann auch auf das Surfen verzichten und einfach die einmalige Stimmung an diesem Ort genießen.

Das Ufer des Sees (Caldeira de Santo Cristo) eignet sich gut für ein Picknick.
Die Wanderwege sind alle sehr gut beschildert.

Weitere Sehenswürdigkeiten

Weitere Sehenswürdigkeiten sind der Parque Florestal das Sete Fontes im Inselwesten, Fajã do Ouvidor mit Naturschwimmbecken im Inselnorden, Fajã dos Vimes, ein Gebiet, in dem Kaffee angebaut wird, oder der östlichste Punkt der Insel mit der vorgelagerten Insel Topo.

In der Zauberwelt des „Parque Florestal das Sete Fontes“
Fajã do Ovidour
Das Café Nunes mit eigenem Kaffee
Die flache "Ilhéu de Topo“ am Westende von São Jorge

Unser Tipp: In Santo António im Inselnorden hat ein holländisches Paar in einer ehemaligen Käsefabrik ein Atelier eingerichtet (Augen auf, wenn man auf der Hauptstraße den Ort durchfährt!). Pieter (der Künstler) stellt hier seine Werke aus. Im Sommer kann man einfach hineinspazieren und Pieter und seine Frau führen einen spontan durch das Atelier. Sympathisch!

Das Atelier de Kaasfabriek

Das Wetter auf São Jorge

Die beste Saison ist zwischen Juni und Mitte September, die Temperaturen liegen dann zwischen 19 und 23 Grad, können aber auch bis zu 30 Grad erreichen. Bei einem ausgeprägten Azorenhoch herrscht, abgesehen von leichten Land- und Seewinden, häufig Flaute. Sonst meist wechselhaftes Wetter, überwiegend Nordost-, Nord- und Westwinde um zehn Knoten, ab September 15 bis 20 Knoten. Zum Teil stark beeinflusst durch die Inseltopografie.

Aufgrund der Länge der Insel muss bei starkem auflandigen Wind aufgepasst werden. Es gibt vor allem an der Nordküste keine Zufluchtsmöglichkeit. Außerdem ist das Wasser bis dicht unter die Ufer tief. Wer hier in eine Legerwall-Situation gerät, hat eine lange Kreuz vor sich.

Fazit

Die auf den ersten Blick einfache Bauerninsel im Zentrum der Azoren bietet also einige Sehenswürdigkeiten. Der schönste Ort auf São Jorge ist für mich persönlich jedoch der Hafen von Velas mit seiner entspannten Atmosphäre, den verschiedenartigen Fischen im glasklaren Wasser und dem Vogelgezwitscher über der Steilküste.

Inselansicht

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Helga
Helga
4 Jahren her

Danke für den auführlichen Bericht!