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Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.
Der Ort mit den höchsten Wellen der Welt
Nazaré ist ein faszinierender Ort mit vielen Gesichtern. Während es hier im Sommer äußerst lebhaft zugeht, kann der Ort in der Nebensaison auch sehr verlassen und rau wirken, was mit der Topographie der Bucht von Nazaré zu tun hat. Aufgrund verschiedener Faktoren entstehen hier die höchsten Wellen der Welt, was das folgende Video anschaulich verdeutlicht.
Wie das Video zeigt, sind die Wellen beeindruckend! Mehr noch: Sie sind ganzjährig ein Spektakel. Im Sommer sind die Wellen tendenziell klein. Im Frühjahr, Herbst oder Winter hingegen sind die Wellen höher und die Szenerie wirkt eher einschüchternd. Unabhängig von der Jahreszeit zieht diese topografische Besonderheit etliche Menschen an – vor allem die Surfelite der Welt.
Allerdings produziert die Topografie nicht überall Wellen und das ist gut so. Es gibt einen recht breiten Korridor, in dem wir Segler, wenn links und rechts vom Schiff die Wellen haushoch brechen, problemlos zum sicheren Yachthafen gelangen können. Wir folgen einfach der tiefen Rinne, die bis zum Hafen führt.
Mehr noch: Nazaré ist ein echter Schutzhafen, der bei nahezu jedem Wetter – auch nachts – angelaufen werden kann. Er ist auch dann noch offen, wenn alle anderen Häfen entlang der portugiesischen Küste schon lange nicht mehr angesteuert werden können.
Damit das gelingt, beginnt die Ansteuerung, wie in den meisten Törnführern empfohlen, bereits zwei Seemeilen weit vor der Küste im tiefen Wasser. Von hier aus hält man mit Kurs 97 Grad dem Tiefwasser-Korridor folgend direkt auf den Hafen zu.
Unmittelbar vor den Molenköpfen ist das Wasser immer noch 20 Meter tief und so kann der Hafen auch noch bei starkem, auflandigem Wind angesteuert werden. Hinter der Mole biegt man nach Steuerbord ab und ist im geschützten Bereich.
Infrastruktur
Im weitläufigen hinteren Hafenbecken befinden sich zwei Steganlagen für Yachten. In manchen Törnführern wird die Anlage im Süden des Beckens empfohlen, aber das ist nicht mehr aktuell. Das Gros der Blauwasseryachten macht mittlerweile beim Clube Naval da Nazaré im Norden des Beckens fest. Dort ist man deutlich dichter am Ort und die Anlage ist attraktiver. Gleichwohl das Personal der anderen Marina Gastyachten ebenfalls mit offenen Armen empfängt.
Man sucht sich einen freien Liegeplatz in der Marina, sofern die Hafenmeister nicht einen zuweisen. Dabei sollte die Wassertiefe im Auge behalten werden. Weiter innen wird es schnell flach. Die Schiffe werden an Fingerstegen mit Strom und Wasser vertäut.
Die Anlage ist recht gepflegt und die Hafenmeister sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Sie erledigen alle Formalitäten und geben Tipps zum Besuch des Ortes. Von ihnen bekommt man auch pfandfrei den Schlüssel zur Pier sowie das WIFI-Passwort.
In einem Container an Land neben einem Restaurant gibt es Dusche und WC nebst Waschmaschine und Trockner.
In Nazaré kann bei der Marina auch getankt werden, aber das ist etwas umständlich. Es kann zwar mit der eigenen Yacht direkt an die Zapfsäule gefahren werden, aber dann muss ein Crewmitglied erst einmal zur Tankstelle an der Straße gehen und den Tankwunsch bekunden 🙂
Als wir während der portugiesischen Ferien in Nazaré waren, tobte im Ort und am Strand das Leben. Bereits am Hafen wurden Touren und Ausflüge angeboten. Tauchen gehen, Jetski fahren oder Delfine gucken.
Wir haben es vorgezogen, erst am Strand spazieren zu gehen und dann durch den Ortskern am nördlichen Ende der Bucht zu schlendern. Dabei wurde uns schnell klar, was manche Segler meinen, wenn sie den Strand als den Ballermann Portugals bezeichnen. Abertausende Menschen nehmen hier ein Sonnenbad und es gibt eigens errichtete Zelt-Landschaften, die gemietet werden können, um Schatten zu haben.
So touristisch das auch klingen mag – es stört nicht. Es ist eher witzig, das alles anzusehen. Außerdem hatten wir ohnehin nur Augen für die Wellen. Wir hatten auflandigen Wind von drei Beaufort und am Strand brachen sich drei Meter hohe Wellen krachend auf dem steil abfallenden Sand. Ein absolut eindrucksvolles Schauspiel. Baden wäre dann lebensgefährlich.
Im Ort, der schnell zu erreichen ist, gibt es alles, was man braucht, sowie unzählige Bars und Restaurants.
Entlang der Promenade reiht sich zudem ein Souvenir-/Touri-Shop an den nächsten. Wer noch einen bunten Sonnenschirm, ein massentaugliches Souvenir oder ein großes Badelaken braucht, wird hier fündig.
Am nördlichen Ende wird der Ort durch eine steile Klippe begrenzt, auf deren Anhöhe sich 120 Meter über dem Meeresspiegel das illustre Treiben fortsetzt. Hinauf geht es wahlweise zu Fuß oder mit einer Seilbahn.
Oben angekommen ist die Belohnung der traumhafte Blick über den Ort mit seinen orangeroten Dächern, den goldgelben Strand und den tiefblauen Atlantik.
Am Westende der Klippe thront der knallrote Leuchtturm Pedra do Guilhim über der See und dem berühmten Strand Praia do Norte. Der Turm kann besichtigt werden und steht, nebenbei bemerkt, unmittelbar in der Nähe der Stelle, wo die weltweit höchsten Wellen mit 30 bis 40 Metern Höhe entstehen. Daher befindet sich im Inneren des Turms auch eine sehenswerte Ausstellung, die auf Englisch erklärt, wie die Wellen entstehen und welche Surfer hier die Rekorde halten.
Tipp: Wir haben nach der Besichtigung des Turms auf der Anhöhe im einfachen, aber sehr netten Restaurant Sítio dos Petiscos (R. Azevedo e Sousa 5) zu Mittag gegessen. Besonders lecker ist das Pulpo-Kebab. Ein Spieß mit Meeresfrüchten, Gemüse und Kartoffeln als Beilage.
Den Tag haben wir mit einem Kaltgetränk in der Hand am Strand auf der Picknickdecke ausklingen lassen, während die Sonne im Atlantik versank und die Brandung unaufhaltsam auf das Ufer krachte. Der Strand war dann fast menschenleer. Lediglich ein paar lokale Fischer haben in der tosenden See Fische geangelt. Ein schöner Tagesausklang an einem unglaublich interessanten Ort.
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