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Regula lebte von 2010 bis 2012 auf einem Segelboot und segelte mit ihrem Partner Thomas um den Atlantik. Die Erlebnisse dieser Reise sind die Grundlage ihres Buches „Bis morgen – in zweieinhalb Jahren: Segelgeschichten zwischen Schleswig und Havanna“. Seit August 2018 sind Thomas und Regula wieder per Segelboot unterwegs. Auf ihrem Blog www.sy-okoume.ch berichtet Regula über die Reise und das Leben an Bord der RM1070. Zwischenzeitlich arbeitete sie als Paralegal in einem Anwaltsbüro in der Schweiz.
Die Insel Terceira
Terceira ist die östlichste Insel der Zentralgruppe der Azoren, zu der auch die Inseln Graciosa, São Jorge, Pico und Faial zählen. Terceira ist etwa 15 Seemeilen lang und 9 Seemeilen breit und ist mit rund 60.000 Einwohnern eine der dicht besiedelten Inseln der Azoren. Das Stadtzentrum des Hauptortes Angra do Heroísmo wurde 1983 als UNESCO Weltkulturerbe ausgezeichnet. Der Hafen – die Marina d’Angra – liegt mitten in der Stadt.
Marina d’Angra
Wer den Hafen von Angra ansteuert, wird nicht nur in den Genuss dieser wirklich hübschen und freundlichen Stadt kommen, sondern auch über die Bewegungsfreude der Einwohner staunen: Auf der Hafenmole wird rege spaziert, gejoggt, geturnt… Und sogar die Beamten der Hafenbehörden machen ihre Kontrollgänge zu Fuß!
Die Hafeneinfahrt befindet sich östlich des Monte Brasil. Zwischen der Hafenmole im Westen und dem Anleger für Fähren im Osten erreicht man die Marina. Markant ist das kastenartige, moderne Hotel im Hintergrund.
Man kann die Marina auf UKW-Seefunk-Kanal 16 oder 9 vorab anfunken. Leider bleiben die Funkrufe, wie wir es mehrfach mitbekommen haben, oft unbeantwortet. Vor dem Marina-Büro, einem modernen Glasgebäude, das direkt unter dem großen Hotel liegt, gibt es aber einen langen Empfangssteg (Schwimmsteg), an dessen östlichem Ende sich auch eine Tankstelle befindet.
Leider liegt man am Empfangssteg, der sich in der offenen Einfahrt befindet, sehr unruhig. Bei schlechten Bedingungen und bei Süd- oder Ost-Schwell würden wir hier gar nicht erst festmachen, sondern nach Möglichkeit gleich am ersten Steg (Steg G) anlegen. Von hier aus sind es nur wenige Schritte zum Hafenbüro.
Die Anmeldung erfolgt lediglich im Marina-Büro (Schiffspapiere, Pässe der Crew und Versicherungsbeleg mitnehmen). Das Marina-Personal leitet alle Informationen an die zuständigen Behörden (Immigration, Zoll etc.) weiter. Die meisten Mitarbeiter der Marina sprechen gut Englisch und Französisch.
Viele Gastlieger werden am Steg G untergebracht. Hier liegt man an einem Schwimmsteg mit Fingern, die lang und stabil sind. Die Boxen sind breit und auch für Boote über 12 Meter geeignet. Leider sind die vordersten (östlichsten) Plätze am Steg G sehr der Strömung und dem Schwell ausgesetzt. Bei Schwell von Ost bis Süd ist es hier sehr unruhig. Ab etwa dem fünften Platz westwärts wird es deutlich besser.
Für kleinere Boote gibt es auch Liegeplätze weiter westwärts, im Innenteil des Hafens. Hier liegt man deutlich geschützter. Manchmal wird dort auch für größere Boote ein Platz frei, zum Beispiel an den Steg-Kopfenden.
Boote über 15 Meter haben wir auch schon am Beton-Kai beim Trockenplatz „Porto das Pipas“ festmachen sehen.
In der Bucht vor dem Hafen kann auch geankert werden (zwischen der Hafenmole und dem Clube Náutico im Westen). Die meisten Crews scheinen die Ankerbucht jedoch nur für einen Badenachmittag zu nutzen. Während der 10 Tage unseres Aufenthalts in Angra hat es kaum ein Boot länger als eine Nacht am Ankerplatz ausgehalten. Es war einfach zu schwellig. Will man in der Nähe des Monte Brasil ankern, sollte man beachten, dass es hier wegen eines Unterwasserparks Sperrgebiete gibt. Man sollte sich vorher im Marina-Büro über diese Sperrzonen informieren.
Infratsruktur und Versorgungsmöglichkeiten
In der Marina gibt es Strom und Wasser an den Stegen. Das Wifi ist kostenlos und passwortgeschützt. Allerdings braucht die Nutzung des Internets über den Hotspot der Marina etwas Geduld…
Die großzügigen Sanitäranlagen sind am Westende des Hafens untergebracht (neben der Bar „Cais de Angra“) und können täglich von 8.00 bis 12.00 und von 13.00 bis 20.00 genutzt werden. Hier gibt es auch Waschmaschinen und Trockner (Kosten: je 5 Euro). Wie in vielen Häfen der Azoren kosten die Duschen extra; in Angra bezahlt man für eine Dusche 1.50 Euro. Beim Eingang zu den Duschen gibt es einen kleinen Empfangsbereich, wo man entweder gleich für die Dusche bezahlen oder den Betrag auf den Bootsnamen schreiben lassen kann. In Sachen Sauberkeit gibt es bei den Duschen noch ein wenig Luft nach oben, zumindest für meinen Geschmack 😉
Die Marina d‘Angra gehört zur Gruppe der Portos dos Açores SA und die Liegegebühren sind die gleichen, wie in den anderen Häfen dieser Gruppe. Im Sommer 2019 betrugen die Liegegebühren für ein Segelboot zwischen 10 und 12 Metern 11,07 Euro; hinzu kommen die Mehrwertsteuer und andere geringe Gebühren. Insgesamt haben wir im Sommer 2019 für unser Boot von 11 Metern pro Tag etwa 13–14 Euro bezahlt.
Obwohl Angra do Heroísmo die zweitgrößte Stadt der Azoren ist, herrscht im Hafengelände eine entspannte Atmosphäre. Party-Geräusche dringen nachts kaum ans Ohr.
Auch in Sachen Berufsverkehr ist es ruhig (von den zahlreichen Whale-Watching-Booten einmal abgesehen). Während der Hochsaison kommt lediglich etwa zweimal pro Woche eine kleinere Fähre nach Angra. Die großen Fähren und Frachter legen nicht in Angra an, sondern benutzen den Hafen in Praia da Vitória im Osten der Insel Terceira.
Über dem Hafen von Angra thront die Misericórdia-Kirche. Treppen führen neben einem künstlichen Wasserfall zu dem markanten Bauwerk in Blau – und schon ist man auch im Zentrum der Stadt.
Im Zentrum gibt es mehrere kleine Lebensmittelläden. Ein mittelgroßer Supermarkt („Guarita“) ist etwa 10 Minuten Fußweg vom Hafen entfernt. Weitere 10 Minuten sind es circa bis zu einem großen Continente-Supermarkt am Stadtrand. Frisches Obst und Gemüse, Fisch und Fleisch kauft man jedoch am besten auf dem nahen Markt.
Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten
Enge Gassen mit liebevoll restaurierten Häusern in allen Farben, grüne Plätze und üppige Gärten, Museen, Restaurants, Bars und kleine Läden: Angra lädt zum Schlendern und Verweilen ein. Der Stadtkern ist überschaubar; die Sehenswürdigkeiten erreicht man leicht zu Fuß.
Uns ist positiv aufgefallen, wie offen die Bewohner von Angra gegenüber Fremden sind. Egal zu welcher Tages- und Nachtzeit: Die Leute begegnen einem mit einem Lächeln und grüßen freundlich.
Wenn man bedenkt, dass die Stadt 1980 von einem Erdbeben schwer getroffen wurde, ist es umso bemerkenswerter, wie gepflegt und aufgeräumt sie nun wirkt. Beschädigte Gebäude werden teils geschickt neu genutzt; restaurierte Fassaden dienen zum Beispiel als dekorative Parkplatzbegrenzung.
In Angra gibt es einen schönen Aussichtspunkt, der am oberen Ende des öffentlichen Parks liegt. Der Aufstieg zum „Memória Obelisk“ lohnt sich. Von hier aus hat man einen weiten Blick über die Stadt und auf das Meer hinaus.
Ein weiterer guter Aussichtspunkt befindet sich auf dem Monte Brasil. Ein beliebter, gut ausgebauter Wanderweg führt vom „Castelo de São Filipe“ auf den Hügel hinauf. Familien laufen jedoch Gefahr, bei der großen Parkanlage mit Kinderspielplatz unterhalb des Forts hängenzubleiben…
Sollte die Aussicht aufgrund des Wetters getrübt sein, gibt es auf dem Monte Brasil auch anderes zu entdecken, zum Beispiel eine alte Signal-Station, von der man in früheren Zeiten auch nach Walen Ausschau hielt.
Tipp: Vormittags vom Hafen aus auf den Monte Brasil wandern und nach dem Abstieg in einem netten Restaurant zusammen mit den Einheimischen ein deftiges portugiesisches Mittagsmenü genießen (und dabei sein bestes Portugiesisch auspacken…). Oder man gönnt sich ein erfrischendes Bad im Meer: Gleich neben der Marina gibt es einen hübschen Badestrand. Auf der Hafenseite des Strands befinden sich auch Frischwasserduschen.
Alternative? Marina Praia da Vitória
Auf Terceira gibt es neben Angra do Heroísmo einen weiteren Hafen, der für Segler von Belang ist: Praia da Vitória. Hier gibt es auch einen schönen Ankerplatz. Wir selber haben wegen des starken Ostwinds, der gerade tagelang wehte, nicht in Praia da Vitória geankert, und können daher nichts Genaueres über den Ort berichten (wir haben Praia da Vitória nur auf dem Landweg besucht). Von anderen Seglern haben wir aber erfahren, dass der Ankerplatz bei allen anderen Windrichtungen gut geschützt sei.
Praia da Vitória wird oft als der beste Ankerpatz der Azoren bezeichnet. Auch die kleine Marina von Praia genießt einen guten Ruf. Dass man hier sehr schön liegt (ob vor Anker oder in der Marina) können wir uns gut vorstellen; das Städtchen und die Strände machten (auch bei bescheidenem Wetter) einen netten Eindruck auf uns.
Zwischen Praia da Vitória und Angra do Heroísmo gibt es regelmäßige Busverbindungen. Der Busfahrplan ist an der Touristeninformation in Angra erhältlich. Per Bus lassen sich auch gut andere Ort auf der Insel entdecken, zum Beispiel das im Norden gelegene Biscoitos, das für Weinbau und ein Naturschwimmbecken in vulkanischem Gestein bekannt ist.
Sollte man auf der Rückfahrt im Bus wieder ins Schwitzen kommen, kann man ja in Angra do Heroísmo nochmals ins kühle Nass hüpfen – am Strand der Weltkulturerbe-Stadt mit den freundlichen Bewohnern, die sogar mich nach über 10-jähriger Abstinenz zum morgendlichen Joggen auf der Mole inspiriert haben.
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