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Dr. Stefanie Kamke ist Frauenärztin in Bremen und seit ihrer Jugend begeisterte Seglerin. Mit ihrem Partner segelt sie im Urlaub auf der gemeinsamen Swan 48 VELLAMO, mit der er als Skipper für den Kojencharteranbieter SEGELWEGE unterwegs ist. Dazwischen ist sie immer wieder auf anderen Yachten und in wechselnden Revieren anzutreffen. Stefanie gehört als medizinische Beraterin und Autorin zur BLAUWASSER.DE-Stammredaktion.
Allgemeine Infos zum Hafen/Marina Anholt
Inmitten des Kattegats liegt sie – die Insel Dänemarks, die am weitesten von der nächsten Küste entfernt ist. Anholt. Ein 22 Quadratkilometer messendes Eiland, das sich trotz der Entfernung bei Seglern sehr großer Beliebtheit erfreut.
Wer nach Anholt kommt, hat mindestens 25 Seemeilen im Kielwasser. Der kürzeste Weg ist ab Grenå auf dem Festland Dänemarks durch den Windpark hindurch. Der Offshore-Windpark mit seinen 111 Windrädern ist inzwischen fast schon ein Wahrzeichen Anholts – er darf durchsegelt werden.
Die meisten Segler dürften aber mehr Strecke im Kielwasser gelassen haben auf dem Weg zum Kleinod im Kattegat, was sicherlich einen der Reize der Insel darstellt. Aber warum sind der Hafen und die Insel auch sonst so beliebt bei Seglern? Das erschließt sich erst so richtig nach einem Tag vor Ort.
Liegeplätze im Hafen von Anholt
Auf Anholt angekommen gilt es erstmal, einen Liegeplatz in dem (zumindest im Sommer) meist (über)vollen Hafen für die Yacht zu ergattern. Die Anreise so zu planen, dass man vormittags ankommt, ist je nach Bootsgröße hilfreich.
Im Vorhafen der Insel lassen sich bequem die Segel bergen und Leinen sowie Fender zum Anlegen klar machen. Das muss nicht im Seegang auf dem Kattegat erfolgen. Auch ist es im Vorhafen von Anholt möglich, eine Nacht geschützt vor Anker zu liegen, sollte sich wirklich gar kein Platz im Hafen finden (je nach Wind kann ein wenig Schwell stehen). Außerdem liegt linker Hand im Vorhafen ein kleiner Steg, an dem auch ein paar Boote längsseits festmachen können.
Meist ist das „Parken“ im Vorhafen jedoch nicht erforderlich – da sich im Yachthafen von Anholt immer noch irgendwie in der kleinsten Lücke ein Liegeplatz finden lässt. Das kennen hier alle und es gehört zum Tagesgeschäft in der Hochsaison.
Nach der Einfahrt in den eigentlichen Yachthafen liegt linker Hand die Pier für die Anholt-Fähre, die nach Grenå fährt, und der Kai für die Fischerboote. Rechter Hand ist der Yachthafen, in dem meist in Boxen mit Muringboje angelegt wird – oder eben dort, wo sich ein Platz bietet. Am meisten Rangierung hat vor sich, wer auf Anholt zur Tankstelle möchte. Die liegt in einer kleinen Lücke hinter der Fischerpier und bedarf etwas Geschick beim Ansteuern.
Der Hafenmeister empfängt neu ankommende Yachten auf Anholt meist direkt nach der Einfahrt in den Yachthafen mit seinem Dingi und klärt, in welche Lücke man passen könnte. Manchmal kommt auch nur ein „fahr einfach in die Gasse rein, da passt schon was“ und gerne auch ein „ist zwar eng, aber ihr kommt da schon rein“.
Ist der Liegeplatz gefunden und das Boot fest, kann man sich entspannt bei einem Einlaufgetränk das Schauspiel des Hafens anschauen. Es herrscht ein reges Kommen und Gehen. Es wird abgelegt, angelegt, umgeparkt und verholt. Es werden Leinen gelegt, Muringe vertäut, Plätze gewechselt oder über Boote an Land geklettert. Hafenkino vom Feinsten 🙂
Es wird Platz gemacht für Neuankömmlinge, die die Lücken der Ableger direkt wieder füllen. Dazwischen herrscht ein reges Treiben von Dingis und SUPs, die durch den Hafen fahren. Und bei alledem fällt fast kein lautes Wort. Alles wirkt trotz des Trubels ruhig und entspannt.
Der Strand auf Anholt
Auf dem Weg an Land zeigt sich dann direkt ein weiterer großer Reiz der Insel. Gleich neben der Steganlage liegt einer der wunderbar weißen Sandstrände, für die Anholt so berühmt ist. Nicht nur für Familien mit Kindern ein Paradies. Ein Schritt von der Pier an den Strand oder mit dem Beiboot eben um die Mole herumgefahren, bieten der feine Sand und das seichte Wasser viel Platz zum Spielen, Relaxen und in der Sonne liegen.
Tagsüber ist am Strand viel Trubel. Gruppen von Jugendlichen liegen im Sand, kleine und große Kinder wuseln herum oder baden in der Ostsee. SUPs, Dingis und Kitesurfer tummeln sich zudem auf dem Wasser. Und Erwachsene stehen, liegen oder sitzen entspannt mit Blick auf das Meer (oder die Kinder) am Strand und schnacken.
Tipp: Je weiter man sich vom Hafen entfernt, desto ruhiger wird es und es lassen sich auch entspannte Plätze in den Dünen finden.
Infrastruktur und Versorgung
Am Fuße der Mole steht am Ende das Hafenkontor mit Duschen, WCs, Waschmaschine und Trockner. Wie fast überall in Dänemark wird die Hafengebühr am Automaten bezahlt. Auch ein großer Raum, in dem man bei schlechtem Wetter kochen, essen und zusammensitzen kann, ist in der oberen Etage vorhanden. Durch die großen Fenster kann dabei die Aussicht über den Hafen genossen werden – gleichwohl schlechtes Wetter im Sommer auf Anholt selten ist. Die Insel gilt als die sonnenreichste Dänemarks.
Vor dem Hafenkontor findet sich eine Außenanlage mit vielen Sitzgelegenheiten und einem großen zentralen Grillplatz. Insbesondere Dänen treffen sich hier abends, um zusammen zu grillen und zu essen. Täglich um 18 Uhr wirft der Hafenmeister die Grills an. Eigene Grillkohle wird nicht benötigt.
Zutaten für das Grillen sind auf Anholt im gut sortierten Kaufmannsladen direkt am Yachthafen zu finden. Das Sortiment ist übersichtlich und dennoch erstaunlich gut. Für einen Inselsupermarkt ist das Preisniveau zudem fair.
Wer Meeresfrüchte mag, kann morgens früh bei den Fischern fangfrischen Fisch oder den lokalen Jomfruhummer ergattern. Ein Eimer zum Transport der etwas scharfkantigen Spezialität empfiehlt sich. Alternativ gibt es einen Fischladen.
Wer nicht selbst kochen möchte, der kann in eine der Bars oder Restaurants am Fischerkai gehen. Auf den ersten Blick etwas heruntergekommen, entpuppen sie sich auf den zweiten Blick als gemütliche Orte mit viel Charme. Wer direkt im regen Treiben von Pier und Hafen sitzen möchte, ist im Algot fra havet für Essen und Trinken gut aufgehoben.
Leckeren Gin für ein Feierabendgetränk gibt es – wo sonst – im Anholt Gin, ebenfalls mit Blick auf den Fischerkai. Die gemütliche Atmosphäre zieht viele Besucher an und es wird auch schon mal etwas später in der Bar …
Weiter hinten am Ende der Pier, rechts ums Eck herum, lädt die Orakel-Bar direkt am Strand zum Genießen eines lauen Sommerabends ein. Mit den Füßen im Sand, einem Getränk in der Hand und dem Blick auf das Meer lässt sich der Abend entspannt ausklingen.
Überhaupt – nach dem ersten Tag auf Anholt stellt sich von allein eine innere Ruhe und Gelassenheit ein, die einen nicht selten länger als ursprünglich geplant auf der Insel verweilen lässt.
Freizeitgestaltung
Die Zeit sollte man für Anholt auch mitbringen und die Insel mindestens einen Tag mit dem Fahrrad und/oder zu Fuß erkunden. Der Fahrradverleih am Hafen hat eine große Anzahl Fahrräder, auch für Kinder, und ist sehr hilfsbereit und freundlich.
Es ist ratsam, vormittags bei der Fahrradvermietung vorbeizugehen und sich die Räder für den Tag auszuleihen. Überhaupt ist das Fahrrad das Hauptverkehrsmittel auf Anholt. Autos gibt es kaum. Auf den gut ausgebauten Wegen, die über die Hügel oder am Nordufer entlang zum Ortskern führen, lässt es sich gut radeln.
Der kleine Ort, der zwischen dem Nord- und dem Südberg liegt, wird auch liebevoll „Anholt-Stadt“ genannt. Ein Streifzug auf den kiesbedeckten Wegen bringt einen zum zweiten Supermarkt der Insel oder in die Räucherei, die verschiedene lokale Räucherfische aus einem kleinen Wagen heraus anbietet.
Die langen weißen Sandstrände am Nord- oder Südufer oder die nordöstlich liegende Wüste Anholts „Orken“ lassen sich allerdings besser zu Fuß erkunden. Eine Wanderung zum Leuchtturm ist machbar, jedoch weit. Es lohnt aber schon, einen Teil der Strecke auf den Sandwegen durch die weite Fläche der Dünenlandschaft zu spazieren. Schwarze Krähenbeeren, Flechten und Besenheide bedecken hier maximal kniehoch den Boden und lassen die Sicht frei auf die beeindruckende Weite Anholts. Hier ist die Luft klar und die Natur ruhig und rau zugleich.
Auf dem Weg zurück zum Hafen ist die Einkehr in den Anholt Kro empfehlenswert. An Tischen im Gras und unter alten Bäumen wird hier leckeres Essen serviert. Ein schöner Ort zum Pausieren oder auch, um den Abend zu genießen.
Zurück zum Hafen geht es dann entweder in einem weiten Bogen am Strand entlang oder über den direkt hinter dem Kro auf dem Hügel entlanglaufenden Nordbjergvej mit toller Sicht von oben auf Strand und Insel. Der Wegesrand wird hier von Wachholder gesäumt, aus dem der inseleigene Anholt Gin hergestellt wird.
Die beiden Freunde Thøger Dixgaard und Jakob Kjærgaard brauen unter dem Namen „Anholt Gin“ einen wunderbar klaren, reinen, aber dennoch würzigen lokalen Gin. Oder wie die Hersteller sagen „Mindre pis, mere gin“. In dem Supermarkt am Hafen wird der Gin verkauft. Einzelne Brände werden nur in kleiner Stückzahl hergestellt und mit von Hand nummerierten Flaschen vor Ort angeboten. Wer eine davon erhält, darf sich freuen.
Zurück am Boot lässt sich dann mit Freunden im Cockpit eben jener Gin hervorragend genießen, während um einen herum abgelegt, angelegt, umgeparkt, verholt oder mit dem Dingi oder SUP durch den Hafen gefahren wird.
Fazit
Anholt ist eine Insel zum Entspannen und Wohlfühlen. Eine Insel mit Trubel und Ruhe. Eine Insel zum längeren Bleiben als geplant.