Landstromanschluss Yacht (230 Volt): Absicherung und Verkabelung

Ein Beitrag von

Robert Möckel

Dr. Robert Möckel ist Ingenieur der Fachrichtung Schiffsmaschinenbau und im “zweiten Leben” Psychologe (M.Sc.). Nach einer Tätigkeit in einem Motoreninstandsetzungebetrieb hat er in diversen Lehrtätigkeiten Erfahrung in der Wissensvermittlung gesammelt und bietet Seminare zu technischen Themen auf Yachten an. Zusammen mit seiner Frau segelt er eine Dehler 35 SV, die in Flensburg beheimatet ist.

Der 230-Volt-Landstromanschluss einer Yacht ist praktisch, birgt aber auch Gefahren

Werden im Hafen Geräte mit einer Spannung von 230 Volt an Bord einer Yacht betrieben oder die Batteriebank mit einem 230-Volt-Ladegerät geladen, so muss die Yacht üblicherweise dafür mit dem Stromnetz an Land verbunden werden. Viele Yachten haben daher einen sogenannten fest verbauten Landstromanschluss, der mit dem Batterieladegerät und den innenliegenden 230-Volt-Steckdosen verbunden ist.

Der Yachtanschluss wird mittels eines Kabels mit dem Landanschluss (am Steg) verbunden. Der Vorteil ist, dass keine Kabel oder Kabeltrommeln durch Schots, Luken oder Fenster gelegt werden müssen. Eine einfache Kabelverbindung zwischen den beiden Anschlüssen genügt, um die Batterien zu laden und im Schiff „Steckdosen-Strom“ wie zuhause bereitzustellen.

Ein Landstromanschluss ist wesentlich komfortabler als lose Installationen mit Kabeltrommel, Verlängerungen und Adaptern. Hier ist das bootseitige Ende zu sehen. ©Sönke Roever

Das klingt unkompliziert und das ist es im Prinzip auch. Allerdings steckt der Teufel im Detail. Im Gegensatz zur mit einer Spannung von 12 oder 24 Volt betriebenen Yachtelektrik ist die an Land übliche Spannung von 230 Volt lebensgefährlich. Genauer formuliert, ist nicht die Spannung, sondern ein ungewollter Stromfluss durch den Körper lebensgefährlich. Er ist nicht nur schmerzhaft, er kann zu Herzrhythmusstörungen oder gar zum Herzstillstand führen.

Ein Stromschlag aus einem 230-Volt-Netz ist lebensgefährlich! ©AlenaRubina/stock.adobe.com

Kurzum: Die Installation des 230-Volt-Netzes an Bord einer Yacht muss so aufgebaut sein, dass Stromschläge vermieden werden. Mehr noch: Bei 230-Volt-Netzen gilt grundsätzlich das Prinzip der „zwei Schutzmaßnahmen“. Das bedeutet, wenn ein Schutz vor Stromschlägen ausfällt, muss eine zweite Schutzmaßnahme das System so unterbrechen können, dass ein im schlimmsten Fall tödlicher Stromfluss durch den Körper zuverlässig verhindert wird.

Landstromanschlüsse sind in Marinas weit verbreitet. ©Sönke Roever

Ein 230-Volt-Stromnetz ist anders aufgebaut als ein 12-Volt-Netz

Bei einem 12-Volt-Netz gibt es zwei Kabel (rot = Plus, schwarz = Minus). Aufgrund der größeren Gefahr besteht das 230-Volt-Netz stattdessen aus drei Kabeln. Das erste ist meist braun oder schwarz, das zweite blau und das dritte gelbgrün.

Typische Verkabelung eines Verbrauchers in einem Metallgehäuse beim 230-Volt-Netz. ©BLAUWASSER.DE

Vereinfacht dargestellt ist die braune Leitung mit der (roten) Plusleitung im 12-Volt-System vergleichbar, sie wird auch Außenleiter oder Phase genannt. Die blaue Leitung wird Neutralleiter oder Nullleiter genannt und entspricht vereinfacht dargestellt der schwarzen Minus- beziehungsweise Masseleitung im 12-Volt-Netz.

Die drei Leiter in 230-Volt-Kabeln sind farbig markiert. ©mirkograul/stock.adobe.com

Der gelbgrüne Leiter ist eine Schutzleitung, die einen gewollten Kurzschluss auslösen kann, wenn etwas „nicht stimmt“. Schutzleiter sind beispielsweise mit den Metallgehäusen von Verbrauchern verbunden. Würde sich durch einen Defekt eines der Kabel lösen und einen Kontakt zum Gehäuse herstellen, würde eine Berührung dieses Gehäuses unweigerlich zum Stromschlag führen.

Schematische Darstellung der Funktion des Schutzleiters in Kombination mit einer Sicherung. ©BLAUWASSER.DE

Durch den Schutzleiter wird, sobald er mit Außenleiter (in diesem Fall mit dem Metallgehäuse verbunden) in Kontakt kommt, ein Kurzschluss erzeugt, die Sicherung ausgelöst und der Stromkreis unterbrochen.

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Ein 230-Volt-Yachtanschluss ist nicht dauerhaft installiert und birgt daher andere Risiken als zuhause

Dieses Schutzprinzip zur Vermeidung von Stromschlägen funktioniert sehr gut zu Hause, wo das 230-Volt-Netz fest mit dem zentralen Sicherungskasten verdrahtet ist. Standardmäßig sitzt die Sicherung im Außenleiter und nicht im Neutralleiter. Bei einer fachgerechten Hausinstallation ist dies gewährleistet.

Standardmäßig sitzt die Sicherung im Außenleiter bei einem 230-Volt-System. ©BLAUWASSER.DE

Beim Stromanschluss auf Yachten kann es zu Verpolungen kommen, die nicht auffallen, weil das System dann trotzdem funktioniert. Im 230-Volt-Netz funktionieren die meisten Verbraucher auch mit vertauschtem Außen- und Neutralleiter problemlos.

Die Verpolung kann entstehen, wenn die Verbindung mit dem Landanschluss über Adapter, Steckverbindungen und Verlängerungen erfolgt. Kommt dabei beispielsweise ein falsch verdrahteter Landstromadapter zum Einsatz, befindet sich der abgesicherte Pol plötzlich beim Neutralleiter und nicht wie vorgesehen beim Außenleiter. Das ist fatal. Dasselbe kann auch entstehen, wenn Stecker verwendet werden, die nicht verpolungssicher sind – beispielsweise bei einem Verlängerungskabel.

Adapter und Verlängerungen können dazu führen, dass Außenleiter und Neutralleiter vertauscht werden. ©Sönke Roever

Diese fünf Maßnahmen helfen, die Gefahr von Stromschlägen bei Landstromanschlüssen auf Yachten in den Griff zu bekommen.

Maßnahme 1: Die richtigen Kabel für den Landstromanschluss auf Yachten einsetzen

Grundsätzlich dürfen für Landstromanschlüsse bei Yachten sowie die weitere Verkabelung im Schiff nur dreiadrige 230-Volt-Kabel mit Schutzleiter verwendet werden.

Der Schutzleiter hilft, die Gefahr eines Stromschlags zu reduzieren. ©eurostar1/stock.adobe.com

Außerdem schreibt die Norm einen Kabelquerschnitt von 2,5 Quadratmillimeter pro Ader vor. Diese Anforderungen werden in der Regel von Stromkabeln aus dem Yachthandel oder für den Einsatz auf Baustellen erfüllt.

Kabel für den Landstromanschluss sollten dreiadrig sein. Jede Ader sollte einem Querschnitt von 2,5 Quadratmillimeter aufweisen. ©Sönke Roever

Maßnahme 2: Eine doppelte Absicherung der 230-Volt-Stromversorgung an Bord installieren

Damit der Schutzleiter auch dann funktioniert, wenn die Leitung verpolt wird, wird im Yacht- und Campingbereich nicht nur der Außenleiter, sondern auch der Neutralleiter abgesichert. Dazu gibt es im Fachhandel sogenannte zweipolige Leitungsschutzschalter.

Mit einem zweipoligen Leitungsschutzschalter (Sicherung) werden sowohl der Außenleiter als auch der Neutralleiter abgesichert. ©BLAUWASSER.DE

Maßnahme 3: Einen Fehlerstromschutzschalter in der 230-Volt-Stromversorgung an Bord installieren

Darüber hinaus ist es sinnvoll, einen Fehlerstromschutzschalter (FI-Schalter) im 230-Volt-Netz zu integrieren. Ein Fehlerstromschutzschalter reagiert anders als ein Leitungsschutzschalter auf einen fehlerhaften Energiefluss. Der Fluss der Elektronen zum Verbraucher und zurück zur Energiequelle ist im Normalfall gleich.

Der FI-Schalter vergleicht den Elektronenfluss im Außenleiter und im Neutralleiter. ©BLAUWASSER.DE

Angenommen, ein Mensch berührt einen unisolierten Außenleiter, dann würden die Elektronen durch den Körper in Richtung Erde abgeleitet werden. Der oft feuchte und salzige Boden in der Yacht kann hier durchaus schon ausreichen, damit ein Stromfluss entsteht. Genau hier setzt ein Fehlerstromschutzschalter an. Durch die Ableitung in den Körper und weiter Richtung Erde verändert sich der ursprüngliche Fluss der Elektronen in den Leitern. Der Fehlerstromschutzschalter misst diese Veränderung und unterbricht bei einem bestimmten Schwellwert (meist 30 Milliampere) die Leitung.

Kommt es zu einem irregulären Elektronenfluss (hier vom Außenleiter durch den Menschen zur Erde) unterbricht der FI-Schalter den Stromfluss. ©BLAUWASSER.DE

Tipp: Zweipolige Leitungsschutzschalter und Fehlerstromschutzschalter gibt es auch als praktische Kombination in einem Gerät.

FI-Schalter und Sicherungen an Bord einer Yacht als Absicherung des 230-Volt-Netzes. ©Sönke Roever

Maßnahme 4: Verpolungssichere Stecker für den Landstromanschluss von Yachten verwenden

Nicht ohne Grund sind an den Stegen von Marinas keine Haushaltssteckdosen zu finden (in der Fachsprache Schutzkontakt-Steckdosen, kurz Schuko, genannt). Stattdessen haben sich in Europa die blauen, „CEE“ genannten, Stecker, Dosen und Kupplungen durchgesetzt. Der Vorteil dieser Stecker, Dosen und Kupplungen besteht darin, dass sie nur in einer Position zusammengesteckt und folglich nicht verpolt werden können. Darüber hinaus sind sie sehr gut gegen Feuchtigkeit geschützt und können unbedenklich auch bei Regen genutzt werden.

In europäischen Marinas werden Stromanschlüsse mit CEE-Steckdosen verbaut. ©Sönke Roever

Gleiches gilt für den Anschluss an Bord. Er sollte Feuchtigkeit vertragen und eine wasserdichte Kappe haben, die vor Spritzwasser schützt, wenn der Anschluss nicht genutzt wird. Hierfür eignet sich ebenfalls ein System, das Verpolungen vermeidet.

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Maßnahme 5: Ein Kontrollpaneel zur Anzeige von Fehlern beim Landstromanschluss einsetzen

Im Handel sind Kontrollsysteme erhältlich, die mit Warnleuchten anzeigen, wenn bei der Verdrahtung etwas nicht stimmt beziehungsweise gefährlich ist. Erkannt werden üblicherweise sowohl die Verpolung von Außenleiter und Neutralleiter als auch ein unterbrochener Schutzleiter.

Bei diesem Gerät leuchtet die rote LED mit der Beschriftung „Fault“, wenn ein Fehler vorliegt. ©Sönke Roever

Fazit

Bei einer Netzspannung von 230 Volt sind Stromschläge lebensgefährlich und es gilt alles zu unternehmen, um sie zu vermeiden. Deshalb lautet die Devise: Viel hilft viel. Segler, die auf Nummer sicher gehen wollen, integrieren nicht nur eine, sondern alle zuvor beschriebenen Maßnahmen in das 230-Volt-Bordnetz und setzen darüber hinaus auf fachgerechte Kabel, Stecker und Kupplungen für den Landstromanschluss. So funktioniert nicht nur die Stromversorgung reibungslos, es wird auch das Risiko eines Stromschlages bestmöglich minimiert.

Darüber hinaus ist folgender Hinweis angebracht: Eine 230-Volt-Installation darf nur von fachkundigen – entsprechend ausgebildeten – Personen installiert und/oder verändert werden. Man könnte auch sagen: Wer beim Lesen der vorstehenden Zeilen etwas dazugelernt hat, gehört nicht zu diesem Personenkreis. 🙂

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Dirk
Dirk
8 Monaten her

Hallo Herr Möckel, In einer bekannten deutschen Yacht-Zeitschrift wurden mal AFDD-Schalter empfohlen als Schutz vor Lichtbögen. Was halten Sie davon?

Thomas Fiedler
Thomas Fiedler
8 Monaten her

Danke, das war sehr hilfreich