Ein Beitrag von
„Schnuller rein! Fender raus! Wir legen an“, lautet das typische Kommando beim Anlegen auf ihrem Familienboot. Gemeinsam mit ihrem Mann segelt Nina Kremer, Texterin und Schreibcoach, mit den beiden Töchtern. Wenn Nina nicht gerade schreibt oder unterrichtet, sind sie mit ihrer Dufour 36 Classic als Familien-Crew auf Nord- und Ostsee unterwegs oder chartern im Mittelmeer.
Titelfoto: ©️Nina Kremer
Wenn die Crew an Bord mitwächst
Während die Auswahl geeigneter Segelkleidung bei den Erwachsenen alle paar Jahre ein Refit erhält und in der Regel eher ein „Kann“ als ein „Muss“ ist, brauchen die jüngeren Crewmitglieder zum Saisonstart fast immer ein Update ihrer Segel-Garderobe.
Sobald Papa das Antifouling bestellt, um dem Unterwasserschiff rechtzeitig einen neuen Anstrich zu verpassen, müssen wir den Kindern auch das Ölzeug aus der vergangenen Segelsaison unter die Nase halten und kritisch hinterfragen: „Passt dir das noch?“
Die erste Hürde: das Anprobieren der Segelkleidung
Erfahrungsgemäß machen Kinder nicht, was wir sagen. Jedenfalls nicht unsere und nicht sofort. Um herauszufinden, ob die Kleidungsstücke ihrer aktuellen Größe später an Bord noch gerecht werden, brauchen wir meistens einen Moment Geduld. Oder ein gemeinsames Spiel: „Wir legen ab! Mit unserer Couch. Anker lichten! Volle Kraft voraus, die Kleinste hat das Ruder. Oh, Captain! Da zieht schweres Wetter auf …“ Vielleicht springen jetzt alle wie von selbst in ihre Schwerwetterkleidung …? (Und auch den Erwachsenen fällt auf, dass die Kinder offenbar gewachsen sind :-)).
Wenn alle ihre Kleidung anziehen, um zu schauen, ob sie noch passt, will sicher keines der Kinder ohne geeignetes Ölzeug dastehen. Und meistens genügt es ja auch, Gewissheit über ein einzelnes Teil zu haben, um dann die aktuelle Größe für alle Kleidungsstücke auf der Liste zu ermitteln. Die Liste? Die Liste!
Was Kinder zum Segeln brauchen. Meine persönliche Packliste
Da insbesondere mit Kindern an so vieles (mit)gedacht werden muss, bin ich ein großer Freund von Listen. Das entspannt ungeheuerlich bei der Planung. Auch für die erforderliche textile Ausrüstung habe ich daher eine Packliste angefertigt, die sich als Mindestmaß bewährt hat und häufig ohne große Lücken zur jährlichen Einkaufsliste wird (zumindest beim ältesten Kind):
- 1 x wasserdichte Außenhaut: das Ölzeug! Bestehend aus Jacke und Latzhose
- 1 x (Woll-)Fleece-Jacke und 1 x (Woll-)Fleece-Hose
- 1 x kuscheliger Einteiler (Kuschelanzug)
- 2 x Funktions-Unterwäsche/Skiunterwäsche
- mehrfach Landgang-taugliche Sommerkleidung
- 1 x Bootsstiefel und warme Socken
- 1 x schnelltrocknende Halbschuhe mit Zehenschutz
- Unterhosen und Socken in der gleichen Menge wie Urlaubstage minus 10 Prozent (… denn am Ende ist da immer noch was übrig :-))
- 1 x Badekleidung, UV-Shirt und gegebenenfalls Neopren-Anzug, je nach Saison und Revier
- 1 x Schal/Halstuch, 1 x Mütze und 1 x Cap mit Sturmkordeln
- je nach Alter und Mitwirkung: 1x Segelhandschuhe
Das passende Ölzeug für Kinder finden
Generationen von Fahrtenseglern schworen bei ihren Kindern auf Friesennerz aus Kunststoff. Das Ölzeug der Fischer ist wasserdicht, ohne Frage. Auch, dass es die Feuchtigkeit nicht wieder herauslässt, ist bei Kindern zu vernachlässigen, denn sie schwitzen viel weniger als Erwachsene. Allerdings gibt es heute eine ansehnliche Menge funktionaler Textilien, die sich für den Einsatz an Bord hervorragend eignen und noch dazu dem Offshore-Ölzeug der Eltern zum Verwechseln ähnlich sehen.
Einige Hersteller von erwachsener Schwerwetterkleidung haben auch für die Kleinsten etwas in petto. Segelbekleidung für Kinder, die ebenso wasserdicht, winddicht und atmungsaktiv ist wie die Modelle der Erwachsenen.
Das Angebot für Kinderkleidung von Marinepool geht überwiegend ab Größe 116 los, eine wetterfeste Jacke mit Latzhose ist aktuell ab Größe 144/146 im Programm.
BMS macht das ganze Kind ab Größe 68 (!) seetauglich, mit atmungsaktiven Regensachen, Fleece und gestreiften Fischermützchen.
Gill kleidet die Kinder in Coastal-Jacke und -Latzhose ab Größe 134 ein.
Strapazierfähige Materialien und durchdachte Funktionen für Wind und Wetter, umgesetzt in Overalls, Jacken, Regensets und Hosen, findet man auch bei der schwedischen „Regenbekleidungsfabrik“ Didriksons. Und das in umfangreicher Auswahl ab Größe 70, was der deutschen Größe 68/74 entspricht.
Da nicht alle Marken vom Hersteller direkt an Endkunden vertrieben werden, empfiehlt es sich, zum Kauf bei verschiedenen Anbietern für Yachtausrüstung zu suchen. So lassen sich gegebenenfalls auch gut die Preise vergleichen. Oft haben Verkäufer aus dem Ausland bessere Konditionen, dafür aber eventuell längere Lieferzeiten.
Beispiele für ausländische Anbieter sind orangemarine aus Frankreich oder Shops aus UK, wie Wave inn oder Wetsiutoutlet.
Und natürlich kann man auch auf Ebay beziehungsweise Ebay Kleinanzeigen gut erhaltene, gebrauchte Segelkleidung finden.
Beim Anprobieren des Ölzeugs unbedingt auch die Rettungsweste schon mal überziehen. Und drunter alle Schichten übereinander zwiebeln.
Die Schicht unter der Schwerwetterkleidung
Der Körper heizt sich auf. Um warm zu bleiben, braucht es aber eine Basisschicht auf der Haut, die Wärme speichert: lange Unterwäsche. Verkauft als Thermo-Unterwäsche oder Ski-Unterwäsche, enthält sie Materialien wie Merinowolle, Wolle/Seide oder andere Thermo-funktionale Gemische in breiter Auswahl. Es gibt sie bei verschiedenen Outdoor-Ausstattern, in Sportartikel-Shops oder bei Naturmode-Herstellern. Im Frühjahr gekauft, ergeben sich manchmal sogar Preisnachlässe, weil wärmende Unterwäsche für den Sommerurlaub doch eher ein spezielles Anliegen von Seglern ist …
Auf hoher See oder an Land brauchen Kinder an Ölzeug-Tagen meist noch eine Schicht mehr zum Warmhalten, weil sie schneller auskühlen als Erwachsene. Unter dem Ölzeug, ob gefüttert oder nicht, empfiehlt sich eine Schicht aus Fleece oder Wollfleece, die je nach Temperatur und Aktivität an- oder ausgezogen werden kann – im Zwiebelprinzip. Diese Schicht wirkt wie ein künstlich angelegtes „Fell“.
Mehr Flexibilität bietet es, dabei eine Jacke und Hose zu kombinieren, anstatt einen Einteiler zu verwenden. Außerdem taugt die Fleecejacke oder ein Windstopper einzeln auch für den abendlichen Landspaziergang bei trockenem Wetter.
Und nicht zuletzt wollen wir einen wärmenden Einteiler nicht missen, den unsere Kinder treffenderweise „Kuschelanzug“ getauft haben. Er lässt sich sehr unkompliziert über alles drüberstreifen. Etwa, wenn es gegen Abend aufbrist oder wenn die Kinder morgens viel zu früh aus der Koje kommen und im Schiff zu spielen anfangen. Auch den praktischen Einteiler gibt es in großer Vielfalt und in allen Größen.
Trockene Füße an Deck und auf dem Hafen-Spielplatz
Wasserdichte Stiefel, also Regenstiefel, die als Bootstiefel taugen sollen, brauchen neben der rutschfesten, hellen Sohle ein eher flaches Profil. Dieses gibt Steinchen, die beispielsweise vom Spielplatz oder Strand kommen, wenig Gelegenheit, sich festzusetzen, um das Deck nicht zu zerkratzen; gesehen beispielsweise bei Tretorn in fröhlichen Farben ab Größe 19. Auch bei Decathlon machen die angebotenen Segelgummistiefel einen passablen Eindruck und bieten Steinchen wenig Unterschlupf. Die kleinste Größe ist hier 22. Bei der Größenauswahl gilt: Die Stiefel sollten auch mit warmen Socken noch passen.
Unter der Eigenmarke Tribord gibt es bei Decathlon noch mehr zu entdecken: von Segelcaps mit Sturmkordel für die Lütten bis hin zu Segelhandschuhen ab Größe 128. Dazu gehören auch Handschuhe mit geschlossenen Fingerkuppen.
Die passende Badekleidung für Kinder an Bord
Segeln finden unsere Kinder zuweilen höchstens „ganz O.K.“, aber was sie über alles lieben, ist das SCHWIMMEN! Um hier kein Spielverderber sein zu müssen (immerhin gehen sie ja auch mit uns segeln), braucht es einfach auch für jedes Revier und jede Wetterlage die passende Badekleidung.
Im Frühjahr bei niedrigen Wassertemperaturen brauchen sie einen Neopren-Anzug und im Hochsommer oder in südlicheren Revieren UV-Schutzkleidung, was auch das lästige Eincremen reduziert. Und „Sonnencreme auf Teak“ macht deutlich mehr Arbeit als ein kleines UV-Shirt, das von selbst an der Reling trocknet.
Fazit
Das Angebot an wertiger und hochfunktionaler Segelkleidung für Kinder ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Und nur ein warmes, trockenes Kind mit Badeerlaubnis hat dauerhaft Spaß am Hobby der Eltern. Darum lohnt es sich, auch schon die jüngsten Crew-Mitglieder vernünftig auszustatten und mit guter Laune beim Segeln mit allem, was auf See und im Hafen dazugehört, zu begeistern.