Ein Beitrag von
Kalle Kranemann ist zusammen mit seiner Ehefrau Birgit nach drei Jahren Segelzeit im Mittelmeer und im Schwarzen Meer von 2011 bis 2017 auf dem 43-Fuß-Katamaran AFRICAN AFFAIR auf der Barfußroute um die Welt gesegelt.
Segeln als Hobby?
Für viele Fahrtensegler ist das Segeln ein Hobby. Wer hingegen auf eine Langfahrt geht, lebt dauerhaft an Bord und das Segeln verliert den Hobby-Charakter. Mehr noch: Das Schiff wird zum Zentrum der Aktivitäten und zur Lebensform und das Segeln wird zum Alltag. Doch dieser Alltag bietet viel mehr als nur Segeln, das unumgängliche Kümmern um Schiff und Ausrüstung oder die Landerkundung. Es bleibt auch Zeit für Hobbys! Hobbys, die so vielfältig wie die Segler selbst sind.
Für Hobbys an Bord ist eine gute Vorbereitung oft unerlässlich, da unterwegs manches nicht mehr so leicht nachzuholen ist. Während sich Angeln, Harpunieren, Schnorcheln und Tauchen (ja, die Langfahrt führt einen an die schönsten Tauchplätze der Welt!) geradezu aufdrängen, stehen andere Hobbys meist weniger im Fokus bei der Vorbereitung. Ein Fehler, wie ich selbst lernen musste.
Windsurfen
Dazu ein Beispiel: Was könnte schöner sein, als die Nähe zum Wasser zum regelmäßigen Windsurfen zu nutzen, für das mein altes Alltagsleben viel zu wenig Zeit gelassen hatte? So dachte ich. Und so fand meine komplette Windsurfausrüstung beim Start unserer Langfahrt im östlichen Mittelmeer ihren Weg an Bord.
Doch nach zwei Jahren in den Gewässern des Mittelmeers und des Schwarzen Meers war die Bilanz ernüchternd: Wann immer der Wind tauglich blies, das sind beim Windsurfen 5 Windstärken oder mehr, kam ich nicht zum Surfen. Entweder gab es die Sorge, der Anker könnte nicht halten, die mich davon abhielt, das Surfbrett von der Reling zu lösen, den geteilten Mast zusammenzustecken und dann das Segel aufzuriggen. Oder aber, wir lagen geschützt im Hafen einer Marina und der lange Weg zu einem geeigneten Startpunkt hielt mich davon ab, das gesamte Equipment dorthin zu schleppen.
Gesurft wurde trotzdem: ganze zwei Mal im Mittelmeer – an Surfstationen mit geliehenem Material. Und so hatte ich noch vor unserer Atlantiküberquerung meine Lektion gelernt: Langfahrtsegeln und Windsurfen passten für mich nicht zusammen. Freuen sollte dies nicht nur die Skipperin („Dein sch…. Surfzeug blockiert alles!“), sondern auch eine Jugendeinrichtung auf den Balearen, die sich über ein überraschendes Präsent freuen durfte …
Kitesurfen
Kaum in der Karibik angekommen, beobachtete ich auf Martinique Kitesurfer, die schon bei Wind ab 10 Knoten und bei fast spiegelglattem Wasser Sprünge hinlegten, wie sie beim Windsurfen nur bei Extrembedingungen möglich sind. Schnell war eine Kiteschule ausgemacht und nach dem Erlernen der Grundlagen, dauerte es nur noch bis Saint Maarten, bis sich die Gelegenheit bot, Kite und Brett zu erwerben. Vorteil (auch für die Skipperin gleich als solcher zu erkennen): Zusammengelegt bestand die Ausrüstung aus kaum mehr als einem Segelsack in der Größe eines Schulranzens und einem Brettchen, das gegenüber einem Surfboard einer Erwähnung gar nicht wert war und sich fast überall verstauen ließ.
Dennoch: Ich musste damals nehmen, was im Shop gerade vorrätig war. Schon bald stellte sich heraus, dass es inzwischen deutlich besseres Material gäbe. Hätte ich bloß schon in Europa die Idee gehabt …
Doch fortan hatte das Segeln gleich einen weiteren Reiz: Musste auf ein geeignetes Wetterfenster gewartet werden, weil zu viel Wind wehte, sprachen manche Segler gar vom „Zwang zur Muße“. Bei uns hingegen war rasch der Kite aufgeblasen und herrliche Stunden des Gleitens und bald auch des Springens machten diese Zeit zum Erlebnis.
Insbesondere der Pazifik mit seinen Atollen bot unendliche Möglichkeiten, aber auch die Zeit in der Karibik oder den San Blas Inseln und auch in den Bahamas bleibt unvergessen. Nachdem wir einmal den Tipp erhalten hatten, die Steuerleinen nicht mehr vom Kite zu lösen, war das Starten vom Boot erheblich erleichtert und nahezu überall eröffneten sich durch das Kitesurfen neue Möglichkeiten.
SUPen
Bald hatte auch ein aufblasbares SUP-Board den Weg an Bord gefunden, was auch bei Null-Wind Abwechslung am Ankerplatz brachte. Dass die Freude allerdings nur zwei Saisons hielt, war wohl unserer Faulheit geschuldet: Um das jeweilige Aufblasen zu vermeiden, ließen wir das Brett aufgeblasen an der Reling. Keine gute Idee, denn die Sonne machte den Nähten dann doch zu schaffen und irgendwann half auch kein Flicken mehr. Die Verklebungen der Nähte hatten sich zu großflächig aufgelöst.
Golfen
Wir hatten unseren 43-Fuß-Katamaran von einem Südafrikaner aus zweiter Hand erworben. Im Vorschiff fanden wir ein schon deutlich gebrauchtes Golfschläger-Set, dessen Abtransport für ihn sich wohl nicht gelohnt hatte. Mehr aus einer Laune heraus meinten wir auf Zypern, dieses Besteck einem Tauglichkeits-Test unterziehen zu müssen. Und wir waren überrascht: weniger was unsere Fähigkeiten anging, als vielmehr, so leicht neue Begegnungen – gerade mit Einheimischen – knüpfen zu können.
Zu der Zeit waren wir erst ein paar Wochen unterwegs und unsere Kontakte waren bis dahin hauptsächlich auf andere Segler oder auf Locals beschränkt, die meistens irgendwie mit dem Segeln verbunden waren. Doch beim Golfen, das sich in vielen Ländern der Welt schon lange zum Breitensport entwickelt hat, trafen wir ungezwungen auf Menschen, die mit Segeln meist nichts zu tun hatten, und bekamen so ganz andere Einblicke in das Leben vor Ort.
Schon bald hatten wir zwei Golf-Sets an Bord und, wo immer sich die Gelegenheit bot, machten wir uns auf den Weg, um zumindest einen Tag auf dem Rasen zu verbringen. Auf unserer gesamten Weltumseglung war dies nicht nur eine willkommene Abwechslung, sondern das Golfen hat auch den – zuweilen verklärten – Blick des Seglers auf die besuchten Länder bereichert. Nicht nur in Syrien, Libanon, West-Samoa, Fidji, Cocos Keeling oder den Bahamas. Rund um die Welt waren das Spiel und die Menschen, die wir trafen, ein Erlebnis.
Einzig Canouan in der Karibik haben wir ausgelassen: 300 Euro Greenfee für den Golfplatz, der hauptsächlich durch Urlauber von der Promi-Insel Mystique aus angeflogen (!) wird, war uns die Sache natürlich nicht wert. Anderswo wurden deutlich günstigere Tarife verlangt …
Musizieren
Unterwegs trafen wir ein Segler-Paar, das erst auf dem Schiff begonnen hatte, das Spielen der Gitarre zu erlernen. Die beiden boten uns ein fast perfektes Gitarren-Duo. Davon angespornt, wollte ich herausfinden, ob das in der Jugend Erlernte schon völlig vergessen war. Eine Gitarre war schnell gefunden, aber ein Klavier? Hier war ein E-Piano mit nur 76 Tasten die Lösung (ein klassisches Klavier hat 88 Tasten, aber wann bespielt man schon die höchsten und tiefsten Töne der Tastatur?). Es konnte über das 12-Volt-Bordnetz angeschlossen werden oder sogar über handelsübliche Batterien ortsunabhängig betrieben werden. Das E-Piano hatte einen eingebauten Lautsprecher und eine Tastatur, die der eines normalen Klaviers oder Flügels vom Anschlag her schon sehr nahe kam.
So wurden selbst lange Nachtfahrten zu schönen Übungsstunden (dann mit Ohrhörern). Und mit einem Preis von unter 300 Euro wäre selbst ein Schaden an der vermeintlich empfindlichen Elektronik verkraftbar gewesen. Aber selbst heute noch tut das Instrument an Land seinen Dienst.
Fazit
Die Liste der von Seglern gepflegten Hobbys ließe sich beliebig fortsetzen. Bei manchen war es die Malerei, andere pflegten leidenschaftlich ihren Blog im Internet. Wir trafen einen Segler, der als Amateurfunker glücklich mit seiner Morsetaste funkte, und ein Paar setzte regelmäßig ihre Mountainbikes zusammen, um größere Touren zu machen. Wieder andere Segler machten Akrobatik am Seil.
Auch wenn inzwischen vieles unterwegs gekauft oder bestellt werden kann, haben viele dieser Hobbys eines gemeinsam: Am einfachsten ist es meist, sich schon vor dem Start der Reise die nötige Ausrüstung zu beschaffen. Alles andere ergibt sich dann unterwegs … Eine Bereicherung für den Bord-Alltag ist ein Hobby allemal.
Sehr schön!
Kannst Du das mit den Leinen und dem Starten des Kite vom Boot noch etwas ausführlicher erklären?
Danke Vorab.
Ole
Hallo Ole, Hier mal Schritt für Schritt: E i n m a l legst Du die Leinen – am Besten an Land – ganz normal aus und verbindest sie mit dem Kite. Dann wickelst Du die Leinen auf der Bar auf, bis Du ca. 1m vor den Kite-Enden ankommst. Die Leinen mit den Gummis rechts und links auf der Bar sichern. Dann die Bar vorne an der Tube mit dem ChickenStick durch die Öse führen, an der Du sonst die Pumpe einhängst, danach ChickenStick durch den Chickenloop führen. Damit ist die Bar an der Front-Tube fixiert. Jetzt Luft aus dem… Mehr lesen »
Hallo,
wie machst Du das mit den Tauchflaschen ?
Hast Du einen Kompressor dabei ?
Wie wird der angetrieben, Hydraulik von der Maschine?
Oder tauchst Du immer bei Tauchbasen ?
Ciao, Hardy