Erfahrungsbericht Segelprüfung RYA Yachtmaster Offshore

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Die studierte Journalistin aus Flensburg segelt seit ihrem zwölften Lebensjahr. Seit fast zehn Jahren leidenschaftlich auch auf großen Yachten, gerne auch auf Langfahrten, Atlantiküberquerungen und Überführungen. Sie ist Inhaberin des Sporthochseeschifferscheins sowie des RYA Yachtmaster Ocean. Darüber hinaus ist Maren RYA Cruising Instructor (Segellehrerin). Seit 2020 hat sie ein eigenes kleines Fahrtenboot – eine Cross 25.

Der RYA Yachtmaster Offshore – der zweithöchste Sportbootführerschein der Royal Yachting Association

„Fender over board, you have no engine.” RYA-Prüfer (Royal Yachting Association) Mike steht am Heckkorb der OCEAN LIFE 1, unserer Bavaria 37, und beobachtet genau, wie ich reagiere, nachdem er die zwei Fender über Bord geworfen hat. Ich stecke mitten in meiner Prüfung zum Yachtmaster Offshore und muss nun beweisen, dass ich das Boje-über-Bord-Manöver auch ohne den Einsatz eines Motors sicher fahren kann.

Fender über Bord: Am Ende muss ein Crewmitglied den Fender zurück an Bord bekommen. ©Michael Amme

Der RYA Yachtmaster Offshore ist das britische Äquivalent zum deutschen Sportseeschifferschein (SSS). Er berechtigt den Inhaber, Yachten mit bis zu 24 Metern Länge in einer Distanz von bis zu 150 Seemeilen zum nächsten sicheren Hafen zu führen.

Im Vergleich zu den deutschen Sportbootführerscheinen ist die Ausbildung der Royal Yachting Association praxisorientierter. Während die Prüfung zum Sportseeschifferschein aus vier Theorieteilen und einer Praxisprüfung besteht, dauert die Prüfung zum Yachtmaster bis zu zwölf Stunden pro Kandidat und geht häufig auch bis in die Nacht.

In Deutschland sind die zu prüfenden Manöver genau festgelegt: Manöverkreis, Boje über Bord, An- oder Ablegen, Nutzung von Radar und Positionsbestimmung. Andere Manöver wie Wenden auf engem Raum können optional abgefragt werden. Während der acht- bis zwölfstündigen Prüfung in England kann der Prüfer alles abfragen, was ein guter Skipper oder eine gute Skipperin können muss. Neben der sicheren Bootsführung stehen hier vor allem auch Crewmanagement, Sicherheit und eine gute Übersicht im Vordergrund.

Auch die Navigationsaufgaben werden während der Prüfung schnell zu kniffeligen Rechenaufgaben. ©Michael Amme

Ganz schön knifflig: die Prüfung für den RYA Yachtmaster Offshore

Die Prüfung ist komplex – das hatte ich schon zu Beginn im Hafen gemerkt. Nach meiner ausführlichen Sicherheitseinweisung hatten wir mit Hafenmanövern in der Marina von Yarmouth (Solent) begonnen. Mike stand am Heckkorb und beobachtete genau, wie ich die Leinen für das Eindampfen in die Achterspring vorbereiten ließ. „Warum führst du die Leine durch die Lippklampen?“, hatte mich der strenge Prüfer gefragt und sich von mir genau erklären lassen, wie ich welche Leine legen lasse und wieso. Danach legte ich ab. Wir fuhren durch den Hafen von Yarmouth, als Mike einfiel: „Mist, ich habe mein Portemonnaie vergessen. Bitte leg an der anderen Seite des Steges wieder an.“ Vergessen hatte Mike natürlich nichts, er wollte nur sehen, wie ich die OCEAN LIFE 1 bei zwei Knoten Strömung im Hafen von Yarmouth manövriere.

Prüfling Maren und Prüfer Mike. ©Clemens Stecher/MCO Sailing Academy

Das sollte nicht der einzige Trick sein, mit dem mein Prüfer mein Können unter die Lupe nehmen wollte. Schon während der Vorbereitungen zum Ablegen hatte ich aus dem Augenwinkel beobachtet, wie Mike nochmals in die Nasszelle ging, obwohl wir bereits alle Seeventile und Luken geschlossen hatten. Das hatte mich irritiert und deshalb bat ich ein Crewmitglied, nochmal alle Luken und Seeventile zu checken. Und ich hatte Recht, Mike hatte uns eine kleine Falle gestellt: Während wir alle beschäftigt schienen, hatte er das Seeventil der Toilette geöffnet, den Pumpschwengel aufgestellt und die Luke geöffnet. Zum Glück war es mir aufgefallen, sodass wir mit unseren Vorbereitungen zum Ablegen fortfahren konnten.

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Vorbereitung für die Prüfung zum Yachtmaster Offshore

Apropos Vorbereitung: Für alle Kurse bis zum Coastal Skipper gibt die RYA einen festen Schulungsplan vor, der angibt, welche Inhalte erlernt werden müssen. Beim Yachtmaster ist das nicht der Fall. Ein von der RYA zertifizierter Yachtmaster Instructor schult die Skipperinnen und Skipper passend zu ihrem Können und den typischen Aufgabenstellungen einer Yachtmaster-Prüfung.

In der sogenannten Prep-Week, der Vorbereitungswoche, die ich bei der MCO Sailing Academy absolviert habe, trainieren die Seglerinnen und Segler dann unter anderem das Ankermanöver unter Segeln, Manövrieren auf engstem Raum unter Segeln und Maschine oder verschiedene Boje-über-Bord-Manöver. Die Navigationsaufgaben umfassen neben Passage- und Pilotage-Plan unter anderem auch die Blind-Navigation, bei der die Prüflinge bei simuliertem Nebel und GPS-Ausfall zu einem bestimmten Punkt navigieren müssen.

Yachtmaster Instructor Clemens Stecher erläutert am Bug seiner OCEAN LIFE 1, was beim Ansegeln an eine Mooring-Boje zu beachten ist. ©Maren Christoffer

Vom Boje-über-Bord-Manöver bis zur Versegelungspeilung – für den RYA Yachtmaster Offshore sind Können und Wissen gefragt

Nachdem ich mein Boje-über-Bord-Manöver erfolgreich durchgeführt habe, geht es für mich unter Deck. Mike reicht mir einen Zettel mit einer Position. Dorthin soll ich uns bringen und zur Positionsbestimmung eine Versegelungspeilung und eine Kreuzpeilung mit drei Objekten nutzen. Die angegebene Position liegt nahe der Einfahrt zum Newton Creek, einem malerischen Flusslauf an der Isle of Wight.

Für die erste Positionsbestimmung nutze ich die grüne Lateraltonne „Hamstead Ledge“. Nach einer ersten Peilung fahren wir weiter und ich nehme 15 Minuten später eine weitere Peilung, um so die Position zu bestimmen. Anschließend kalkuliere ich den zu fahrenden Kurs. Das Erreichen unserer Zielposition bestimme ich abschließend mit drei Peilungen.

Der handgezeichnete Pilotage-Plan für den Newton Creek. ©Maren Christoffer

Nach dem Mittagessen verlassen wir den Newton Creek mit einem von mir angefertigten Pilotage-Plan. Dafür habe ich mir eine Übersicht über den Newton Creek mit allen wichtigen navigatorischen Hinweisen, Engstellen und Regularien erstellt. Kaum sind wir raus aus dem schönen Flusslauf, setze ich einen „Course to Steer“ (Steuerkurs) zum Beaulieu-River auf der anderen Seite des Solent ab und ermittle, ob wir das Flach in der Flusseinfahrt noch rechtzeitig überqueren können. Tatsächlich stellt sich heraus, dass wir während unserer Prüfung den Beaulieu-River nicht mehr erreichen können. Zumal wir jetzt mitten im Solent die Strömung von knapp fünf Knoten gegen uns haben und somit kaum von der Stelle kommen.

Die Fahrwassertonne Hamstead Ledge in der Strömung. ©Maren Christoffer

Yachtmaster Offshore – die Voraussetzungen für den Segelschein

Für die Zulassung zum Yachtmaster Offshore ist es nicht notwendig, vorher den Yachtmaster Coastal oder einen anderen Kurs absolviert zu haben. Wer die Prüfung zum Yachtmaster Offshore ablegen möchte, muss aber viel Erfahrung auf See mitbringen. Die Grundvoraussetzungen sind: 50 Tage auf einer Yacht, davon fünf Tage als Skipper. Dazu müssen 2.500 Seemeilen nachgewiesen werden, mindestens die Hälfte davon in Tidengewässern. Darunter müssen fünf Passagen von mehr als 60 Seemeilen sein, wobei jeweils zwei als Skipper und über Nacht zu absolvieren sind. Darüber hinaus muss der Prüfling über ein Funkzeugnis (mindestens SRC) verfügen und einen Erste-Hilfe-Kurs ablegen.

Für die kommerzielle Nutzung des Yachtmasters sind zudem das Absolvieren eines Online-Kurses „Professional Practice and Responsibilities“, der Nachweis der Seediensttauglichkeit nach ENG1 oder ML5 und der Beleg über das Ablegen eines RYA-zertifizierten Sea-Survival-Trainings notwendig.

Nachtfahrten müssen nachgewiesen werden und auch die Prüfung kann durch die Nacht führen. ©Maren Christoffer

Der Solent – beliebtes Revier für den RYA-Schein

Der Solent ist ein beliebtes Revier für die Ausbildung zum Yachtmaster. Die wenigen Seemeilen zwischen Portsmouth und den Needles erfüllen alle Anforderungen an eine abwechslungsreiche und herausfordernde Ausbildung: starke Gezeitenströmungen, viel Verkehr, anspruchsvolle Ansteuerungen und Ankerbuchten. Nicht umsonst heißt es: Wer hier segeln kann, kann es überall auf der Welt.

Die weltbekannten Needles bilden die westliche Grenze des Solent. ©Maren Christoffer

Umso weniger verwunderlich ist es, dass immer mehr Deutsche den Weg in den Solent finden, um dort die Ausbildung zum Yachtmaster zu absolvieren. Wie viele es tatsächlich sind, erhebt die RYA nicht, erklärt allerdings auf Anfrage, dass mehr als 1.000 Inhaber des Yachtmaster Offshore mit einer deutschen Adresse gemeldet sind.

Ein Schleppverband – im Solent trainiert man Lichterführung und Kollisionsverhütungsregeln unter realen Bedingungen. ©Maren Christoffer

Zurück zur RYA-Prüfung – Abfrage unter Deck

Werde auch ich dazu gehören? Noch ist meine Prüfung nicht beendet und Mike bittet mich, unter Deck zu kommen. Auf dem Salontisch hat er eine Seekarte ausgebreitet und fragt mich, was diverse Zeichen bedeuten. Dann simuliert er mit kleinen Schiffsmodellen verschiedene Kollisionskurse, um mich in den Kollisionsverhütungsregeln zu prüfen. Mittels FlipCards fragt er mich zur Lichterführung ab, bevor er mit Wetterkarten mein Wissen im Bereich Meteorologie prüft. Mit der Frage nach „Regel 19“ bringt Mike mich nochmal ordentlich zum Schwitzen. Ich verhasple mich, komme mit den verschiedenen Regelnummern durcheinander. Doch Mike gibt mir die Chance, die Regel nochmal nachzulesen um ihm dann zu erklären, worum es geht und wie ich mich als Segler verhalten muss.

Das Einzelgespräch unter Deck ist Teil jeder RYA-Yachtmaster-Prüfung. ©Clemens Stecher/MCO Sailing Academy

Bestanden – nach mehrstündiger Prüfung ein Yachtmaster Offshore

Zurück im Hafen von Yarmouth gehen Prüfer Mike und ich für ein Feedbackgespräch von Bord. „Deine Sicherheitseinweisung hat mir sehr gefallen“, sagt der erfahrene Prüfer. „Dein Boje-über-Bord-Manöver hat etwas zu lange gedauert“, kritisiert er. Insgesamt fällt das Feedback jedoch positiv aus. „Herzlichen Glückwunsch, you did it like a Yachtmaster“, fällt er sein abschließendes Urteil. Nicht zuletzt auch, dank der guten Vorbereitung auf die Prüfung mit dem Kurs bei der MCO Sailing Academy.

Ausbildung zum Thema

MCO Sailing Academy

Vom Dayskipper bis zum RYA Yachtmaster Offshore – im sonnigen Lanzarote oder dem britischen Hamble: Clemens Stecher und sein Team begleiten Segler auf ihrem Weg durch die britische Segelausbildung.
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Frank
Frank
9 Monaten her

Vielen Dank für diesen tollen Artikel! Er hat mir sehr geholfen und mich motiviert diese Prüfung auch abzulegen. Ahoi.

Joachim Bekedorf
Joachim Bekedorf
7 Monaten her
Reply to  Frank

Ich gratuliere dir sehr herzlich, und bestätige deine Erfahrungen. Gleichzeitig ermutige ich jede(n), sich der Herausforderung zu stellen.

Joachim Bekedorf
Joachim Bekedorf
7 Monaten her

Ich gratuliere dir sehr herzlich, und bestätige deine Erfahrungen. Gleichzeitig ermutige ich jede(n), sich der Herausforderung zu stellen.

Dirk
Dirk
7 Monaten her

Als ich meinen Sportseeschifferschein in einem Rutsch gemacht hatte fragte mich einer der Prüfer: Dirk, warum hast Du diese Prüfung eigentlich gemacht? …damit ich eine Ahnung bekomme, was ich alles nicht kann und weiß! war meine Antwort.
Erst bei der Vorbereitung und der Prüfung zum Yachtmaster Offshore war ich mir der Tragweite dieser Aussage bewusst geworden.
Das Prüfungssystem in England bereitet einen auf die Wirklichkeit vor!
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie…
…und es hat auch Spaß gemacht 🙂

Jürgen Schulz
Jürgen Schulz
3 Monaten her

Die Prüfung beim RYA scheint deutlich praxisrelevanter zu sein als unser SSS. Zumal die gnadenlose Regel bei der SSS Praxisprüfung, ein Fehler und durchgefallen, sehr frustrierend ist. Ich kenne eine Reihe von erfahrenen Seglern, die dadurch gezwungen waren die Praxisprüfung (teilweise mehrfach !) zu wiederholen. Jeweils verbunden mit den Kosten und der Zeit für einen einwöchigen Prüfungstörn.
Wie hoch ist eigentlich die Durchfallquote beim RYA ?