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Arne Gründel ist Vertriebsleiter bei der ELNA GmbH, die sich vorranging mit Funktechnik für die Berufsschifffahrt beschäftigt und im Wassersportbereich unter dem Namen Ferropilot den Fachhandel berät und beliefert. Arne Gründel segelt seit seiner Kindheit auf Nord- und Ostsee. Seit mehreren Jahren chartert er Yachten als Skipper mit Freunden oder der Familie in Kroatien und auf der Ostsee.
Der Einsatz von Lithium-Akkus auf Yachten
Im Yachtbereich sind Lithium-Akkus auf dem Vormarsch. Das überrascht nicht, da sie in anderen Bereichen längst zum Alltagsgegenstand geworden sind. Sie werden beispielsweise in Smartphones, Tablets oder Notebooks verbaut. Ihr Vorteil gegenüber herkömmlichen Batterien ist, dass sie bei gleicher Kapazität weniger Platz benötigen, leichter sind und eine längere Lebensdauer haben. Ihr Nachteil ist einzig der recht hohe Anschaffungspreis, der jedoch durch ihre vergleichsweise lange Lebensdauer relativiert wird.
Ein wichtiger Unterschied zu den klassischen Systemen ist auch, dass es bei reinen Lithium-Systemen einer professionellen Installation und aufwendiger Ladetechnik bedarf. Diese Systemkonfiguration ist nicht trivial und sollte auf keinen Fall einem Laien überlassen werden.
Beim Blick auf die Segler fällt auf, dass Regatta- und Fahrtensegler Lithium-Akkus aufgeschlossener gegenüberstehen als Blauwassersegler. Gerade die Blauwassersegler haben immer noch (unberechtigte?) Bedenken, weil sie zuverlässige Systeme mit einfacher Wartung und unkomplizierten Reparaturmöglichkeiten wollen. Wie ersetzt man beispielsweise in einem infrastrukturell schwachen Revier bei einem Defekt einen Lithium-Akku, wenn man dort keinen adäquaten Ersatz bekommt? Stattdessen Blei-Akkus einbauen, die es überall gibt, wo Autos fahren? Das ist je nach Batteriemanagementsystem ein kompliziertes oder gar unmögliches Unterfangen. Und selbst wenn das möglich ist, entstehen nicht unerhebliche Kosten durch den Versand ins Ausland – sofern er überhaupt möglich ist, da es sich bei Lithium-Akkus um einen Gefahrguttransport handelt. Kurzum: Bei Blauwasserseglern sind derzeit vornehmend AGM-Batterien verbreitet.
Ist der BOS-Lithium-Akku LE300 eine Alternative?
Vor dem Hintergrund ist es interessant, dass die deutsche Firma BOS (Balance of Storage Systems) aus Neu-Ulm mit dem LE300-Lithium-Akku ein Smart Battery System auf den Markt gebracht hat, das einerseits die Vorteile der Lithium-Akku-Technik mitbringt und andererseits mit klassischen AGM-, GEL-, oder Bleibatteriebänken kombiniert werden kann.
Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit verwende ich im Folgenden den Begriff Bleibatterie und meine damit auch AGM- oder Gel-Batterien beziehungsweise -Akkus. Außerdem mache ich keinen Unterschied zwischen einer Batterie oder einer Batteriebank. Das Nachfolgende gilt für beides. Relevant ist nur die Gesamtkapazität des Systems.
Die Idee des LE300 ist, eine einfache und unkomplizierte Lösung zur Wartung beziehungsweise zur Leistungssteigerung und Kapazitätserweiterung von Bleibatterien auf Yachten anzubieten. Der BOS-Lithium-Akku wird einfach gemeinsam mit neuen oder vorhandenen 12-Volt-Bleibatterien verwendet, indem er parallel zu den Bleibatterien angeschlossen wird. Sollte ein Batteriemonitor vorhanden sein, kann dieser weiterverwendet werden. Gegebenenfalls, wenn gewünscht, müssen aber die Einstellungen für die Gesamtkapazität im Setup des Gerätes angepasst werden.
Wie wird der BOS-Lithium-Akku LE300 auf Yachten eingesetzt?
Das LE300-Konzept ist modular aufgebaut. Jedes Modul hat eine Kapazität von 25,6 Amperestunden (Ah). Für einen perfekten Leistungsausgleich sollte je 100 Ah Bleibatteriekapazität mindestens ein LE300 eingesetzt werden, damit das Bleisystem optimal von dem LE300 versorgt und gepflegt werden kann.
Grundsätzlich kann eine 100-Ah-Bleibatterie auch mit bis zu zwölf LE300 kombiniert werden. Bei 300 Ah Bleibatterie-Kapazität lautet die Empfehlung des Herstellers demnach, mindestens drei LE300 einzusetzen, um die Lebensdauer der Bleibatterien zu erhöhen. Kommen mehrere LE300 zum Einsatz, werden sie parallelgeschaltet.
Jedes Modul ist 22,9 Zentimeter hoch, 17,5 Zentimeter breit und 6,7 Zentimeter tief. Das ist kompakt. Im Grunde genommen ist es auch nicht erforderlich, von Länge, Breite und Höhe zu sprechen, da es beim LE300 kein „oben“ oder „unten“ gibt. Der Akku kann in jeder Lage eingebaut werden, was insbesondere auf kleinen Yachten von Bedeutung sein dürfte, wo die Raumausnutzung mitunter schwierig ist.
Ein LE300-Modul wiegt 3,4 Kilogramm und besteht aus einer Lithium-Eisenphosphat-Batterie (LiFePO4). In den vergangenen Jahren gab es immer mal wieder Meldungen über brennende oder gar explodierende Lithium-Akkus. Bei Akkus vom Typ LiFePO4 gibt es diese Gefahr unter Bedingungen, wie sie auf einer Yacht üblich sind, nicht.
Es gibt die Module in bereits vorkonfektionierten Einheiten aus Einer-, Zweier-, Vierer- oder Sechserblöcken. Insgesamt können in einem 12-Volt-Bordnetz bis zu 24 Module unkompliziert parallelgeschaltet werden. Bei mehr als 24 Modulen sollte ein Fachmann die Installation überprüfen.
24 Module sind weitaus mehr Module als im Yachtbereich erforderlich sind. Das wären etwa 600 Ah durch LE300-Module nebst der vorhandenen Bleibatteriekapazität. In der Regel hat das typische Blauwasserschiff bei einer Bordspannung von 12 Volt zwischen 500 und 1.000 Ah Bleibatterie-Kapazität im Einsatz.
Vielleicht noch ein Beispiel, das erlaubt, sich den Gewichts- und Platzvorteil einer Lithium-Batterie gegenüber eine AGM-Batterie etwas besser vorstellen zu können. Sechs LE300 haben in etwa das Volumen einer 100-Ah-AGM-Batterie. Der LE300-Sechserblock wiegt 20,4 Kilogramm und eine 100-Ah-Batterie wiegt rund 24 Kilogramm. Eine AGM-Batterie sollte allerdings nach Möglichkeit nur bis zu 50 Prozent ihrer Kapazität entladen werden. Damit haben wir ungefähr eine nutzbare Energie von 50 Ah bei 24 Kilogramm Gewicht. Eine Amperestunde wiegt also etwa 500 Gramm.
Der LE300-Sechserblock hat eine Kapazität von 153,6 Ah (sechsmal 25,6 Ah). Davon stehen realistisch 90 Prozent zur Entnahme zur Verfügung. Somit kommen wir hier auf 138 Ah bei etwa gleichem Volumen und einem um vier Kilo geringem Gewicht von 20,4 Kilogramm. Umgerechnet wiegt eine Amperestunde somit etwa 150 Gramm. Das sind 70 Prozent Gewichtersparnis im Vergleich zur Bleibatterie.
Aufgrund der Bauart ist der LE300 als Verbraucherbatterie gedacht. Deren Charakteristik ist dafür vorgesehen, über eine lange Zeit einen ungefähr gleichmäßigen Strom abzugeben. An Bord werden für das Anlassen des Motors, das Bugstrahlruder oder die Ankerwinde aber auch sogenannte Starterbatterien eingesetzt. Diese sind dafür gedacht, in einer kurzen Zeit einen möglichst hohen Strom abzugeben. Da dies nicht der Charakteristik des LE300 entspricht, empfehle ich an dieser Stelle weiterhin den Einsatz von Bleibatterien. Allerdings könnte auch hier ein LE300 parallelgeschaltet werden, um beispielsweise eine selten genutzte Ankerwinden-Batterie zu pflegen – auch gegen Selbstentladung.
Jeder LE300 kann mit 12,5 Ampere geladen beziehungsweise entladen werden. Kommen beispielsweise vier LE300 zum Einsatz, ergibt das eine maximale Stromentnahme von 50 Ampere zuzüglich der möglichen Energieabgabe aus der vorhandenen Bleibatterie. Insgesamt können von den 25 Ah pro Modul 90 Prozent – also 23 Ah – entnommen werden. Wenn die Untergrenze erreicht wird, schaltet sich der LE300 ab, bis er wieder geladen wird.
Wie wird der BOS-Lithium-Akku LE300 angeschlossen?
Das Anschließen ist unkompliziert. Sowohl die vorhandene Ladetechnik als auch die Bleibatterien bleiben an Bord – das System wird lediglich durch Parallelschaltung des LE300 ergänzt. An den Pluspol der Bleibatterie kommt das Pluskabel und an den Minuspol das Minuskabel des LE300. Durch diese einfache Montage ist es theoretisch auch möglich, das System flexibel einzusetzen und beispielsweise zwischen zwei Booten zu wechseln.
Kommen mehrere LE300-Module zum Einsatz, werden diese einfach parallelgeschaltet. Das ist möglich, weil jeder LE300 über ein eigenes Batteriemanagement-System (BMS) verfügt. Somit muss auch bei mehreren Modulen nichts vernetzt werden. Die Module stellen selbstständig fest, dass noch weitere LE300 im System vorhanden sind.
Wie fehleranfällig ist das LE300-System?
Sollte ein LE300-Modul ausfallen, benimmt sich das Bleibatterie-System so, als wäre der LE300 nicht vorhanden. Werden mehrere LE300-Module kombiniert, arbeiten alle anderen Module ganz normal weiter, wenn eines ausfällt. Außerdem ist jedes Modul vor Überstrom, Überspannung, Tiefenentladung, Kurzschluss und Verpolung geschützt. Damit kann bei der Installation fast kein Fehler gemacht werden. Dennoch darf der Hinweis nicht fehlen, dass die Elektrik grundsätzlich von Fachleuten installiert werden sollte.
Wichtig: Bei größeren Kabellängen zwischen dem LE300 und der Bleibatterie sollte das Kabel zusätzlich abgesichert und in Kabelschutzrohren verlegt werden. Zudem ist auf eine ausreichende Dimensionierung zu achten.
Darüber hinaus hat BOS den LE300 zusätzlich auf Bruch-/Rüttelfestigkeit und extreme Temperaturen zertifizieren lassen. Daher darf er auch im KFZ-, Reisemobil- oder Offroad-Bereich verwendet werden. Dazu gehört auch, dass die Platine vor Feuchtigkeit geschützt ist.
Das LE300-System in der Praxis
Im Prinzip gilt es abzuwägen, ob an Bord nur klassische Bleibatterien, nur Lithiumbatterien oder in Kombination mit dem LE300 eine Mischung zum Einsatz kommen soll. Eine reine Bleibatterie hat einige Nachteile gegenüber der Lithium-Batterie hinsichtlich des Gewichts und der Größe, der entnehmbaren Amperestunden, der Selbstentladung, der Lebensdauer oder der Einbauposition. Dafür ist sie im Vergleich sehr preiswert in der Anschaffung. Umgekehrt bietet die Lithiumbatterie an dieser Stelle nur Vorteile gegenüber der Bleibatterie – aber eben nicht beim Preis. Wobei das auch ein bisschen relativiert wird, wenn wir die Lebensdauer mit einbeziehen.
Die Idee hinter dem LE300 ist, die Vorteile beider Systeme zu kombinieren. Es geht darum, das finanzielle Investment überschaubar zu halten und gleichzeitig die Vorteile der Lithiumtechnik zu nutzen, ohne dabei eine komplizierte Installation an Bord durchführen zu müssen oder womöglich die alten, noch guten Batterien zu entsorgen, wenn die Kapazität nicht mehr ausreicht.
Man kann sich das so vorstellen, als hätte man zwei Tanks, die verbunden sind. Solange der Lithium-Tank noch voll ist, wird er vorzugsweise genutzt. Erst wenn er leer ist, wird der Bleitank angezapft. Umgekehrt wird immer erst der Bleitank geladen und erst wenn er voll ist, der Lithiumtank wieder aufgefüllt. Es ist ein wenig wie bei einer Akkubank, wie wir sie vom Smartphone her kennen. Eine Art unkomplizierte „Reserve“.
Oder anders ausgedrückt: Der LE300 wird immer als erstes entladen. Erst wenn die Spannung im Bordnetz auf unter 12,8 Volt absinkt, ist der LE300 leer. Bei 12,8 Volt ist eine „gesunde“ Bleibatterie in der Regel noch zu 100 Prozent geladen. Erst jetzt beginnt die Bleibatterie Energie abzugeben. Umgekehrt nimmt der LE300 erst wieder Energie auf, wenn die Bleibatterie ausreichend geladen ist.
Mehr noch: Das integrierte BMS des LE300 überwacht und „pflegt“ auf diese Art und Weise die Bleibatterie, sodass sich ihre Lebensdauer erhöht. Normalerweise haben Bleibatterien an Bord von Blauwasseryachten eine Durchschnittslebensdauer von drei bis sieben Jahren (je nach Typ und Pflege). Diese kann durch den Einsatz des LE300 deutlich erhöht werden.
Es wäre jetzt aber auch falsch zu behaupten, dass reine Lithium-Batteriesysteme, wie es sie von diversen namhaften Herstellern gibt, nicht auch ihre Berechtigung haben. Diese ergeben dann Sinn, wenn ein sehr gutes Servicenetzwerk auf der Route erwartet werden kann. Vor allem aber müssen einige Parameter zur sicheren Installation und bei eventuellen Reparaturen berücksichtigt werden. Durch die komplexe Installation werden derzeit noch zusätzliche kostenintensive „Peripherie-Geräte“ benötigt, wie etwa Abschaltrelais. Außerdem empfehlen fast alle Hersteller die Installation und Wartung durch geschultes Fachpersonal. Das könnte zumindest auf einer Langfahrt schwierig werden.
Mehr noch: Alle Lithium-Batterien am Markt müssen unter bestimmten Randbedingungen abschalten. Eine Bedingung zur Abschaltung sind Temperaturen um den Gefrierpunkt. Dies kann je nach Reiseroute eine Rolle spielen. Die genaue Abschalttemperatur ist je nach Hersteller unterschiedlich. Dies betrifft auch den LE300, der allerdings über eine eingebaute Heizung verfügt. Durch die „Heizung“ ist die Ladung des LE300 zwischen -5 Grad Celsius und 55 Grad Celsius möglich. Für die umgekehrte Entladung gilt sogar ein Temperaturbereich von -10 Grad Celsius und 60 Grad Celsius Zelltemperatur. Auch hier kann die Bleibatterie im extremen Fall wieder übernehmen.
Und zu guter Letzt kann der LE300 auch hervorragend im Winterlager zur Wartung vorhandener Bleibatterien genutzt werden. Die Bleibatterien müssen nicht mehr ausgebaut werden oder mehrmals im Winter nachgeladen werden. Der LE300 wird einfach parallel angeschlossen und puffert dann die Bleibatterie automatisch mit der benötigten Erhaltungsladung – sofern keine Verbraucher aktiv sind. Einzig bei dauerhaft niedrigen Temperaturen unter -10° C oder wenn der LE300 nach 23Ah Entladung leer ist, sollte nachgeschaut werden.
Fazit
Besonders im Fahrtensegelbereich wird ein zuverlässiges Batteriesystem benötigt, bei dem unkompliziert Akkus getauscht und/oder nachgerüstet werden können. Noch wichtiger ist es allerdings, das Schiff bei einem Defekt in schlecht erschlossenen Gebieten schnell wieder fahrbereit zu bekommen.
Das deutsche Unternehmen BOS hat den LE300 speziell für die Anforderungen in Grenzbereichen entwickelt und mögliche Ausfallszenarien mitberücksichtigt. Der Clou des Smart Battery Systems ist: Die Effizienz und die Lebensdauer des Gesamtsystems wird verbessert, weil der LE300 die meisten Ladezyklen übernimmt, während die Bleibatterie als preiswerte Backup-Speicherung funktioniert. Außerdem wird die Bleibatterie mit einer höheren Priorität geladen, wobei die Lithium-Batterie die Überschussenergie übernimmt. Bei der Entladung wird primär die Lithium-Batterie entladen. Größere Lasten werden von der Bleibatterie und von der Lithium-Batterie parallel versorgt, wodurch beide Batterien mit weniger Strom belastet werden. Dies führt dazu, dass die Lebensdauer der Bleibatterie deutlich verlängert wird.
Darüber hinaus eignen sich die Module auch für die nachträgliche Batterie-Kapazitätserweiterung.
Abschließend sei auch erwähnt, dass Blauwasser-Experte Sönke Roever den LE300 seit vier Jahren an Bord der Redaktionsyacht von BLAUWASSER.DE einsetzt. Sein Fazit:
„Wir verwenden vier 25 Ah LE300 neben einer 500 Ah AGM-Batteriebank. Die Installation ist so einfach wie beschrieben. Der LE300 nimmt Ladestrom auf, wenn die Bleibatterien ausreichend geladen sind und gibt Energie im richtigen Verhältnis zur Last ab. So haben wir einerseits die Kapazität des Systems modular erhöht und andererseits werden die AGM-Batterien der Bank geschont. Mehr noch: Sollten die Batterien einmal ausfallen, können sie ohne komplizierte Verkabelung oder Ladetechnik durch herkömmliche Batterien ersetzt werden – für Blauwassersegler eine große Hilfe, denn das bedeutet Unabhängigkeit von komplizierten technischen Systemen. Kurzum: Der LE300 von BOS ist für mich ein sehr durchdachtes und schlüssiges System“.