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Dr. Robert Möckel ist Ingenieur der Fachrichtung Schiffsmaschinenbau und im “zweiten Leben” Psychologe (M.Sc.). Nach einer Tätigkeit in einem Motoreninstandsetzungebetrieb hat er in diversen Lehrtätigkeiten Erfahrung in der Wissensvermittlung gesammelt und bietet Seminare zu technischen Themen auf Yachten an. Zusammen mit seiner Frau segelt er eine Dehler 35 SV, die in Flensburg beheimatet ist.
Die Ursachen für Rauch im Abgas einer Yacht sind schwer zu bestimmen
Das Kardinalskollegium in Rom hat es – zumindest signaltheoretisch – vergleichsweise leicht: Es verfügt über zwei deutlich unterschiedliche Rauchzeichen, um die interessierte Öffentlichkeit über den Stand der Bemühungen um ein neues Oberhaupt der katholischen Kirche zu informieren. Jedes dieser beiden Signale bezeichnet genau ein Ereignis: entweder wird weiter nach einem neuen Papst gesucht oder er ist gefunden. Der Mathematiker spricht von einer „ein-eindeutigen“ Zuordnung.
Ohne die inneren Vorgänge eines Bootsdieselmotors auch nur im Entferntesten mit einer Papstwahl vergleichen zu wollen, bleibt festzuhalten, dass auch ein Yachtmotor gelegentlich Rauch oder Dampf ausstößt. Leider ist eine solche Abgasfärbung nicht nur entweder weiß oder schwarz, sondern kommt in etwa vier Farben vor: weiß, grau, schwarz und bläulich. Wenn es nun für jede Farbe genau eine Ursache gäbe, wären die „Rauchzeichen“ ein sehr nützlicher Indikator für den Zustand des Motors. Aber das wäre einfach zu schön: „Ein-eindeutige“ Rauchzeichen stößt leider nur die Sixtinische Kapelle im Vatikan aus.
Wasserdampf wird im Abgas oft fälschlicherweise als Rauch interpretiert
Ich beginne mit dem weißen Rauch im Abgas, der gar keiner ist. Es handelt sich um Wasserdampf. Bei der Verbrennung von Dieselkraftstoff entsteht neben Kohlendioxid auch eine beträchtliche Menge Wasser, die aufgrund der hohen Verbrennungstemperatur gasförmig, also als Wasserdampf, aus dem Motor austritt. Dieser Dampf kühlt sich beim Durchströmen der Abgasanlage ab und kondensiert teilweise zu kleinen Tröpfchen, die wir als Dunstschwaden wahrnehmen.
Der Dieselmotor arbeitet im Gegensatz zum Ottomotor immer mit einem deutlichen Luftüberschuss. Das bedeutet, dass im Abgas in der Regel eine erhebliche Menge Luft vorhanden ist, die den Wasserdampf gewissermaßen verdünnt. Daher sind Dampfschwaden am Auspuff eines Bootsmotors bei einem ordnungsgemäß laufenden Dieselmotor nur unter bestimmten Bedingungen, wie beispielsweise bei eher kühler Witterung mit hoher Luftfeuchtigkeit, und dann auch meist nur kurze Zeit nach dem Anlassen sichtbar.
Wenn die Dampfschwaden im Abgas auch bei betriebswarmem Motor sichtbar bleiben, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Seewasserförderung durch den Wärmetauscher oder den Motorblock (auch bei Einkreismotoren) beeinträchtigt ist. Dann ist es höchste Zeit, sich mit der Reinigung des Seewassersystems oder der Überholung der Seewasserpumpe zu befassen.
Dampfschwaden sind in der Praxis daran zu erkennen, dass sie sich schnell in der Luft auflösen. Bleiben die weißen Schwaden dagegen auf dem Wasser „stehen“ und riechen charakteristisch nach Dieselabgasen, handelt es sich nicht um Dampf, sondern um Rauch, also ein Gemisch aus Luft und Verbrennungsrückständen.
Was verursacht Rauch im Abgas einer Yacht?
Um den Grund für Rauch im Abgas zu verstehen, muss zunächst der Verbrennungsvorgang im Dieselmotor verstanden werden. Der Dieselkraftstoff wird im Bootsmotor in flüssiger Form in die durch Verdichtung erhitzte Luft im Zylinder eingespritzt. Dabei zerstäuben ihn die Einspritzdüsen in sehr kleine Tröpfchen, die in der heißen Luft verdampfen. Diese Verdampfung beginnt an der Oberfläche der Tröpfchen und setzt sich nach innen fort, bis die Tröpfchen vollständig verdampft sind. Dieser Prozess dauert eine gewisse Zeit und verläuft umso schneller, je kleiner die Tröpfchen und je heißer die Luft ist. Erst wenn der Dieselkraftstoff verdampft ist, beginnt er zu brennen.
Im günstigsten Fall endet die Verbrennung, wenn die gesamten Tröpfchen verdampft und verbrannt sind. Im ungünstigeren Fall endet die Verbrennung, wenn nur der Verbrennungstakt des Motors zu Ende ist und in der Folge das Auslassventil öffnet. Was zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbrannt ist, geht als Rauch mit dem Abgas in das Auspuffsystem.
Ohne auf den Verbrennungsvorgang näher einzugehen, kann vereinfacht gesagt werden, dass unverbrannter Dieselkraftstoff als Sprühnebel im Abgas auftritt, der als Rauch am Auspuff wahrgenommen wird. Eine vollständige Verbrennung erzeugt ein Abgas ohne Trübung, das optisch nicht von Luft zu unterscheiden ist. Wird die Verbrennung sehr früh durch das Öffnen des Auslassventils abgebrochen, entsteht eher weißer Rauch, wird sie später abgebrochen, entsteht eher schwarzer Rauch.
Nun arbeiten aber nicht alle Zylinder eines Motors exakt gleich, und so ist es durchaus möglich, dass aus einer Mischung von weißem und schwarzem Rauch ein grauer Rauch entsteht. Es lässt sich also festhalten, dass weißer Rauch, der tatsächlich Rauch und kein Wasserdampf ist, die schlechteste Verbrennung anzeigt und schwarzer Rauch eine etwas bessere, aber immer noch unvollständige Verbrennung.
Übrigens: Damit erklärt sich auch, dass ein nur mühsam startender Motor häufig zunächst weißen und danach zunehmend grauen bis schwarzen Rauch ausstößt.
Welche Ursachen kann eine unvollständige Verbrennung in einem Dieselmotor haben?
Warum verbrennt ein Tropfen Dieselkraftstoff nicht vollständig, bis sich das Auslassventil öffnet und die Verbrennung stoppt? Wenn ein Motor mit 1.500 Umdrehungen pro Minute läuft, macht er 25 Umdrehungen oder 50 Takte pro Sekunde. Jeder Takt dauert folglich 20 Millisekunden, einschließlich des Verbrennungstaktes. Bei 3.000 Umdrehungen pro Minute sind es nur noch 10 Millisekunden – die Zeit ist also knapp. Soll diese Zeit für eine vollständige Verbrennung genutzt werden, ist es wichtig, dass die Verbrennung möglichst schnell einsetzt. Dazu müssen die Tröpfchen möglichst klein und die Luft, die die Tröpfchen erwärmt, möglichst heiß sein.
Übrigens: Ein Dieselkraftstoff mit hoher Cetanzahl verbrennt besser. Das ist einer der Gründe, warum solche Kraftstoffe wie Aral Ultimate Diesel oder insbesondere GTL tendenziell weniger Rauch erzeugen. Weitere Informationen zu den Unterschieden von Dieselkraftstoffen findest du hier.
Fehler im Einspritzsystem beeinflussen die Tröpfchengröße im Zylinder
Die Konstrukteure von Dieselmotoren haben den Öffnungsdruck und die Strahlform von Einspritzdüsen so ausgelegt, dass auch bei niedrigen Umgebungstemperaturen eine vollständige Verbrennung möglich ist. Im Laufe der Zeit kann jedoch die Vorspannung der Schraubenfeder in der Einspritzdüse nachlassen, sodass sich die Einspritzdüse schon bei geringerem Druck öffnet. Die Folge sind größere Tröpfchen, die aber in der Regel noch vollständig verbrennen, wenn die übrigen Bauteile des Motors neuwertig sind. Eine weitere Ursache ist das Verkoken von Einspritzdüsen im Laufe des Betriebs, was ebenfalls größere Tröpfchen zur Folge hat. Weitere Ursachen im Einspritzsystem sind zwar möglich, aber erfahrungsgemäß eher selten.
Verschlissene Kolbenringe und Ventile beeinflussen die Temperatur im Zylinder
Der zweite Faktor für eine unvollständige Verbrennung ist die Temperatur der Luft im Zylinder am Ende des Verdichtungstaktes. Diese hängt stark von der Temperatur der Umgebungsluft ab. Diese Tatsache ist jedoch bekannt und wird bei der Konstruktion eines Dieselmotors berücksichtigt. Der nächste Punkt ist der Verdichtungsenddruck. Dieser liegt in der Regel etwas unter den theoretisch zu erwartenden Werten, da die Abdichtung der Kolbenringe und der Ventile nie perfekt ist.
Im Laufe des Betriebs lässt die Dichtigkeit dieser Bauteile jedoch verschleißbedingt immer mehr nach. Dadurch entweicht ein immer größerer Teil der Luft an den Kolbenringen oder Ventilen vorbei und der Verdichtungsenddruck und damit thermodynamisch direkt gekoppelt die Temperatur im Zylinder sinken. Ist der Motor warmgelaufen, kommt die Luft bereits leicht vorgewärmt in den Zylinder und der Motor läuft mitunter auch mit verschlissenen Kolbenringen oder undichten Ventilen nahezu rauchfrei. Vorausgesetzt, das Einspritzsystem sorgt noch für kleine Tröpfchen. Doch beim Kaltstart ist es damit vorbei und der Motor raucht sichtbar.
Die Farbe des Rauches im Abgas ist kein Hinweis auf die Ursache der Rauchentwicklung
Angenommen, der Motor stößt beim Kaltstart einige Sekunden lang schwarzen Rauch aus und läuft dann unauffällig weiter. Was lässt sich daraus schließen? Zunächst ist nur klar, dass der Kraftstoff nicht vollständig verbrannt ist. Leider lässt sich aus der Farbe des Rauchs im Abgas nicht ableiten, ob zum Beispiel eine altersschwache Feder in der Einspritzdüse, ein verschlissener Kolbenring oder ein verbranntes Auslassventil die Ursache ist. Auch wenn der Motor schlecht anspringt und zunächst weißen Rauch ausstößt, ist die Situation ähnlich: Klar ist nur, dass die Verbrennung unvollständig ist, aber nicht, welches Bauteil dafür verantwortlich ist.
Gerade bei Motoren mit einer gewissen Anzahl von Betriebsstunden ist nur schwer zu vermeiden, dass im Laufe des Betriebs nahezu alle Bauteile mehr oder weniger schnell verschleißen. Das bedeutet, dass die Rauchentwicklung in den Abgasen einer Yacht oft auf das Zusammenspiel mehrerer Faktoren zurückzuführen ist. Der Motor kann also „Läuse und Flöhe“ haben.
Was tun bei Rauch im Abgas?
Je nach Bauart des Motors kann mit der Prüfung der Einspritzdüsen oder des Zustands des Triebwerks begonnen werden. Die Einspritzdüsen werden ausgebaut und mit einer Prüfpumpe getestet. Dies kann jede gut ausgestattete Motorenwerkstatt durchführen.
Soll die Dichtheit des Brennraumes überprüft werden, ist eine Messung des Verdichtungsenddrucks (Kompressionsdruckmessung) oder gleich eine Druckverlustmessung angezeigt. Diese Arbeit erfordert eine gewisse Sachkenntnis und wird in der Regel an eine Fachfirma vergeben. Die Druckverlustmessung hat den Vorteil, dass in der Regel sofort eine Aussage über die Ursache (mangelnde Abdichtung der Kolben in den Zylindern oder undichte Ventile) möglich ist.
Die Ursache für eine bläuliche Verfärbung der Abgase ist leichter zuzuordnen
Abschließend sei noch eine Färbung erwähnt, die eine etwas konkretere Aussage zulässt: der blaue Rauch. Der blaue Farbton im Abgas deutet auf die Verbrennung von Schmieröl hin. Die häufigste Ursache hierfür ist eine mangelnde Abdichtung der Ventilschäfte, die oft durch einen Austausch der Ventilschaftabdichtungen behoben werden kann. Aber auch nicht mehr einwandfrei funktionierende Ölabstreifringe an den Kolben können zu Ölverbrauch führen, sodass leider auch hier eine sichere und eindeutige Diagnose allein anhand der Abgasfärbung nicht möglich ist.
Fazit
Kommt Rauch aus dem Auspuff und handelt es sich dabei mit Sicherheit nicht um Wasserdampf, so lässt die Verfärbung der Abgase allein keine weiteren Schlüsse zu, außer: „Irgendwas läuft nicht so, wie es soll“. Es ist unumgänglich, weitere Diagnoseschritte einzuleiten und in den meisten Fällen wohl auch in Auftrag zu geben. Dabei ist zu bedenken, dass die Diagnose verschlissener Einspritzdüsen keineswegs ausschließt, dass auch die Ventile oder Kolbenringe undicht sind und sie so gemeinsam das Rauchphänomen verursachen.
Sehr interessanter Artikel, da mein 45 Jahre alter auf Zweikreiskühlung umgebauter Volvo Penta MD11 raucht und stinkt. Was ist denn mit der Möglichkeit, dass es Wasser zieht? Ein CO2 Test am Kühlwasserbehälter war positiv. Wollte demnächst daher die Zylinderkopfdichtungen tauschen.
Beste Grüße
Philipp
Moin Philipp,
wenn CO2 im Kühlwasser zu finden ist deutet dies auf einen Eintrag von Abgas hin. Leider gibt es dafür mehr Möglichkeiten als eine defekte Zylinderkopfdichtung. Diese ist ja kein Verschelißteil, das regelmäßig erneuert wird. Vielmehr ist es unerlässlich, dei Ursache für das Versagen der Zylinderkopfdichtung zu finden. Häufig ist dies die Folge einer Überhitzung, und nicht selten ist dabei auch der Zylinderkopf in Mitleidenschaft gezogen worden. Dieser ist also nach der Demonareg nach Werkstatthandbuxch auf Risse und Verzug zu prüfen.
Gruß
Robert