AIS-Daten auf Yachten: Anleitung, Funktion, Interpretation und Überwachung

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Sönke Roever

Sönke hat 100.000 Seemeilen Erfahrung im Kielwasser und von 2007 bis 2010 zusammen mit seiner Frau Judith die Welt umsegelt. Er veranstaltet diverse Seminare auf Bootsmessen (siehe unter Termine) und ist Autor der Bücher "Blauwassersegeln kompakt", "1200 Tage Samstag" und "Auszeit unter Segeln". Sönke ist zudem der Gründer von BLAUWASSER.DE und regelmäßig mit seiner Frau Judith und seinen Kindern auf der Gib'Sea 106 - HIPPOPOTAMUS - unterwegs.

AIS bietet auf modernen Plottern fantastische Möglichkeiten zur Interpretation des Schiffsverkehrs

Fahl und grau verblassen die Umrisse der dänischen Hafenstadt Skagen an der Nordspitze Jütlands achteraus im Morgendunst. Vor dem Bug liegen die westschwedischen Schären auf der anderen Seite des Kattegats. Dazwischen liegt die sogenannte „Route Tango“, ein starkfrequentierter Highway für Frachter auf der Ostsee. Wo früher mittels Peilungen abgeschätzt werden musste, an welcher Stelle die Route mit Abstand zu den dicken Pötten sicher gequert werden kann, reicht im 21. Jahrhundert ein Blick auf die AIS-Signale der anderen Verkehrsteilnehmer. Dabei wird schnell klar, wo sich eine Lücke auftut und wie die Route stressfrei passiert werden kann.

Dichter Frachterverkehr auf See. Wer wohin fährt, ist über AIS zu sehen. ©Sönke Roever

Das AIS (Automatic Identification System) gibt es inzwischen rund 20 Jahre. Während die Technik dahinter über die Jahrzehnte mehr oder minder die gleiche geblieben ist, hat sich bei den Geräten, auf denen die AIS-Signale dargestellt werden, einiges getan. Insbesondere Multifunktionsdisplays (MFDs) gehören heutzutage auf vielen Segelyachten zum Standard. Ihre Bedienung erinnert an ein Smartphone, weil über verschiedene Apps beziehungsweise Menüpunkte die verschiedenen Module aufgerufen werden können – beispielsweise eine elektronische Seekarte, ein Radarbild oder die Windentwicklung über einen bestimmten Zeitraum.

AIS-Signale (grün) verschiedener Frachter an einem Verkehrstrennungsgebiet. ©Sönke Roever/Raymarine

Im Zusammenspiel mit einer elektronischen Seekarte oder einem Radarbild sowie der Kombination aus beiden gibt es faszinierende Möglichkeiten, AIS-Signale zu lesen und zu interpretieren. So entsteht ein umfassender Überblick über die Verkehrslage. Das ist insbesondere in stark befahrenen Seegebieten sehr hilfreich. Welche Funktionen auf modernen MFDs genutzt werden können und wie die Interpretation der AIS-Daten zum Kinderspiel wird, möchte ich am Beispiel eines Multifunktionsdisplays von Raymarine aus der Serie Axiom erläutern.

Die Darstellung der AIS-Daten

Die Darstellung der AIS-Daten kann auf zwei unterschiedlichen Wegen erfolgen. Eine Möglichkeit der Darstellung ist die Anzeige der empfangenen AIS-Daten in einer Liste. Dabei wird für gewöhnlich an erster Stelle das Schiff dargestellt, welches dem eigenen am nächsten ist.

Wenig aussagekräftig ist die Darstellung in Listenform. ©Sönke Roever/Raymarine

Ich persönlich finde die Liste nicht sehr zweckmäßig, da sie wenig darüber aussagt, welche der dargestellten Verkehrsteilnehmer überhaupt für das eigene Fahrverhalten relevant sind. Ein Fahrzeug, das sich in unmittelbarer Nähe befindet, erfordert nicht unbedingt unsere Aufmerksamkeit, beispielsweise wenn es fest vertäut an einer Pier im Hafen liegt.

Sehr übersichtlich ist die Darstellung der AIS-Signale auf der elektronischen Seekarte. ©Sönke Roever/Raymarine

Deutlich aussagekräftiger ist die Darstellung der verschiedenen AIS-Symbole auf einer elektronischen Seekarte. So ist klar ersichtlich, an welcher Position ein Verkehrsteilnehmer zu finden ist und in welche Richtung mit welcher Geschwindigkeit er sich bewegt. Daraus ergibt sich dann auch unmittelbar, ob die Gefahr einer Kollision besteht. Dazu gleich noch mehr.

Die Bedeutung der Symbole bei der Darstellung der AIS-Daten

Statische und bewegte AIS-Ziele

Bei der Darstellung der empfangenen AIS-Signale wird zwischen statischen und bewegten AIS-Zielen unterschieden. Statische Ziele, auch stationäre Ziele genannt, sind in der Regel solche, die mit einer Geschwindigkeit von weniger als zwei Knoten unterwegs sind oder sich gar nicht bewegen. Bewegte Ziele sind entsprechend Ziele, die mit einer Geschwindigkeit von zwei oder mehr Knoten in Bewegung sind.

Statische AIS-Signale von Yachten in einer Marina. ©Sönke Roever/Raymarine

Der AIS-Signal-Typ

Bei den meisten Herstellern wird das AIS-Symbol für ein Schiff auf der elektronischen Seekarte oder dem Radarbild als ein Dreieck dargestellt. Da bei der Aussendung der AIS-Daten eines Verkehrsteilnehmers normalerweise auch übermittelt wird, um was für einen Signaltyp es sich handelt, ist es möglich, diese Information grafisch zu berücksichtigen.

Neben den Signalen, die die Schiffe aussenden, was die vordergründige Anwendung von AIS ist, gibt es auch noch andere Signalquellen, beispielsweise sogenannte AtoN-Signale. Die Abkürzung AtoN steht für „Aids to Navigation“ (Navigationshilfen).

Seezeichen können AtoN-AIS-Signale aussenden. ©Sönke Roever

AtoN-Sender werden auf Seezeichen verwendet. Sie senden Informationen über die Bezeichnung, den Verwendungszweck und die Position aus. In einem sich schnell verändernden Wattfahrwasser können so die exakten Standorte der Fahrwassertonnen ausgesendet werden. Aber auch Sperrgebiete oder wasserbauliche Anlagen können mit AtoN-Signalen markiert werden. Es muss nicht immer ein physikalisches Seezeichen vorhanden sein, es gibt auch rein virtuelle AtoN-Signale. Darüber hinaus können auch EPIRBs, Landstationen wie Leuchttürme sowie Rettungsflugzeuge und -hubschrauber (SAR/Search and Rescue) AIS-Signale aussenden.

Die nachstehende Übersicht ist ein Anhaltspunkt dafür, welche Möglichkeiten heutzutage existieren, AIS-Signalquellen zu unterscheiden. Die Liste zeigt die grafischen Elemente, die auf Raymarine-Plottern mit der Betriebssoftware LightHouse bei der Darstellung verwendet werden.

AIS-Symbole zur Unterscheidung der Signalquellen

Schiff: Das Dreieck ist das typische Symbol für ein AIS-Signal eines Schiffes ohne nähere Unterscheidung des Schiffstyps. ©Raymarine
Landstation: Auch Landstationen können AIS-Signale aussenden, beispielsweise Leuchttürme, Revierzentralen oder Küstenfunkstellen. ©Raymarine
SAR in der Luft: Symbol für das AIS-Signal eines Flugzeugs oder Hubschraubers, das/der am Such- & Rettungsdienst (SAR) auf See beteiligt ist. ©Raymarine
Search and Rescue Transponder: Moderne Such- und Rettungstransponder (SART) wie EPIRBs oder PLBs können im Seenotfall ein AIS-Signal aussenden. ©Raymarine
AtoN: Symbol für das AtoN-Signal eines Senders, der auf einem physikalisch vorhandenen Seezeichen zum Einsatz kommt. ©Raymarine
AtoN virtuell: Symbol für ein AtoN-Signal, das rein virtuell ist. Es ist kein physikalisches Seezeichen vorhanden. Die Aussendung erfolgt von einer anderen Stelle aus. ©Raymarine

AIS-Symbole zur Unterscheidung der Schiffstypen

Wie beschrieben, ist das Dreieck das Symbol, mit dem ein Schiff visualisiert wird. Da bei der Aussendung der AIS-Daten zwischen verschiedenen Schiffstypen unterschieden wird, ist es möglich, diese auch optisch zu differenzieren. Die Liste zeigt die grafischen Elemente, die auf Raymarine-Plottern mit der Betriebssoftware LightHouse bei der Darstellung verwendet werden.

Schiff: Symbol für ein AIS-Signal eines Schiffes ohne nähere Unterscheidung des Schiffstyps. Wird immer dann verwendet, wenn keine weiteren Informationen vorliegen. ©Raymarine
Sportboot: Das AIS-Signal eines Sportbootes zeigt bei Raymarine ein Segel auf dem Rumpf, unabhängig davon, ob die Yacht motort oder segelt. ©Raymarine
Schnellboot: AIS-Sender, die eine sehr hohe Geschwindigkeit aussenden, werden mit diesem Symbol dargestellt, beispielsweise Hochgeschwindigkeitsfähren.
Passagierschiff: Schiffe, die Personen befördern, zeigen dieses Symbol. Das hilft bei der Interpretation, da sie in der Realität oft sehr stark beleuchtet sind und es schwer ist, ihre Positionslampen auszumachen. ©Raymarine
Frachter: Frachtschiffe werden mit diesem Symbol dargestellt. Hier lohnt es sich, in den Detaildaten genauer hinzusehen, ob Hinweise für eine feuergefährliche Ladung oder eine Tiefgangbehinderung gezeigt werden, da dies Einfluss auf die Vorfahrt hat. ©Raymarine
Sonstige Berufsschifffahrt: Alle anderen Fahrzeuge der Berufsschifffahrt werden mit diesem Symbol dargestellt. Das können beispielsweise Versorger für Bohrinseln oder Windparks, Kräne oder Schlepper sein. ©Raymarine

Die Darstellung der verschiedenen Schiffstypen wird im AIS-Kontext auch als erweiterte AIS-Darstellung bezeichnet. Je nach Hersteller kann im Systemmenü die Darstellung der erweiterten AIS-Signale ein- oder ausgeschaltet werden. Ich persönlich habe sie immer eingeschaltet, da ich keinen Nutzen darin erkennen kann, sie nicht einzuschalten.

Hier sind ein Berufsschiff und ein Passagierschiff zu sehen. ©Sönke Roever/Raymarine

AIS-Symbole zur Unterscheidung der Signal-Qualität

Neben der Unterscheidung der AIS-Signalquellen und der genaueren Klassifizierung hinsichtlich des Schiffstyps können die Signale auch eingefärbt werden, um weitere Informationen hinsichtlich der Qualität des Signals zu übermitteln. Die Logik dahinter erkläre ich am Beispiel des Dreiecksymbols für ein Schiff. Die Liste zeigt die grafischen Elemente, die auf Raymarine-Plottern mit der Betriebssoftware LightHouse bei der Darstellung verwendet werden.

Grün: Bei grünen AIS-Signalen ist das Signal valide und die Daten werden kontinuierlich empfangen. Die Information gilt als sicher. ©Raymarine
Rot: Bei roten AIS-Signalen ist das Signal ebenfalls valide und die Daten werden kontinuierlich empfangen – allerdings besteht die Gefahr einer Kollision. ©Raymarine
Grau durchkreuzt: Hier wurde das AIS-Signal an der dargestellten Position verloren. Das Signal ist nicht valide und wird zeitnah auf dem Bildschirm verschwinden. ©Raymarine
Zwei Yachten auf Kollisionskurs. Das andere Fahrzeug wird mit dem Symbol „Sportboot“ dargestellt. Es wurde „rot“ eingefärbt, um die Gefahr zu verdeutlichen. ©Sönke Roever/Raymarine

Der Einsatz von Vektoren bei der Darstellung der AIS-Signale

Das AIS-Signal eines Fahrzeugs, das sich bewegt und das mit mindestens zwei Knoten Fahrt über Grund unterwegs ist, wird in der Darstellung mit einem Vektorpfeil versehen (die Funktion muss gegebenenfalls in den System-Einstellungen aktiviert werden). Der Pfeil zeigt bei Seekarten, die nach Norden ausgerichtet sind, in seiner Richtung den aktuellen Kurs über Grund (COG) an und die Länge sagt aus, welche Fahrt über Grund (SOG) das Fahrzeug macht. Dabei gilt: Je länger der Pfeil ist, desto höher ist die Geschwindigkeit.

Beispiel für die Vektoren. Jedes Fahrzeug ist in 12 Minuten an der Spitze der eigenen blauen Vorauslinie. ©Sönke Roever/Raymarine

Interessant ist in dem Zusammenhang die Einstellung der sogenannten Vektorlänge. Hierbei wird eine Zeit festgelegt und die Länge des Vektorpfeils sagt dann aus, welche Strecke in der festgelegten Zeit zurückgelegt wird. Wird die Zeit beispielsweise mit 12 Minuten eingestellt, wird das entsprechende Fahrzeug den Punkt an der Pfeilspitze in 12 Minuten erreicht haben. Diese Information ist äußerst hilfreich, wenn es darum geht, die Gefahr von Kollisionen einzuschätzen.

Die Vektorlänge wird im Systemmenü festgelegt. ©Sönke Roever/Raymarine

Auf hoher See haben sich Vektorlängen von 10, 12 oder 15 Minuten bewährt. Auf engem Raum, wie etwa dem Hamburger Hafen, wo sehr viele Fahrzeuge gleichzeitig ein Signal aussenden und es zu häufigen Kursänderungen kommt, ergibt es Sinn, die Vektorlänge zu verkürzen. 5 oder 6 Minuten sind dann ein praxistaugliches Maß.

Die Abbildung der realen Schiffsgröße bei AIS-Signalen

Wenn der AIS-Sender eines Schiffes für die Erstanwendung programmiert wird, müssen die Abmessungen des Fahrzeugs hinterlegt werden (Länge und Breite). Dabei muss auch angegeben werden, an welcher Stelle des Fahrzeugs sich die GPS-Antenne des AIS-Senders befindet. Auf Sportbooten ist diese Information zu vernachlässigen, bei Schiffen mit großen Längen wie beispielsweise Frachtern oder Kreuzfahrtschiffen ist dieser Punkt hingegen von großer Bedeutung.

Container-Schiff CMA CMG VASCO DE GAMA. ©kees torn, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Das Containerschiff CMA CMG VASCO DE GAMA ist etwa 400 Meter lang und über 50 Meter breit. Wenn bei diesem Fahrzeug theoretisch pauschal vorausgesetzt werden würde, dass sich die GPS-Antenne des AIS-Senders in der Mitte des Schiffes befindet, würden vorne und hinten jeweils 200 Meter Schiff überstehen (etwa 0,1 Seemeilen). Wenn sich die GPS-Antenne des Senders in der Praxis allerdings am Heck befindet, müssten am Bug statt der angenommenen 200 Meter in Wirklichkeit 400 Meter Schiff überstehen (etwa 0,2 Seemeilen). Bei der Berechnung von Kollisionsszenarien ist dies ein wichtiger Unterschied. Daher ist es von elementarer Bedeutung, bei großen Schiffen den Standort der GPS-Antenne des AIS-Senders in Relation zu den Schiffsmaßen anzugeben. Konkret wird der Abstand der GPS-Antenne von Bug, Heck, Backbord- und Steuerbordseite hinterlegt.

Umriss des AIS-Signals der CMG CMA VASCO DE GAMA. Die Antenne sitzt hier im vorderen Teil des Container-Riesen. Das ist die Stelle, an der die Brücke auf dem vorstehenden Foto zu sehen ist. ©Sönke Roever/Raymarine

Umgekehrt nutzt das System diese Information, um Fahrzeuge bei der Darstellung auf dem Display relativ zu ihrer tatsächlichen Größe abzubilden. Dieser Effekt wird sichtbar, wenn in die elektronische Seekarte hineingezoomt wird. Wer beispielsweise bei Nebel einen kommerziellen Hafen ansteuert und kein Radargerät an Bord hat, wird diese Informationstiefe des AIS sehr zu schätzen wissen.

Beim Reinzoomen werden die wahren Schiffsgrößen sichtbar. ©Sönke Roever/Raymarine

Aktivieren und deaktivieren von AIS-Signalen

Wenn sehr viele Fahrzeuge in der näheren Umgebung unterwegs sind, kann es passieren, dass der Bildschirm zu voll ist. Dann kann es Sinn ergeben, alle statischen Ziele auszublenden. Wenn die erweiterten AIS-Ziele (Unterscheidung der Schiffstypen) aktiviert sind, kann es ebenfalls ratsam sein, bestimmte Schiffstypen wegzuschalten (beispielsweise Sportboote). Und zu guter Letzt können bei den meisten Geräten auch die Vektorpfeile deaktiviert werden. Wichtig ist dabei nur, später daran zu denken, diese Informationen wieder einzuschalten, damit man sich nicht in trügerischer Sicherheit wähnt.

Wenn zu viele Informationen gleichzeitig dargestellt werden, … ©Sönke Roever/Raymarine
… ist es ratsam, die Signaldichte zu reduzieren, damit die Informationen lesbar bleiben. ©Sönke Roever/Raymarine

Übermittelte AIS-Daten eines Verkehrsteilnehmers

Zu jedem dargestellten AIS-Signal können durch Anklicken weitere Informationen aufgerufen werden. Insbesondere bei Fahrzeugen, die sich bewegen, ist dies von Bedeutung. Dargestellt werden in der Regel statische Informationen, die fest und dauerhaft zum Schiff gehören, sowie dynamische Informationen, die sich kontinuierlich ändern und von der Bewegung des Fahrzeuges abhängen.

Bei der Betrachtung der Daten macht es einen Unterschied, ob ein AIS-Sender ein AIS-Signal der Klasse A oder Klasse B aussendet, beziehungsweise, ob der Sender auf einem Sportboot oder einem Berufsschiff installiert ist. In der Darstellungstiefe können die Daten sehr unterschiedlich ausfallen. Während von Sportbooten nur die wichtigsten Daten, wie beispielsweise die Position, der Kurs und die Geschwindigkeit übertragen werden, geben Fahrzeuge der Berufsschifffahrt deutlich mehr Informationen preis.

Infokasten zu einem Schiff. Unter anderem werden die Geschwindigkeit (SOG) und der Kurs über Grund (COG) angegeben. ©Sönke Roever/Raymarine

Die statischen Daten eines AIS-Verkehrsteilnehmers

Die statischen Daten eines AIS-Signals dienen dazu, das Fahrzeug eindeutig zu identifizieren und seine Abmessungen darzustellen. In der Regel handelt es sich um die folgenden Datensätze:

  • MMSI-Nummer
  • Seefunk-Rufzeichen
  • IMO-Nummer
  • Schiffsname
  • Schiffstyp (Sportboot, Frachter, Tanker, Schlepper, Passagierschiff, SAR etc.)
  • Abmessungen (Länge, Breite, Tiefgang)
  • Abstand der GPS-Antenne von Bug, Heck, Backbord- und Steuerbordseite
Übertragene Daten der CGM CMA VASCO DE GAMA (Klasse A). ©Sönke Roever/Raymarine

Die dynamischen Bewegungsdaten eines Verkehrsteilnehmers

Mit den dynamischen Daten eines AIS-Signals werden Informationen übermittelt, die unmittelbar mit der Bewegung des Fahrzeugs zusammenhängen. In der Regel handelt es sich um die folgenden Datensätze:

  • Navigationsstatus (unter Maschine, unter Segeln, vor Anker, im Hafen, beim Fischen etc.)
  • Schiffsposition (LAT, LON bezogen auf WGS84)
  • Geschwindigkeit über Grund (SOG)
  • Kurs über Grund (COG)
  • Kursrichtung (HDG)
  • Kursänderungsrate (ROT)
  • Zeitpunkt der letzten Aussendung der vorstehenden Daten

Weniger geläufig ist den meisten Seglern die Kursänderungsrate (ROT/Rotation). Sie beschreibt, ob und wie ein Fahrzeug, dessen AIS-Daten empfangen und dargestellt werden, in den letzten Sekunden seinen Kurs geändert hat. Befinden wir uns auf Kollisionskurs, kann das ein Hinweis darauf sein, ob uns ein ausweichpflichtiges Fahrzeug gesehen hat und ein Ausweichmanöver einleitet. Weitere Infos zu den gängigen Navigationsabkürzungen gibt es hier.

Informationen zum Reiseziel und der Fracht eines Verkehrsteilnehmers

Darüber hinaus werden bei Fahrzeugen, die Signale der Klasse A aussenden, auch Informationen zum Reiseziel, der Ankunftszeit und der Ladung (bei Frachtern) übermittelt. Dies setzt allerdings eine händische Eingabe der Daten durch den zuständigen Offizier auf der Brücke des entsprechenden Fahrzeugs voraus. Ich würde sagen, das fällt in die Kategorie „nice to have“ 🙂

Überwachung eines anderen Verkehrsteilnehmers

Die wahrscheinlich spannendste Funktion im Zusammenhang mit AIS-Geräten ist die Überwachung eines anderen Verkehrsteilnehmers hinsichtlich einer möglichen Kollision. Auch hierzu können eine Menge Daten abgefragt und dargestellt werden, die sehr hilfreich sind.

Entfernung und Peilung zu einem AIS-Signal

Diese beiden Werte gehören zu den dynamischen Daten, die sich kontinuierlich verändern. Sie zeigen an, in welcher Richtung (Peilung) und welcher Entfernung sich das fremde AIS-Signal im Moment der letzten Datenübertragung befunden hat. Bei der Darstellung auf der elektronischen Seekarte ist die Information überflüssig, da wir sie dort mit einem Blick erfassen können. Bei eingangs erwähnter Darstellung als Liste kann die Information bei der Einordnung helfen.

CPA und TCPA werden hier für den anderen Verkehrsteilnehmer angezeigt. ©Sönke Roever/Raymarine

CPA und TCPA – Daten zur dichtesten Annäherung

CPA (Closest Point of Approach) gibt die voraussichtlich dichteste Annährung (englisch: approach) an ein Objekt an, das ein AIS-Signal aussendet. Dieser Wert errechnet sich aus Kurs (COG) und Geschwindigkeit (SOG) von AIS-Sender und -Empfänger und bleibt nur dann konstant, wenn sowohl wir als auch das fremde Fahrzeuge Kurs und Geschwindigkeit beibehalten. TCPA (Time Closest Point of Approach) sagt aus, wie lang die berechnete verbleibende Zeit bis zum Erreichen des CPA ist.

Der CPA wurde in diesem Beispiel mit einem roten Kreis dargestellt. ©Sönke Roever/Raymarine

Einen Alarm für CPA und TCPA setzen

Tipp: An AIS-Geräten können sowohl für CPA als auch für TCPA Alarme eingerichtet werden. Diese werden ausgelöst, wenn einer der beiden zuvor festgelegten Grenzwerte unterschritten wird, je nachdem, was zuerst eintritt. Eine wertvolle Hilfe für die wachhabende Crew an Bord!

Im Systemmenü können die Kollisionsalarme gesetzt werden. ©Sönke Roever/Raymarine
Der Kollisionsalarm wurde ausgelöst. ©Sönke Roever/Raymarine

Darüber hinaus können die Geräte den dichtesten Punkt der Annäherung (CPA) grafisch abbilden. Wenn beide Schiffe konsequent Kurs und Geschwindigkeit beibehalten, ist das eher ein Punkt. Schwanken die Daten hingegen, weil eine Yacht beispielsweise unter Einsatz einer Windfahne gesteuert wird und in der Folge weniger Kurs stabil segelt, verwandelt sich der Bereich in eine Fläche. In der Fachsprache wird diese Fläche als „Vorhergesagter Gefahrenbereich“ bezeichnet.

Darstellung der potenziellen Kollisions-Zone als Fläche (Vorhergesagter Gefahrenbereich). ©Sönke Roever/Raymarine

BCR und BCT – Daten zur Kurskreuzung

Bei einigen Herstellern sind auch die Parameter BCR (Bow Crossing Range) und BCT (Bow Crossing Time) zu finden. Sie zeigen an, wann (BCT) und in welcher Entfernung (BCR) ein AIS-Signal unsere Kursvorauslinie quert. Mit anderen Worten: Ich erfahre hier, in welcher Entfernung und wann ein Schiff vor meinem Bug durchgeht.

Fazit

Die Möglichkeiten, die AIS-Signale heutzutage bieten, sind äußerst umfangreich. Die Voraussetzung dafür ist eine fachmännisch installierte Anlage, bei der insbesondere die Antennenleitung von hoher Qualität ist, damit möglichst viele Signale und Informationen verarbeitet und dargestellt werden können. In Kombination mit einem modernen MFD oder Plotter inklusive der Verwendung einer elektronischen Seekarte ergeben sich so faszinierende Möglichkeiten.

Dank AIS die Umgebung auf hoher See im Blick. So soll es sein. ©Sönke Roever/Raymarine

Wer sich auf Basis der vorstehenden Informationen ein wenig in die Materie einarbeitet, kann das volle Potenzial, das AIS bietet, ausschöpfen und die Sicherheit an Bord erhöhen, insbesondere auch durch die Überwachung anderer Verkehrsteilnehmer. Und dann ist auch die eingangs erwähnte Verkehrssituation im Kattegat keine wirkliche Herausforderung mehr.

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